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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Wahrheit zu sagen, habe ich nur angehalten, um Ihr schönes Haus zu bewundern, und alles weitere hat sich an dieser Stelle ergeben.«
    Halavant lächelte und sagte: »Ich habe mich schon gewundert, dass ein so hochrangiger Beamter wie Sie seine Zeit für einen Fehlalarm verschwendet. Sind Sie überhaupt dienstlich in der Gegend …?«
    »Ich bin auf dem Weg nach Enscombe, um mit Constable Bendish zu reden, und bei der Gelegenheit werde ich zweifellos die ganze Geschichte zu hören bekommen«, sagte Pascoe, der keinen Anlass sah, Gerüchte zu schüren. »Sie kennen ihn doch, Sir? Hat sich gut eingewöhnt, oder? Alte Dorfgemeinschaften können schon mal schwierig sein.«
    »Ich glaube, Sie werden mir rechtgeben, dass Enscombe ein ziemlich einmaliges Pflaster ist«, sagte Halavant ebenso zweideutig wie unangebracht. »Falls das so etwas wie ein Kontrollbesuch ist, würde ich nach allem, was ich über den jungen Mann weiß, sagen, dass er ein geradezu puritanisches Pflichtgefühl und einen phänomenalen Blick für ein Reifenprofil besitzt.«
    Während er sprach, hatte er seinen unverhofften Gast sanft zur Haustür manövriert. Pascoe schwirrten interessante Spekulationen durch den Kopf, doch als die Tür aufging und sich die lange, ungeschützte Auffahrt bis zum Tor vor ihm erstreckte, wurden sie samt und sonders von der alles entscheidenden Frage beiseite gewischt: Lief Fop frei herum?
    Er überlegte, wie er sie formulieren konnte, ohne wie ein feiger Waschlappen zu klingen, doch bevor er etwas sagen konnte, schnappte die Tür hinter ihm zu.
    Er ging mit hastigen Schritten los, schämte sich, zwang sich, stehenzubleiben und einen blühenden Pfirsichbaum zu bewundern, und schlenderte schließlich gewollt unbefangen zum sicheren Hort seines Wagens.
    Kaum saß er hinterm Lenkrad, arbeiteten die grauen Zellen wieder normal und überschwemmten ihn mit einer Flut von Überlegungen. Eine puritanische Pflichtauffassung, hatte Halavant gesagt. Nach allem, was Pascoe wusste, stimmte das. Er hatte gestern mittag um zwölf Dienstschluss gehabt. Danach war er noch zwei Mal – einmal, als er den Hells Angel zurechtwies, und dann, als er abends auf dem Gut Scarletts auftauchte – in Uniform und in dienstlicher Funktion gesehen worden. Schon merkwürdig.
    Er schaltete den Polizeifunk ein und bat darum, bei seiner Dienststelle und in Filmers Abteilung nachzufragen, ob letzte Nacht ein Einbruch im Scarletts-Anwesen gemeldet worden sei. Dann setzte er seine Fahrt nach Enscombe fort.
    Sein Funksignal knackte genau in dem Moment, als er den Dorfrand erreichte, und er fuhr vor einem einstöckigen Haus mit steilem Dach und der Aufschrift
Rathaus und Lesesaal
an den Bürgersteig heran, um sich zu melden. Eine Sekunde später erfüllte Andrew Dalziels Stimme wie ein Donnergrollen das Innere seines Wagens.
    »Was soll das Ganze mit dem Einbruch?«
    Pascoe erklärte es ihm.
    »Wie dem auch sei, nirgendwo liegt eine Meldung vor«, sagte Dalziel.
    »Das ist schon eigenartig, findest du nicht, Chef?«
    »Nein, finde ich nicht. Der Junge hat frei, schon vergessen? Wird rausgerufen, stellt fest, dass es ein Jux war, und denkt nicht dran, noch mehr von seiner kostbaren Zeit damit zu vergeuden, eine Meldung zu schreiben. Verständlich, oder? Vielmehr beschließt er daraufhin, sich für die übrige Zeit, bis er wieder Dienst hat, zu verdünnisieren. Wahrscheinlich taucht er später auf und entschuldigt sich tausend Mal bei Filmer, weil er ihm nicht gesagt hat, wo er ist. Das war’s denn schon.«
    »Nach allem, was mir Halavant über ihn erzählt hat, klingt er dafür viel zu pflichtbewusst«, sagte Pascoe. »Was ist mit den Flecken in seinem Wagen?«
    »Wie’s aussieht, sind es tatsächlich Blutflecken, die Gruppe geben sie uns noch durch. Aber mir fällt ein halbes Dutzend Erklärungen ein, keine davon allzu ernst. Und noch was. Den Angriff von dem verrückten Hells Angel kannst du streichen. Wieldy wird dir alles darüber erzählen. Versuch, nicht zu lachen.«
    »Der kommt demnach auch hier raus?«, fragte Pascoe überrascht.
    »Irgend jemand musste ja schließlich Filmer und Digweed nach Hause kutschieren«, sagte Dalziel defensiv. »Na, wie auch immer, zwei Köpfe sollten dieses Knäuel in Nullkommanix aufgedröselt haben, besonders wenn einer davon nur seine Visage herzeigen muss, um aus dem letzten Dorftölpel jedes Geständnis rauszuholen. Aber nehmt euch ja in acht, ihr zwei! Dass ihr ja keine Unruhe stiftet. Wir würden ganz schön blöd

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