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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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drängte ihn, nachdem sie das Ohr kurz untersucht hatte, gegen seinen Widerstand ins Haus.
    »Ausgebildete Krankenschwester, wissen Sie«, sagte der Squire mit offensichtlichem Besitzerstolz. »Und isst dabei wie ein Spatz.«
    Noch so eine Überraschung vom Sperlingsvogel Miss Harding. Oder vielleicht auch nicht. Selbst wenn sie wie ein Spatz aßen, erwartete man vermutlich von armen Verwandten, dass sie für ihr täglich Brot ein vielfältiges Repertoire zwitscherten.
    »Nun, Sir«, sagte Dalziel, dessen Zorn angesichts der veränderten Umstände so rasch verflogen war wie die Prinzipien eines Politikers. »Ich hätte mich gerne kurz mit Ihnen unterhalten, wenn ich darf. Am besten vergessen wir die andere Sache, was meinen Sie? Echtes Missverständnis.«
    Ratsuchend warf der Squire einen Blick Richtung zweiter Eckmann.
    »Meinetwegen«, sagte er. »Ich werde Sie nicht anzeigen. Aber Sie sollten wirklich erst um Erlaubnis bitten, bevor Sie bei einem einbrechen.«
    Pascoe wartete gespannt, ob Dalziel bei diesem juristischen Schlagabtausch das letzte Wort für sich in Anspruch nehmen würde, doch er war kein Mann, der sein eigentliches Ziel lange aus den Augen verlor. Er war an sich ein geduldiger Mensch; hatte man, was man wollte, so meinte er, war immer noch reichlich Gelegenheit, dem anderen Kerl in die Eier zu treten.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Aber Sie waren gerade nicht da. Ich glaube, Sie sind ein Busenfreund von Tommy Winter, Sir.«
    »Stimmt. Dann kennen Sie ihn? Ja, ist wohl anzunehmen. Hat sich mit der Pensionskasse nach Barbados abgesetzt, sagt Ihr Jungchen da.«
    »So, sagt er das«, kommentierte Dalziel. »Nun ja, wir behalten diese kleinen Ärgernisse lieber für uns. Was mich interessieren würde, ist dieser Brief, den Sie Tommy geschrieben haben. Über Constable Bendish.«
    »Dann hat er ihn also bekommen? Gut. Hat sich mit der Antwort allerdings ganz schön Zeit gelassen, muss ich sagen. Was gedenken Sie also zu tun? Unter den Teppich kehren, eh?«
    »Wir nehmen die Sache sehr ernst, Sir, glauben Sie mir«, sagte Dalziel. »Daher werden Sie verstehen, dass ich Ihnen ein paar Fragen stellen muss, nur um sicherzugehen, dass wir alle Fakten kennen.«
    »Bei den Ermittlungen helfen, so was in der Art, meinen Sie? Hab schon verstanden. Schießen Sie los.«
    Pascoe schloss die Augen und fragte sich, wieso in einer Welt voller Politiker, Prälaten, Versicherungsvertreter, politisch korrekter Komiker und Dalziel die Evolution nicht verschließbare Ohren hervorgebracht hatte.
    »Okay. Zunächst mal, wie war das Wetter?«
    Pascoe machte die Augen auf.
    »Das Wetter? Warten Sie. Ja, ich weiß es wieder. Sonnig, ich erinnere mich, dass er einen Schatten auf die Mauer geworfen hat. Musste ein bisschen blinzeln, bis ich ihn erkannt habe.«
    »Aha, ich verstehe. Entschuldigen Sie, Sir, aber könnten Sie mir vielleicht sagen, was für ein Vogel das ist? Tut mir leid, wenn ich vom Thema abkomme, altes Hobby von mir, wissen Sie.«
    Er wies nach oben. Pascoe musste seine Augen anstrengen, um den Gegenstand von Dalziels plötzlich entflammtem ornithologischen Interesse zu entdecken, der hoch am nördlichen Himmel kreiste.
    »Ein Bussard«, sagte der Squire. »Nützlicher Aasfresser. Hervorragende Augen. So wie ich. Zufrieden, Dalziel?«
    Er mochte ja total übergeschnappt sein, dieser Squire, aber dumm war er nicht.
    »Danke, Squire«, sagte Dalziel, wobei er das Wort so mehrdeutig modulierte, dass es irgendwo zwischen feudaler Ehrerbietung und plumper Vertraulichkeit angelegt war. »Sicher warm in der Sonne, oder?«
    »Wohl kaum, guter Mann. War mitten im Winter. Der Wind kam ganz schön übers Moor gepfiffen, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Was wir früher Wetter zum Eierschrumpeln nannten, eh?«
    »Hab ich ewig nicht gehört. Aber Sie haben recht. Nur dass in diesem Fall …«
    »Ja, Sir?«, soufflierte Dalziel.
    »Der Kerl schien mir nicht sonderlich geschrumpelt zu sein. Im Gegenteil. Alles aufrecht und im Lot. Und ’ne Menge davon. Hat ’ne gute Fleischration auf seine Lebensmittelmarken bekommen. Ist das irgendwie von Bedeutung? Ich meine, sind das wichtige Hinweise oder so?«
    »Kann man nicht ausschließen«, sagte Dalziel. »Also, was ist dann passiert?«
    »Er sprang runter, so dass ich ihn nicht mehr sehen konnte.«
    »Und was haben Sie gemacht, Sir?«
    »Ich?«
    »Ja, Sir. Als Sie heute dachten, dass in Ihrem Garten hinter der Mauer seltsame Dinge vor sich gehen, kamen Sie herbeigestürmt wie die

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