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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Buchhändlers erkennen, dass dieser geistige Höhenflug, lerchengleich, nie den Boden der Fakten verlassen hatte. Verflucht, dachte er und trank sein Glas leer. Wenn ich das Zeug hier früher entdeckt hätte, könnte ich längst Chief Constable sein!
    »Wahrlich beeindruckend!«, rief Digweed. »Sind Sie sicher, dass nicht Sie es waren, der in meinen Laden eingebrochen ist, um die früheren Tagebücher meines Vaters zu lesen?«
    »Dann liege ich also richtig?«, sagte Wield.
    »Mit der ganz kleinen Ergänzung, dass Edwina ebenso leidenschaftlich hinter ihm her war. Sie war es, die sie beide zusammenbrachte, indem sie auf einmal diese Passion entwickelte, von sich ein passendes Porträt zu dem Bild einer Vorfahrin malen zu lassen, das sie bereits besaß. Doch obwohl Ralph ein Gentleman war, fand die Familie ihn unwürdig, da er (a) arm, (b) Künstler und (c) ein enger Freund von Jeremy war, dem jüngeren Halavant, der Scarletts erbaute. Sobald die Familie erfuhr, was vor sich ging, war’s das. Armer Ralph.«
    »Vor allem ja wohl arme Edwina. Ihm standen immer noch andere Möglichkeiten im Leben offen«, sagte Wield.
    »Ja, natürlich auch arme Edwina. Aber Sie müssen nicht gar so viel Mitleid mit ihr haben, sie hätte es Ihnen nämlich nicht gedankt. Ein fügsames Kind mag sie gewesen sein, aber später wurde aus ihr eine resolute alte Dame. Und sie bekam ihre Rache. Auch wenn sie ein bisschen zu früh gestorben ist, um sie noch zu genießen, war sie es zweifellos, die ihrer Großnichte Frances dieses starke Selbstwertgefühl und den Unabhängigkeitsdrang einflößte, so dass sie die Kraft besaß, der Familie den Rücken zu kehren und Stanley Harding zu heiraten.«
    »Wie schön für sie!« rief Wield. »Ein Prosit auf alle beide!«
    Sie stießen mit einem wunderbar melodiösen, glockenähnlichen Klang an und nahmen einen großen Schluck.
    »Da sieh mal einer an«, sagte Digweed: »Schon wieder was gemeinsam. Wenn wir so weitermachen, finden wir am Ende noch heraus, dass wir Zwillingsbrüder sind, die bei der Geburt voneinander getrennt wurden!«
    Er lachte über die Absurdität seiner eigenen Phantasterei, während Wield plötzlich die alten Gefühle wieder hochkamen. Hochtrabender Trottel, dachte er. Der glaubt wahrhaftig, dass er mir was Gutes tut!
    »So weit würde ich nicht gehen, Sir«, sagte er.
    Digweed sah ihn mit einem fragenden Blick an und sagte: »Ach du je, schon wieder dieses Sir! Sie sind eindeutig auf Streit aus. Wissen Sie was? Wenn wir uns schon in die Wolle kriegen, dann doch lieber über Dinge, die wir nicht mögen, statt uns das, was wir gern haben, zu verderben. Mein Antiperfektionismusprinzip wird übrigens, wie ich finde, dadurch bestätigt, dass ein Politiker, wenn er die Wählerschaft wirklich hinter sich bringen will, nach einer Zielscheibe für den gemeinsamen Hass sucht statt nach einer gemeinsamen Leidenschaft. Also, was widert Sie an?«
    Wield überlegte einen Moment und sagte dann mit bedächtigem Nachdruck: »Snobs. Ich mag keine Snobs. Wie gefällt Ihnen das für den Anfang?«
    »Ausgezeichnet. Darüber brauchen wir uns nicht zu zanken. Jetzt ich. Kleine Hitler. Leute, die einen Maulwurfshügel an Autorität in einen Berg an Obstruktionspolitik verwandeln.«
    »Dagegen ist nichts einzuwenden. Politiker.«
    »Absolut. Bestattungsinstitute.«
    »Die tun nur ihren Job«, sagte Wield abwehrend.
    »Natürlich. Aber deshalb muss man sie nicht mögen?«
    »Nein«, gab Wield zu. »Zu kaltes Bier.«
    »Zu warmes Bier.«
    »Leute, die kein Bier mögen.«
    »Leute, die stundenlang über Bier reden können.«
    »Autobahnraststätten.«
    »Abflughallen.«
    »Quizsendungen.«
    »Seifenopern.«
    Wield nippte nachdenklich an seinem Bourbon. »Keine Ausnahmen?«
    »Also, von
East Enders
war ich mal ziemlich angetan, und natürlich, weil es um gewöhnliche Leute vom Lande geht, von den
Archers
«, beeilte sich Digweed.
    »Dann is es ja gut«, sagte Wield grinsend und stellte plötzlich fest, dass er sich großartig amüsierte. »Leute, die bei einem Spaziergang die Namen sämtlicher Berge auswendig wissen und darauf bestehen, sie einem zu nennen.«
    »Leute, die zu Weihnachten Rundbriefe verschicken.«
    »Autofahrer, die vor einem Motorrad die Wagentür aufreißen.«
    »Fahrer, die falsch parken«, sagte Digweed, indem er schelmisch eine Augenbraue hochzog.
    »Banken.«
    »Leute, die Eselsohren in Bücher machen.«
    »Leute, die glauben, sie hätten immer recht.«
    »Vivisektionisten.«
    »Exklusive

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