Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
Vom Netzwerk:
hatte einen anderen Mann bestellt, der seinen Hund auf ihn hetzte! und vielleicht hatte sie versteckt irgendwo zugesehen, wie das alles ging: der Mann, der ihm auflauerte, und der Hund, der auf ihn losfuhr.
    Kolja brauchte eine Zeitlang, bis sich in ihm diese Geschichte bildete; er blieb eine zweite Nacht in dem fremden Hause, trank, – und einen zweiten Tag, schlafend, und dann noch eine Nacht. Zu Anfang spielte er mit seinem Verdacht wie mit einem Hirngespinst, und das Gesicht Kosannas, das er bei geschlossenen Augen immer vor sich hatte, sagte ihm noch: nein, das habe ich nicht getan, Kolja, wie kannst du nur von mir glauben, daß ich das getan habe!
    Aber dieses andere, so antwortete er ihr dann in seiner einsamen fremden Kammer, dieses andere hast du doch getan, Kosanna, daß du weggelaufen bist, du hast mich betrogen!
    Da konnte ihm das Gesicht nichts erwidern, und allmählich begann Kolja, weil er doch wieder Kolja mit der Flasche war, der Stumme, Wilde, auch zu glauben, daß sie ihn verraten habe, ausgeliefert, ihm den Hund hergehetzt.
    Dann fiel ihm ein: er konnte doch auch den Mann suchen, der zu dem Hund gehörte; wenn irgendwo ein Hund plötzlich fehlte, das sprach sich doch herum unter den Leuten. Die konnten sagen, ja, ein Hund, dort geht einer ab, – und vielleicht konnte ihm sogar Bemelman sagen, wem der Hund gehört hatte, und er konnte den Mann herausfinden, und ob es Verrat gewesen war oder bloß Zufall.
    So ging er auf die Suche: nach Kosanna und nach dem Mann; aber einstweilen schwieg er.
    Auch Axel schwieg. Er war gegen Mitternacht erst in die Mühle gekommen, nun saß er am Vormittag auf der Bank vor den Sonnenblumen und starrte in das grünfließende Wasser und hörte hinten im Haus die Mahlsteine mahlen. Und so wie dieses Mahlen nicht aufhörte, wurde er mit seinen Gedanken nicht fertig.
    Susanna und Kolja – er war mit dumpfem Vorsatz darauf aus gewesen, die beiden zu ertappen da oben. Gut, die eine Gewißheit hatte er erhalten, daß sie nicht zusammen gewesen waren in dieser Nacht. Dann hatte also Fini die Wahrheit gesagt, Susanna war bei dem Kapitän gewesen. Aber das hatte er gesehen: wenn sie auch nicht erschienen war zu ihrem Stelldichein mit diesem weißgesichtigen Reiter, sie hatten es doch verabredet, und versprochen hatte sie es ihm in der vorhergehenden Nacht, und wie es zu diesem Versprechen gekommen war, darüber gab es doch keinen Zweifel. Das hatte ihm ja Kolja dargestellt, als er in die leere dunkle Luft gejammert hatte: ich komme so wieder, und: Kosanna, hier warst du!
    Auch Axel dachte: sicher wird dieser Kolja nachspüren, wem der Hund gehört hat, und ich bekomme zuletzt noch Schwierigkeiten mit den Soldaten. Das kann ich mir nicht leisten, nein, ich muß es so einrichten, daß ich in diese Geschichte mit der Hexe nicht verwickelt werde.
    Als der Müller heraustrat und ihm auffiel, daß der Hund nicht wie sonst neben der Hausbank lag, sagte Axel: Ja, die Hexe ist mir durchgebrannt, ich habe Verdacht, daß sie wildert. Haben Sie nie etwas bemerkt?
    Wildert? sagte der Müller, mir ist nichts aufgefallen. Sie ist doch tadellos abgerichtet, die Hexe, ein tadelloser Hund für die ordentliche Jagd!
    Ja, ordentliche Jagd, sagte Axel, das hat es einmal gegeben. Jetzt verlernen auch die besten Jagdhunde ihre Erziehung. Gestern jedenfalls war sie auf einmal weg.
    Wohin weg?
    Ja, in Richtung Bemelmanhof. Und ich mache mir schon Sorgen, daß da einfach einer sie abgeknallt hat. Sie wissen doch, wie das heute ist.
    Ja, bei diesen Zeiten, sagte der Müller, möglich wäre es; und er jammerte ein wenig über die allgemeinen Zustände.
    Axel konnte das Wort von „diesen Zeiten“ gerade ausnützen, um sich abzudecken. Höchst einfach: die Hexe hatte gewildert und war dabei erschossen worden.
    Er dachte nach, wie er diese Auslegung unter der Hand auch dem Bemelman beibringen könnte. Das war nicht einfach, aber Bemelman war kein Held und hatte am Ende lieber einmal nichts gesehen, als daß er sich Schwierigkeiten bereitete.
    Einstweilen war Axel sicher, daß der Müller überall die Geschichte von dem entlaufenen Hund vorbringen würde. Er selber brauchte es gar nicht zu tun. Er konnte zuhause bleiben, das mußte er tun aus Vorsicht, es war besser, wenn er jetzt niemand begegnete. Er saß allein und still, und wenn ihm auch nicht alles so fremd vorkam wie Kolja – er hatte das grünfließende Wasser und die grüne Schattenwand des Waldes am gegenüberliegenden Ufer – so beruhigte

Weitere Kostenlose Bücher