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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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angefangen: Sie sind gut, Kosanna, Sie sind nicht wie die anderen. Wenn der Bauer sagt, es sind keine Leute versteckt, so glaube ich es ihm nicht. Ich weiß, daß er lügt. Dann suche ich so lange, bis ich sie habe, und ich zünde euch das Haus an, wenn ich sie anders nicht kriegen kann. Aber wenn Sie mir sagen, Kosanna, es ist niemand da, dann will ich es Ihnen glauben, denn Ihnen vertraue ich, weil Sie gut sind, und wenn Sie jetzt sagen, es ist niemand da …
    Ich sage also: Nein, es ist niemand da, – und ich gebe ihm sogar die Hand, und er nimmt sie auch und sieht mich an. Er hat so sonderbare Augen, ganz weiße Augen. Aber dann stößt er mich zurück und sagt – nein, er sagt es gar nicht, er seufzt es, oder auch nicht: seufzt, ich kann es nicht nachmachen:
    Aber Kosanna, ich habe sie gesehen, mit meinen Augen habe ich sie gesehen! sagt er.
    Und ich muß dir gestehen, Lieber, Lieber, verzeih mir, aber ich habe sein Gesicht gesehen da, und er hat seine beiden Hände aufgehoben zu seinen Augen und hat sie auf die geschlossenen Lider gelegt, hat sie so eingedrückt, als ob er blind sein möchte, und: mit meinen beiden Augen, Kosanna! hat er wieder gerufen und war verzweifelt. Ich habe es gesehen, er hat mit seinen Fäusten auf seine Augen geschlagen wie ein Besessener, der wirklich lieber blind sein will.
    Und dann die Berechnung, daß er mich haben will, aber es war doch keine Berechnung, es war einfach Verzweiflung, weil er doch etwas haben mußte gegen das, was er gesehen hatte, – er wollte mir ja glauben, aber gegen die Wahrheit seiner Augen, dagegen konnte ich doch nicht an mit einem bloßen Wort, dagegen muß man einem Menschen etwas geben, und ich mußte es, ich mußte es. Nicht nur wegen der Versteckten, die er sonst herausgeholt hätte, ich mußte es auch um meiner selbst willen, ach, könntest du das verstehen, er hat gesagt, dann will ich Ihnen glauben, Kosanna, wenn Sie herauskommen zu mir!
    Und du bist hinaus? fragte Axel.
    Ich bin hinaus. Ich will mich jetzt nicht schonen. Ich sag es dir, ich habe meinen Mantel angezogen über das Hemd und bin hinaus, ja, auf den Weg und bis an die Holzhütte und an den Nußbaum, genau so, wie er es dir vorgemacht hat; und ich will dir alles sagen, Lieber, ich wollte es dir nicht sagen, aber jetzt ist es besser, wenn ich es dir sage. Er hat dort gewartet auf mich, und er hat mich an sich gedrückt, ich habe mich dann auch neben ihn hingelegt auf meinen Mantel, hörst du, ich sage dir alles, ich habe mich nicht nur geekelt. Aber ich schäme mich, dir das zu sagen, schließlich – er hat mir auch leid getan, ich hätte ihm ja gern etwas anderes gewünscht, nicht das, was sich einer so nehmen kann, ich hätte ihm, verzeih mir, gern etwas Gutes gewünscht, nicht einen solchen Augenblick. Aber das habe ich ihm nicht geben können. Und also habe ich ihm gesagt: ich kann nicht, so wie du es willst – ich kann nicht und will nicht, – und endlich ist mir eingefallen: heute nicht, wo du so betrunken bist! Aber komm morgen, wenn du morgen kommst, ich verspreche es dir, morgen …
    Sie sprach leise. Sie kam wieder zurück von dem Ort ihrer Lüge; – von dem Lager unterm Nußbaum, wo sie Kolja überlistet und betrogen hatte, kam sie zurück auf ihren Schemel in Finis Stube. Ich habe dir alles gesagt, und wenn du mir nicht glaubst …
    Sie hatte ihre Beichte gemacht. Aber was ist die Wahrheit; und wem nützt sie. Selbst wenn jemand spricht: Ich sage die Wahrheit, so muß ihm der, der es hört, auch glauben, damit es wirklich die Wahrheit ist! – Axel rannte wie ein Gefangener in der kleinen Stube auf und ab. Ihm stellte sich vor, daß auch er mit eigenen Augen gesehen hatte: Kolja unterm Nußbaum; und auch mit eigenen Ohren gehört, – Koljas Reden: genau so wirst du kommen.
    Susanna folgte ihm mit den Augen. Er blieb stehen. Sie sagte:
    Ich werde verrückt, – wenn du mir nicht glaubst! Ich weiß es nicht, – ich sterbe!
    Fini, die eben an das Haus kam, wich draußen vor der Tür zurück. Da war Streit innen – wieso Streit? Sie horchte. Fini hatte ihr Lebtag gern gehorcht, das gehörte zu treuen Diensten, und es gab nur eine Sache, die ihr noch tiefere Genugtuung verschaffte: wenn sie es bewirken oder auch nur abdecken konnte, daß ein Mann und eine Frau zusammenkamen.
    Nun aber mußte sie hören, daß in ihrer Stube diese zwei Menschen nicht zusammen- sondern auseinanderkamen. Der Mann schrie: Wie soll ich dir glauben, du bist nicht jemand, dem man glaubt! Die

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