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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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um seine weinende Frau zu trösten oder ihr ein Taschentuch zu geben, als sie auf der Suche nach einem Papiertaschentuch ihre Handtasche aufmachte. Nur seine Augen widersprachen seinem Schmerz: Rastlos suchte Mr. Stokes den Gerichtssaal ab, jede Ecke, jedes Gesicht, als fragte er stumm: Warum?
    »Wollen sie einen Film zeigen?«, fragte Sebastian.
    »Nein, sie zeigen ein paar Fotos von …« Daniel verkniff sich zu sagen: der Leiche , da er sich an Sebastians Faszination erinnerte. »Die Anwälte der Gegenseite werden von einigen Experten erläutern lassen, was ihrer Meinung nach mit dem Opfer geschah. Ich nehme an, sie werden auf dem Bildschirm auf einige Dinge hinweisen wollen …«
    Sebastian lächelte und nickte, steckte die Kappe auf seinen Kugelschreiber und faltete die Hände. Es war, als würde gleich eine Show beginnen.
    Der Nachmittag begann mit Polizeiaussagen: Fotos von der Kinderleiche, auf dem Rücken liegend, Arme an der Seite. Sergeant Turner, der Sebastian vernommen hatte, trat in den Zeugenstand. Videoaufnahmen von Sebastians Befragung wurden gezeigt – auf denen er sich weigerte zuzugeben, dass er Ben auf irgendeine Weise verletzt hätte. Den ganzen Rest des Nachmittags befragte Jones Sergeant Turner, während er Videomaterial von Sebastian vorspielte, worin er über das Blut an seiner Kleidung sprach und in Tränen ausbrach. Jones verweilte auch des Längeren bei Sebastians herausforderndem Benehmen bei der Befragung und seinen logischen Erklärungen für die kriminaltechnischen Indizien, die an ihm gefunden wurden. Die Geschworenen sollten den Eindruck bekommen, dass Sebastian weit über sein Alter hinaus clever und berechnend sei.
    Erst am nächsten Morgen konnte Irene den Polizeisergeant regelrecht verhören. Das Gericht wirkte ernster und stiller als sonst, als seien alle noch vom Anblick des kleinen Jungen vom Tag zuvor schockiert, der im Polizeigewahrsam schluchzte. Er hatte auf den Videoaufnahmen so klein ausgesehen.
    »Sergeant, ist es in Ordnung, wenn ich Ihnen ein paar Fragen zu Mr. Rankines Aussage stelle?«, begann Irene.
    »Natürlich«, sagte der Sergeant. In der hellen Beleuchtung des Gerichtssaals erschien sein Gesicht rot, geradezu wütend, aber er lächelte Irene an.
    »Von dem Pathologen haben wir gehört, dass das Opfer jederzeit am Nachmittag des achten August attackiert worden sein kann … um vier, fünf, ja eher gegen sechs Uhr. Mr. Rankine hat ausgesagt, dass er eine Person in einem hellblauen oder weißen Hemd gesehen hat, die das Opfer am Nachmittag etwa um halb vier oder vier angegriffen zu haben scheint. Was haben Sie getan, um die Identität dieses Angreifers in Weiß festzustellen?«
    »Ein weißes Hemd, das dem Angeklagten gehört, ist als Beweismittel vorgelegt worden. Der Zeuge schien sich sicher, dass er einen Jungen gesehen hat, auf den die Beschreibung des Angeklagten passt, und zwar früher an jenem Tag – was der Angeklagte zugibt – und dann auch später.«
    »Ich verstehe«, sagte Irene, drehte sich um und hob die Hand zu den Geschworenen. »Aber natürlich!« Sie drehte sich wieder zu dem Sergeant um. »Ihr Beschuldigter trug ein weißes Hemd und gibt zu, sich etwa um zwei Uhr mit dem Opfer gekabbelt zu haben. Für Sie kein Grund, weiter noch irgendetwas zu tun. Kein Grund nachzuforschen, ob es einen anderen Angreifer gab oder nicht, möglicherweise einen Erwachsenen in einem hellblauen Hemd …«
    »Miss Clarke«, sagte Baron wieder mit einem verkniffenen Lächeln, »haben Sie die Absicht, dem Zeugen eine Frage zu stellen?«
    »Ja, Euer Ehren. Sergeant, gelangte der Zeuge zu der Gewissheit, ein Kind in einem weißen Hemd gesehen zu haben, weil Ihre Kollegen andeuteten, dass Sie jemanden, auf den diese Beschreibung passte, in Verwahrung hätten?«
    »Gewiss nicht!«
    »Miss Clarke, ich hätte von einer jungen Kronanwältin etwas Besseres erwartet«, tadelte der Richter.
    Daniel blickte zu Irene hinüber, aber sie war nicht entmutigt. Sie hielt ihr Kinn schräg, als sei sie herausgefordert worden.
    »Sergeant Turner«, fuhr sie fort, »Mr. Rankine hat in der Verhandlung eingeräumt, dass er tatsächlich einen Erwachsenen in einem blauen oder weißen Hemd gesehen haben könnte. Ohne Rücksicht darauf, ob der Angeklagte ein weißes Hemd besaß, können Sie uns sagen, was Sie getan haben, um dieser Beobachtung einer Person nachzugehen, die das Opfer am Spätnachmittag angegriffen hat, zu einer Zeit, für die mein Mandant ein Alibi hat?«
    »Wir haben Bänder

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