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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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lächelte – blaue Augen und rote Wangen – übers ganze Gesicht. »Ich bin sicher, du wirst es mir erzählen.«
    »Meinst du, die Sozialarbeiterin würde rausfinden, wo meine Mum jetzt ist?«
    Das Licht in ihren Augen erlosch.
    »Liebling, du weißt doch, was sie gesagt haben. Achtzehn, dann kannst du Kontakt haben, wenn du es noch möchtest. Ich weiß, es ist hart, aber das ist das Gesetz, und dem müssen wir uns fügen. Versuche bloß mal, es zu umgehen.«
    »Ich kann, ich bin, ich wollte nur … ich wollte ihr vielleicht die neuen Ziegen zeigen und mein Zimmer, jetzt, wo’s fertig ist. Ihr würde es gefallen. Ich wollte nur mal mit ihr reden …«
    Minnie seufzte. Ihre Brüste hoben sich vom Tisch in die Höhe und sanken wieder zurück. »Danny, sieh mich an.«
    »Was?«, sagte er und blickte zu ihr auf, den Mund voller Toast. Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Du darfst nicht wieder weglaufen, hörst du?« Sie legte eine Hand auf ihr Herz. »Ich halte es einfach nicht noch mal aus, Liebling.«
    »Ich werde nicht weglaufen. Ich wollte ihr nur von den neuen Ziegen erzählen.« Er sah weg und aß seinen Toast auf, wobei er zu viel in seinen Mund steckte und ihr verstohlen einen Blick zuwarf. Sie saß da und betrachtete ihn, ihre Hände im Schoß.
    Daniel schaute zur Seite. »Ich dachte, es wäre schön, wenn sie herkäme und bei uns wohnte«, sagte er. In dem Moment, als er es laut aussprach, erschien es ihm unmöglich, dumm, trotzdem drehte er sich um, um ihre Reaktion zu beobachten.
    »Du weißt, dass das nicht geht, Danny«, sagte sie sehr leise.
    Er nickte und spürte einen Schmerz im Rachen. »Ich weiß halt, dass es ihr hier gefallen würde. Man muss sich um sie kümmern, und hier könnte ich mich um sie kümmern.«
    Daniel fühlte ihre schwere Hand in seiner. »Du musst dir darüber klarwerden, dass es nicht deine Aufgabe ist, dich um deine Mutter zu kümmern. Es ist meine Aufgabe, mich um dich zu kümmern.«
    Daniel nickte. Er fühlte ein Stechen in der Nase und wusste, er würde weinen, wenn er wieder etwas sagte. Er wollte Minnie nicht wehtun. Er liebte sie und wollte bei ihr bleiben. Er wollte ihr nur begreiflich machen, dass auch seine Mum herkommen und bei ihnen wohnen sollte. Dann wäre alles perfekt.
    »Ich werde nicht weglaufen«, brachte er heraus. »Ich möchte bloß mit ihr reden. Ich möchte ihr von der Farm und so erzählen.« Er wischte mit seinen Fingern über sein linkes Auge. »Ich möchte bloß mit ihr reden.«
    »Ich verstehe, Liebling«, sagte sie. »Ich werde mit ihnen sprechen. Ich werde sehen, ob sie mir eine Telefonnummer oder so was geben.«
    »Willst du das wirklich?« Er beugte sich vor und lächelte erleichtert, aber sie sah ihn finster an.
    Sie nickte.
    »Versprichst du’s?«
    »Ich hab doch gesagt, ich tu’s.«
    »Meinst du, sie sagen’s dir?«
    »Ich kann nur fragen.«
    Daniel lächelte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Minnie räumte ab, stellte die Butter und die Marmelade weg und wischte die Hälfte des Küchentischs ab, an der sie gegessen hatten – auf der anderen Hälfte türmten sich Bücher, Hundekuchen und alte Zeitungen. Daniel fühlte, wie sich vom Magen bis hinauf zu seinen Rippen eine Wärme in ihm ausbreitete. Sie machte ihm Mut, und er richtete sich gerade auf und hob die Schultern.
    Später in der Woche zuckelte Daniel gemächlich nach Hause. Er fand eine Blechdose und dribbelte mit ihr ein paar hundert Meter, seinen Schulschlips hatte er gelockert, das Hemd hing ihm heraus, und seine Schultasche baumelte von seinen Schultern herunter. Die Luft war durchsetzt vom Geruch nach frisch gemähtem Gras. Daniel hörte seinen Atem und spürte den Schweiß, der sich an seinem Haaransatz bildete, als er die Dose mit seinen schlammverschmierten Schulschuhen vor sich hertrieb. Er genoss den Schwung und die Kraft in seinen Muskeln und Gelenken und die warme Sonne auf seinen Unterarmen und seinem Gesicht. Er war glücklich, glücklich, hier zu sein und nach Hause zu Minnie zu laufen.
    Nach Hause. Er trat heftig nach der Dose, und sie flog in einem glitzernden, sonnenfunkelnden Bogen mindestens zehn Meter weit, ehe sie lautlos ins hohe Gras fiel. Nach Hause. Daniel fand sie und trat wieder nach ihr. Sie flog hoch, und er wartete darauf, dass sie herunterkam, bevor er sie seitlich mit dem Fuß erwischte und erneut hinauf in die Luft schickte und den Hügel hinab in Richtung Flynn Farm und Minnie, die Sandwiches mit Bananenmus gemacht haben würde, die auf

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