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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Jahrhundert noch, ich zitiere, ein völlig verlotterter Haufen Bauern!«
    »Demnach schämt er sich für seine Herkunft«, sagte Dalziel. »Das ist kein Verbrechen. Wo wollte er eigentlich eben hin?«
    »Zum Morris. Du weißt, dass der Pub ihm gehört? Nun ja, scheinbar trug er sich mit dem Gedanken, ihn zu verkaufen, doch nach unserem kleinen Plausch hat er offenbar aus irgendeinem Grund seine Meinung geändert, und deshalb will er gleich zu Wapshare, um es ihm zu sagen.«
    Der Dicke bekam leuchtende Augen.
    »Demnach haben sie da drüben ja ordentlich was zu feiern. Wird Zeit, dass ich mal vorbeischaue, sonst denkt der gute alte Tom noch, er hätte mich beleidigt. Hätte sowieso als erstes hingehen sollen. Dem Kerl entgeht doch nix, was in Enscombe los ist.«
    »Entschuldige, Chef«, sagte Wield. »Ich glaube, wir kriegen was zu tun.«
    Er wies die High Street hinunter, wo ein Landrover gerade vor dem Postamt gehalten hatte.
    »Du meinst, der kehrt an die Stätte seines Verbrechens zurück?«, fragte Dalziel, während sie beobachteten, wie Guy der Erbe ausstieg und in den Laden ging. »Meinetwegen schauen wir auf dem Weg zum Pub mal rein und reden ein paar Takte mit ihm.«
    Er drehte sich um und rief zu Dora Creed hinüber: »Danke für das Essen, meine Liebe! Ich seh Sie vielleicht nachher oben an der Hall. Halten Sie die Ohren steif!«
    »Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht«, rief sie.
    »Und ein guter Mut ist ein tägliches Fest«, setzte Dalziel drauf.
    Wo zum Teufel hat er diese Bibelkenntnisse her?, fragte sich Wield, während er und Pascoe den Dicken einholten, der zwischen ihnen zielstrebig mitten auf der Straße losmarschiert war.
    Doc Holliday und die Earp Brothers auf dem Weg zum OK Corral, dachte Pascoe. Fehlte nur noch ein guter Soundtrack. Dalziel ließ einen Wind fahren. Also eher nicht
My Darling Clementine
, sondern
Blazing Saddles,
korrigierte Pascoe sich trocken.
    Sie blieben vor dem Postamt stehen. Durchs Fenster konnten sie Guy Guillemard mit Daphne Wylmot reden sehen. Er war äußerst lebhaft, sie deutlich weniger.
    »Den Nerv möchte ich haben«, sagte Wield. »Sollen wir reingehen, Chef?«
    »Immer hübsch sachte«, sagte Dalziel bedächtig.
    Guy hatte Daphnes Hand auf der Theke ergriffen. Sie blickte zum Fenster, sah das Trio davor und sagte etwas zu dem Mann, der sich zu ihnen umdrehte und in schallendes Gelächter ausbrach. Dann warf er der Frau eine Kusshand zu und trat aus dem Laden.
    »Wenn das nicht die Keystones sind!«, mokierte er sich. »Da sagt noch einer, die Stummfilmkomödie sei tot?«
    Er stieg in den Landrover. Wield warf Dalziel einen eindringlichen Blick zu. Der trat vor und sagte: »Vergessen Sie nicht, sich anzuschnallen, Sir.«
    »Vielen herzlichen Dank«, sagte Guy. »Wir wollen doch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten, nicht wahr? Ciao!«
    Der Wagen fuhr fort.
    Wield sah den Dicken ungläubig an, doch bevor er etwas sagen konnte, klopfte ihm Dalziel beinahe väterlich auf den Kopf und sagte: »Normalerweise macht es keinen Unterschied, Wieldy, aber manchmal kann’s passieren, dass du dir mit der falschen Antenne den Empfang versaust. Warte hier ein Sekündchen und lass mich mit ihr ein Wort unter vier Augen reden.«
    Er ging in den Laden und ließ die Tür offenstehen, so dass sein »Wort unter vier Augen« herausdröhnte.
    »Morgen, Missus«, sagte er. »Superintendent Dalziel von der Kripo.«
    »Guten Morgen. Falls es um den Einbruch geht – mein Mann ist leider nicht da.«
    »Macht nix«, sagte Dalziel. »Sie können ihm hinterher alles erzählen, was er Ihrer Meinung nach wissen soll, meine Teuerste. Mir geht’s eigentlich nur um so was wie ’ne Bestätigung. Zunächst einmal, Sie und Guy Guillemard haben was miteinander, richtig?«
    »Was?« Die Frau erhob ungläubig die Stimme. »Wie meinen Sie das …?«
    »Na ja, Sie treiben’s miteinander, Sie vögeln, Sie bumsen, Sie schieben eine Nummer …«
    Es wäre semasiologisch reizvoll gewesen zu sehen, wohin Dalziels Suche nach dem
mot juste
ihn noch geführt hätte, doch seinem Gegenüber ging der rechte wissenschaftliche Geist ab.
    »Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden?«, unterbrach sie ihn wütend.
    »Tut mir leid, junge Frau«, sagte Dalziel reumütig. »Heißt das, es wäre Ihnen lieber, wenn wir auf Mr. Wylmot warten würden? Ich hab’s nicht eilig.«
    Manchmal hielt Pascoe Dalziel für einen Sadisten. Manchmal hielt er ihn lediglich für einen Mann, der gern in der

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