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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sich genauer an.
    Es war
Der Krieger: Eine bebilderte Geschichte
. Ein Stück Zeitungspapier diente als Lesezeichen. Er machte das Buch auf und las: »Am einen Ende der Skala steht der Berufssoldat, darauf konditioniert und trainiert, mit nahezu jeder Kampfsituation fertig zu werden. Er arbeitet im Team, akzeptiert die Anweisungen seiner Vorgesetzten bedingungslos und erwartet, dass die Befehle, die er an die ihm unterstellten Streitkräfte richtet, in gleicher Weise akzeptiert werden. Am anderen Ende steht der Berserker, der Einzelkämpfer schlechthin, der, unter dem Druck äußerer Kräfte oder innerer Zwänge ins Extrem getrieben, alle Vorsicht in den Wind schlägt und unter seinen Feinden Amok läuft, gleichgültig gegen die Wunden, die er empfängt, wie auch das Leid, das er austeilt. Nicht selten werden gerade dann Verdienstkreuze errungen, wenn die Umstände sich ändern und der Soldat von professionellem Gleichmut in den Zustand des Berserkers übergeht.«
    »Das ist privat«, sagte Toke, als er sich vom Schrank umdrehte und sah, was Wield gerade machte. »Geben Sie das her.«
    »Sachte, sachte, mein Freund«, sagte Wield. »Interessantes Buch. Hast du das schon lange?«
    »Lange genug«, sagte er trotzig.
    »Und das hier?«, fragte Wield, indem er
Thorburns Vogelkunde
unter dem Bett hervorzog. »Das hier hast du wohl auch schon lange genug? Wo ist das andere? Kann ich hier nirgends entdecken.«
    »Welches andere?«
    »So ’n Buch über Malerei, sagt Mr. Digweed.«
    Jetzt sah der Junge erschrocken aus.
    »Das ist ein Geschenk«, protestierte er mit beinahe anrührender Unlogik. »Dachte, sie würde mich ein bisschen beachten, wenn ich es ihr schenke.«
    »Du meinst Caddy?«, fragte Wield freundlich. »Du wolltest es ihr schon gestern geben, bis du uns gesehen hast, stimmt’s? Also hast du ihr statt dessen den Eisvogel geschenkt.«
    »Ich hab ihm aber nix getan«, versicherte Toke noch einmal. »Sie mag Farben und Bilder un so. Dachte, dass sie mich vielleicht mag, wenn ich ihr das Buch mit den ganzen Bildern drin schenke.«
    »Und die hier?«, sagte Wield, indem er die beiden Bände in der Hand wog.
    Zum ersten Mal sah Toke schuldbewusst aus.
    »Die da sind für mich«, gab er zu. »Wollte doch sowieso nie einer haben. Waren doch schon ’ne Ewigkeit da!«
    »Du hättest sie kaufen können«, schlug Wield vor.
    »Und wovon, bitte schön? Mein’n Sie, ich kann Kohle scheißen?«
    »Muss ’ne Menge Geld gekostet haben, das Haus hier zu renovieren.«
    »Das war nötig gewesen. Un da war auch nix übergeblieben.«
    »Wovon?«
    »Von Warren sei’m Geld.«
    Warren … der ältere Bruder, der in Irland ums Leben gekommen war, den sie aber fürs Kriegerdenkmal nicht für würdig befunden hatten.
    »Warren hat dir ’n bisschen Geld hinterlassen, ja?«
    »Was er so gespart hatte. Und es gab auch noch was von der Army.«
    »Und das hast du benutzt, um das Haus sicher zu machen?«, sagte Wield.
    »Wär nich nötig gewesen, wenn Warren zurückgekommen wär’!«, schrie Toke. »Warren konnte auf uns aufpassen.«
    Sein Gesicht war von der schmerzlichen Erinnerung verzerrt. Wield, der angesichts der Emotionen, die er ausgelöst hatte, erschrak, streckte beschwichtigend eine Hand aus, doch der Junge duckte sich wie unter einem Schlag und schoss, nachdem er nur einen Moment stehengeblieben war, um eine Plastiktüte hinter der Tür hervorzuholen, an ihm vorbei und die Treppe hinunter. Bis Wield die Diele erreicht hatte, war schon nichts mehr von ihm zu sehen außer der offenen Haustür.
    Er ging wieder hinauf und untersuchte das Zimmer gründlich. Nichts deutete darauf hin, dass es andere Waffen außer denen gab, die Jason wohlverschlossen im Stahlschrank aufbewahrte.
    Mrs. Toke stand in der Diele, als er wieder hinunterkam. Sie warf einen Blick auf die Bücher, die er bei sich trug, und sagte: »Es ist dieses Mädel, Mister. Seien Sie froh. Für ’n Mädel wie sie machen manche Männer seltsame Sachen. Er meint’s nicht so, aber das macht die Sache noch schlimmer.«
    Wield ignorierte die merkwürdige Anspielung auf seine Unanfechtbarkeit und sagte: »Können Sie ihm denn nicht klarmachen, dass es aussichtslos ist?«
    »Er braucht doch irgendeine Hoffnung, mein Jason. Hatte sie ganz in seinen Bruder gesetzt, und als das vorbei war, sehen Sie ja, was dann kam. Wenn Sie ihm das auch noch nehmen, findet sich vielleicht was anderes, vielleicht aber auch nicht, und dann ist alles aus.«
    Der Satz, in ruhigem Tonfall

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