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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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zurückkam …«
    »Zurück?«, fragte Pascoe. »Von wo zurück?«
    »Neuseeland natürlich. Zweiunddreißig oder dreiunddreißig. Da war Frances schon mit dem Pfarrer durchgebrannt – ich dachte eigentlich, das hätte ich alles erklärt!«
    »Ignorieren Sie den Burschen einfach«, riet Dalziel. »Er ist ein bisschen begriffsstutzig.«
    »Kenne diese Typen. Gutes Unteroffiziersmaterial, aber keine Ahnung von Strategie. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja. Edwina. Ich dachte … damals bist du alleine wiedergekommen …«
    »Alleine?«, fragte Pascoe kaum hörbar.
    »Ja doch«, sagte der Squire wie zu einem schwachsinnigen Kind. »Nicht mit Frances.«
    »Es gab noch ein anderes Bild? Von Ihrer Schwester?«
    »Stellen Sie sich doch nicht so blöd an! Ur-ur-nochwas-Frances. Also, die war ein Prachtstück. Hat Edwina vermutlich auf die Idee gebracht, sich auch porträtieren zu lassen. Dachte wohl, ein geschickter Pinsel könnte wettmachen, was die Natur versäumt hatte. Haut nie hin. Hätte Gott uns vollkommen haben wollen, ließe er uns alle in Japan herstellen!«
    Dalziel grummelte der Magen wie ein U-Bahn-Zug.
    »Hunger?«, fragte der Squire. »Gehen Sie in der Küche vorbei, sagen Sie, ich hätte gesagt, Sie könnten ein paar Reste kriegen.«
    Dalziel schenkte ihm dafür ein Saurierlächeln.
    »Nett von Ihnen, Sir. Aber um das hier zu Ende zu bringen, Sie haben es nicht zufällig der hiesigen Polizei gemeldet, oder?«
    »Dem Dingsda mit dem Bimbam? Den wollte ich lieber nicht noch mal auf der Matte haben. Nein, ich bin zu Bett gegangen. Hab’s heute morgen beim Frühstück Girlie erzählt. Sie ist hoch, um nachzusehen. Kam zurück und sagte, Edwina hinge da, wo sie immer hing, außer natürlich, als sie weg war. Na ja, muss ich wohl geträumt haben, nehme ich an. Doch ich kann nicht den lieben langen Tag hier rumstehen und über Träume faseln. Hab noch ’ne Menge zu tun. Ich hab die besten Ideen im Gehen. Wordsworth war genauso, wissen Sie, ist beim Dichten immer rumgelaufen.«
    Er hob die Purdey auf und tatterte, auf das Gewehr wie auf einen Stock gestützt, in Richtung Wald und Fluss.
    »Was hältst du von alledem?«, fragte Pascoe.
    »Dichten, hat er gesagt? Scheint mir eher nicht ganz dicht zu sein«, erwiderte Dalziel. »Aber niedliche kleine Füße haben diese Guillemards, nicht?«
    Unschlüssig, ob sich die Bemerkung auf die Verskunst oder auf das Schusterhandwerk bezog, antwortete Pascoe lieber nicht.
    »Auch egal«, sagte Dalziel. »Gehen wir lieber und kümmern uns um diese Essensreste, okay?«

Drei
    »Ich glaube wohl, sie war nichts weiter als ein unschuldiges Mädchen vom Lande.«
    D as muss wirklich genäht werden«, sagte Fran Harding.
    »Meinen Sie? Nun, dann wird es warten müssen«, sagte Wield.
    »Ich könnte das machen«, bot das Mädchen schüchtern an. »Keine Sorge, ich nehme kein normales Nähzeug. Ich hab die richtigen Sachen dafür.«
    »Wie kommt das?«
    »Als ich mit der Ausbildung fertig war, konnte ich da, wo ich hinwollte, keine Stelle finden, und Girlie hat mich gefragt, wie ich es fände, mich um den Squire zu kümmern.«
    »Der alte Herr sieht mir so aus, als könnte er ganz gut auf sich selber aufpassen«, sagte Wield trocken.
    »Er ist gebrechlicher, als er aussieht, und er … ihm fehlt das eine oder andere. Er braucht keineswegs eine Vollzeitbetreuung, aber wenn eine an Ort und Stelle ist, wird es länger dauern, bis er eine braucht, verstehen Sie? Das sagt Girlie jedenfalls. Und ich habe ja gesagt, weil ich mich hier sehr wohl fühle. Kurz gesagt, ich habe meine eigene Hausapotheke mit allem, was man für Notfälle braucht. Das Nähen kann ich also besorgen, für eine Tetanusspritze müssten Sie allerdings einen Arzt aufsuchen.«
    »Das ist nicht nötig, meine Impfungen sind auf dem neuesten Stand«, sagte Wield. »Okay, dann machen Sie mal.«
    Sie führte ihn nach oben in ein kleines Wohnzimmer, das mit ein paar alten Lehnsesseln, einem Schreibtisch und Bildern an den Wänden behaglich eingerichtet war. Sie ließ ihn dort warten, während sie aus einem angrenzenden Zimmer einen gut bestückten Arztkoffer holte. Die Naht war in Sekunden fertig, schmerzte kaum und sah sauber und fachmännisch aus.
    »Das ist toll«, sagte Wield, »richtig professionell.«
    »Danke«, sagte sie und lächelte erfreut.
    Er lächelte zurück und sagte: »Ich hab eben im Tagebuch Ihrer Großmutter geblättert.«
    Auf ihrem Gesicht zeichnete sich schlagartig solcher Schrecken ab, dass er hastig

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