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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Clubs.«
    »Leute, die Minderheiten verfolgen.«
    »Scheinheilige!«
    »Faschisten!«
    Sie merkten, dass der Austausch an Tempo und Lautstärke zugenommen hatte, sahen sich etwas peinlich berührt an, entspannten sich aber gleich wieder und mussten lachen.
    »Leute, die ihr Glas nicht leer trinken«, sagte Digweed und lehnte sich vor, um Wields Glas nachzufüllen.
    »Hey, behalten Sie noch was für sich übrig«, protestierte der Sergeant mit einem Blick auf die fast leere Flasche.
    »Sie vergessen, dass ich noch aufstehen und nach Hause gehen muss. Als geachtetes Gemeinderatsmitglied sehe ich zu, dass ich mich nicht öfter als einmal im Monat auf der High Street flachlege.«
    »Und für diesen Monat haben Sie Ihr Soll schon erfüllt?«
    »Wenn ich mich bloß erinnern könnte«, sagte Digweed feierlich. Er stand auf und streckte die Hand aus.
    »Gute Nacht, Sergeant Wield. Eine Pflicht, die zum Vergnügen wird, ist ein wahres Vergnügen.«
    Wield ergriff die dargebotene Hand und versuchte aufzustehen, doch Digweed drängte ihn sanft aufs Sofa zurück.
    »Ich finde den Weg nach draußen. Schlafen Sie gut. Und ich hoffe, dass Ihr Wanderbursche bald zurückkommt. Ich hoffe, dass alle verlorenen Söhne und Wanderburschen wieder nach Hause finden. Gute Nacht.«
    Er verließ, mit kerzengeradem Rücken und festem Gang, den Raum. Wield hörte, wie die Tür zugeschlagen wurde, und ließ sich in die Kissen sinken.
    »Bin ich im Dienst?«, fragte er sich. »Wenn ja, dann bin ich mit einer halben Flasche Bourbon im Bauch eindeutig im Dienst betrunken, was einen früher zumindest Kopf und Kragen kosten konnte.«
    Er sah in sein Glas. Es war wieder leer. Die Flasche hatte Digweed vor ihm auf den Boden gestellt. Es waren noch etwa anderthalb Zentimeter Bourbon übrig.
    »Danke, Mr. Digweed«, sagte Wield und bückte sich nach der Flasche. »Aber meine Hider Raggards kriegen Sie drosdem nich.«
    Und er lehnte sich mit einem Kicheranfall zurück, der irgendwann in einem verhaltenen Grunzen verebbte und schließlich in gleichmäßiges Schnarchen überging.

Sieben
    »Dass die Wylmots beraubt wurden, muss für ihre Bekannten recht amüsant sein, und ich hoffe, dass es nicht nur ihre offensichtliche Berufung ist, für allgemeine Erheiterung zu sorgen, sondern dass dies auch zu ihrem eigenen Vergnügen beiträgt.«
    W ield wurde von Glockenläuten geweckt.
    Er lauschte, ob sich Gottes Stimme darin erheben würde, bis die Glocken zum Schrillen des Telefons herabsanken, woraufhin er sich vom Sofa wälzte und auf Knien danach tastete – in der Gewissheit, dass sich die Stimme Gottes melden würde, voller Zorn darüber, dass er so spät ranging.
    Mit dem Zorn lag er richtig, nur dass es Dudley Wylmot war, der sich meldete, und nicht Dalziel.
    »Wird langsam Zeit«, sagte er verdrießlich. »Können Sie sofort rüberkommen? Bei uns ist schon wieder eingebrochen worden.«
    Wield sah auf die Uhr. Es war zehn vor sechs. Er wollte Wylmot sagen, er könnte ihn mal, ließ den Gedanken aber wieder fallen, überlegte, ob er ihm raten sollte, Filmer im Bezirksbüro anzurufen oder auch das Hauptquartier in der Stadt oder …
    »Hallo, hallo, sind Sie noch dran?«, fragte Wylmot energisch.
    »Sie können mich mal«, sagte Wield.
    Noch während er die Worte aussprach, konnte er nicht glauben, dass er das sagte, er, Wield, Meister der Selbstbeherrschung, der Mann, der sich durch nichts beirren ließ.
    »Wie bitte? Ich hab Sie nicht verstanden. Meine Frau hat dazwischengeredet. Was haben Sie gesagt?«
    Wield sog die Luft tief ein, um einen langen Seufzer der Erleichterung loszulassen.
    »Ich komme rüber, so schnell ich kann, Sir«, sagte er.
    Er legte auf und wählte dann die Nummer des Bezirksbüros.
    Es meldete sich ein gähnender Constable. Wield nannte seinen Namen und Dienstgrad, erklärte, worum es ging, und fuhr fort: »Bitten Sie Sergeant Filmer, so bald wie möglich herzukommen, ja? Ich werd mir die Sache mal anschauen, aber ich möchte nicht zu lange wegbleiben.«
    Er ging ins Bad und tauchte den Kopf in ein mit kaltem Wasser gefülltes Waschbecken, rieb sich mit der Fingerkuppe ein bisschen Zahnpasta über die Zähne und spülte aus.
    Erst als er das Badezimmer verließ, dämmerte es ihm: Es war Zahnpasta da, aber keine Zahnbürste.
    Draußen sog er die kühle Luft eines schönen Frühlingsmorgens ein. Die Sonne war schon aufgegangen, aber erst gerade eben, und das Eröffnungskonzert zum Tagesanbruch erreichte die letzte Koda, untermalt vom

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