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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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waren.
    Unglücklicherweise aber fühlte sich Halavant nicht nur in den Sack, sondern auch auf den Schlips getreten. Unvorstellbar für ihn, dass die Scudamores mit der Geschichte nicht hausieren gehen würden, und so beeilte er sich, ihnen mit seiner Rache zuvorzukommen.
    Eines Abends betrat Kee gerade in dem Augenblick den Morris Pub, als Thomas Wapshare sagte: »Ich hab in der
Post
gar keine Besprechung der letzten Ausstellung von unserer kleinen Caddy gelesen. Hab ich die übersehen?«
    Halavant, der mit dem Rücken zur Tür saß, schüttelte traurig den Kopf und erwiderte so laut, dass es im ganzen Raum zu hören war: »Nein, Thomas, es gab keine Besprechung. Wie Sie wissen, bin ich seit langem ein Gönner von Caddys Arbeit. Mehr noch, ich kann wohl für mich in Anspruch nehmen, dass ich dem Mädchen immer als Ratgeber zur Seite gestanden habe. Aber bei ihrer letzten Ausstellung hatte ich den Eindruck, dass sie in einer Sackgasse steckt. Als Freund habe ich meine konstruktive Kritik unter vier Augen geäußert. Und ich habe ihr versprochen, dass es keine negative Besprechung geben würde. Aber leider hat sie dermaßen unreif reagiert, dass es weh getan hat. Sie hat eine Kluft gerissen, die hoffentlich die Zeit irgendwann überbrücken wird. Die Kleine hat fraglos Talent. Bleibt zu hoffen, dass sie erwachsen wird, bevor sie es gänzlich an protzige Schmierereien vergeudet.«
    Er hielt inne, um in aller Bescheidenheit den Applaus abzuwarten, den so viel selbstlose Nachsicht verdient hatte, doch statt dessen richtete sein Publikum den gespannten Blick auf einen Fluchtpunkt hinter seinem Rücken. Er drehte sich langsam um, und Kee kam lächelnd auf ihn zu.
    »Justin, bin ich froh, dass ich dich endlich erwische. Ich möchte mich für das Benehmen meiner Schwester entschuldigen. Nach allem, was du für sie getan hast, kann ich wirklich nicht begreifen, wie sie die Stirn haben konnte, sich gegen dein Gegrapsche zu wehren. Aber, wie du richtig sagtest, ist sie sehr jung. Wahrscheinlich war es nur ein Kniereflex. Da wir gerade von Knien sprechen, wie geht es deinen Weichteilen? Ist die Prellung zurückgegangen? Vermutlich waren sie schrecklich geschwollen, obwohl das in deinem Fall ja kein ganz ungewöhnlicher Zustand ist, nicht wahr?«
    Und so geriet die Kluft zwischen Salon und Galerie zum Abgrund, wenngleich der so ausgeprägte gesunde Menschenverstand der mitfühlenden Dorfbewohner verhinderte, dass er sich zu fortgesetzten Grabenkämpfen verhärtete. Warum Partei ergreifen, wenn man sich mit ein bisschen geschickter Beinarbeit ganz bequem zwischen den Fronten bewegen konnte?
    Sergeant Wield wusste von alledem noch nichts, als er die Eendale-Galerie betrat und sah, wie dieser Ausdruck vagen Wiedererkennens, dem er nun schon mehrfach begegnet war, über das Gesicht der schlanken, eleganten blonden Frau huschte, die mit einer Rechenmaschine an der offenen Kasse arbeitete.
    »Miss Scudamore?«, sagte er. »Miss Kee Scudamore?«
    »Richtig. Kann ich Ihnen helfen?«
    Er zeigte ihr seinen Dienstausweis und sagte: »Ich bin auf der Suche nach Constable Bendish. Sie haben ihn nicht zufällig gesehen?«
    »Nein, tut mir leid. Er ist immer an Sonntagen reingekommen, um zu sehen, ob ich irgendwas verkaufe, was den Vorschriften des Ladenschlussgesetzes widerspricht, aber dankenswerterweise hat er das für die Fastenzeit aufgegeben.«
    Wield lächelte und sagte: »Und wie steht’s mit seiner Mütze?«
    »Ich versteh nicht.«
    »Wie ich hörte, haben Sie eine Polizeimütze auf einer Statue entdeckt.«
    »Was?« Ihre Augen wanderten von seinem Gesicht zum Fenster, durch das sie auf den Buchladen gegenüber blickte. »Ach so. Sie haben mit Edwin Digweed gesprochen.«
    »Ihm zugehört«, sagte Wield, wofür er mit einem wissenden Lächeln belohnt wurde. »Er sagte, Sie hätten es ihm gegenüber erwähnt. Schien kein Geheimnis zu sein, und so hat er es mir anvertraut, was immer man von der Sache halten mag.«
    »Das konnte er ruhig«, sagte sie. »Ich hätte es wahrscheinlich selber erwähnt, sobald Sergeant Filmer bei mir angelangt wäre.«
    Ohne sich von der plötzlichen Aufwallung bürgerlicher Pflichterfüllung allzusehr beeindrucken zu lassen, sagte Wield: »Sie haben demnach mitbekommen, dass der Sergeant sich umhört?«
    »Die Welt ist klein«, sagte sie.
    »Besonders in Enscombe«, fügte Wield hinzu. »Was diese Mütze betrifft …«
    »O mein Gott! Das ist unglaublich! Lass ihn nicht weg!«
    Der Ausbruch kam von einer

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