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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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früh. Es ist Wochen her, dass ich an Tommy Winter geschrieben habe.«
    »Tommy … Sie meinen Mr. Winter, den ehemaligen Chief Constable?«
    »Ehemaligen?« Der Blick bohrte sich in ihn wie eine Drillmaschine.
    »Ja, Sir. Er ist schon eine Weile in Pension. Wir haben inzwischen einen neuen Chief Constable, Mr. Trimble. Aber der müsste Ihren Brief erhalten haben …«
    »Und wieso bitte schön? Ich habe ihn als persönlich gekennzeichnet. Sie haben mir von diesem Trimble nichts gesagt.«
    Diese Bemerkung galt wieder dem Feldspieler. Pascoe schien es ratsam, der Versuchung zu widerstehen und nicht bei jedem Wurf, der in dieser Richtung vorbeischwirrte, mit seinem Schlagholz dazwischenzufahren.
    »In diesem Fall, Sir«, sagte er, »ist er vermutlich Mr. Winter nach Barbados nachgesandt worden, wohin er sich zu seinem Ruhestand zurückgezogen hat. Dürfte ich Sie wohl fragen, in welcher Angelegenheit Sie Mr. Winter konsultieren wollten?«
    Die Augen starrten ihn skeptisch an und wanderten mit einem fragenden Blick wieder zum zweiten Eckmann.
    Die Frau, die so unauffällig war, dass Pascoe sie ganz vergessen hatte, sagte: »Soll ich Tee bringen lassen, Onkel?«
    Der Vorschlag kam zaghaft, fast nur gehaucht, doch er schien den Squire an seine Gastgeberpflichten zu gemahnen.
    »Natürlich, Liebes. Bitte nehmen Sie Platz, Chief Inspector.«
    Pascoe ließ sich schwer auf das Sofa fallen, was er augenblicklich bereute. Generationen von Menschen, so schien ihm, die mehr als die gewöhnliche Zahl Pobacken besaßen, hatten das Lederpolster zu einer Art Reliefkarte von Cumberland geknetet.
    Die Frau, die Pascoe nur als ein kleines, zierliches Etwas wahrnahm, war unauffällig aus dem Zimmer geschlüpft. Pascoes Vermutung, dass es sich um Franny Harding, die arme Verwandte, handeln musste, bestätigte sich, als der Squire erneut das Wort ergriff und dabei seinen riesigen Körper halsbrecherisch auf dem schadhaften Schaukelstuhl balancierte. »Ich weiß nicht, was wir ohne Fran anfangen würden. Immer da, wenn man sie braucht. Und dabei isst sie fast nichts, wissen Sie.«
    Ohne auf diesen entwaffnenden Einblick in die häusliche Sparsamkeit der Upperclass einzugehen, entschied Pascoe, dass in diesem Fall Diskretion nicht ans Ziel führen würde, und erklärte unverblümt: »Constable Bendish ist möglicherweise verschwunden, Sir.«
    »Und Sie kommen, um die gute Nachricht zu verbreiten. Das nenne ich Service.«
    War das ernst gemeint?, fragte sich Pascoe.
    »Könnten Sie mir daher bitte sagen«, fragte er, »wieso Sie an Mr. Winter geschrieben haben? Was hat Bendish getan? Sie wegen Geschwindigkeitsübertretung aufgeschrieben, so was in der Art?«
    »Geschwindigkeitsübertretung? Wovon redet der Kerl (dies zum zweiten Eckmann)? Ich habe seit mindestens zwanzig Jahren keine Geschwindigkeit mehr übertreten. Wie dem auch sei, dafür werdet ihr Jungs bezahlt, nicht wahr? Anständigen Leuten Knöllchen zu verpassen und dergleichen. Anspruchsvolle Arbeit, nicht zu leugnen. Aber das gehört ja nun mal zu Ihrem Job, und ich will über niemanden meckern, der nur tut, wofür er bezahlt wird. Aber
Streiken
, das ist was anderes. Unziemliches Benehmen, Sie verstehen, was ich meine?«
    »Streiken?«, fragte Pascoe, für den sich eine ganz neue Dimension an Erklärungen für Bendishs Abwesenheit auftat. »Sie meinen, Bendish hat gestreikt? Er hat seinen Dienst verweigert?«
    »Natürlich nicht, der würde nie seinen Dienst verweigern. Ist der Kerl hirntot oder was (zum zweiten Eckmann)? Hören Sie, ich beschwere mich nicht über seine Arbeit. Strebsam war er, ganz gewiss. Aber diese andere Sache. Streiken. Gehört sich nicht. Heikle Sache, wo Frauen im Haus sind. Also hab ich gedacht, lass mal gegenüber Winter ein Wörtchen fallen. Barbados, sagen Sie? Dachte, nur Gauner machen genug Geld, um sich nach Barbados abzusetzen. Haben Sie Ihre Pensionskasse überprüft?«
    »Dieses
Streiken
, Sir«, sagte Pasco, entschlossen, sich nicht noch einmal aus dem Konzept bringen zu lassen. »Meinen Sie nicht vielleicht etwas anderes …?«
    »So nennen sie das jedenfalls beim Cricket. Scheinen es für einen prächtigen Spaß zu halten, aber ich weiß nicht recht. Als ich jung war, gab’s so was jedenfalls nicht. Nicht so schlimm, wenn’s ein Mädchen ist, nehme ich mal an, aber meistens ist es ein Kerl.«
    »
Streaking
«, sagte Pascoe. »Sie meinen Streaking, jemand, der nackt herumrennt!«
    »Sag ich doch.«
    »Und Constable Bendish ist Ihrer

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