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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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gefunden hat, und nicht eines von den Kindern.«
    »In der Tat. Als der kleine Junge identifiziert wurde, erkannten Sie ihn da wieder?«
    »Nein. Er war kein Stammgast auf dem Spielplatz.«
    »Danke, Mr. Cairns.«
    Es trat die übliche Stille ein, als Gordon Jones sich Irene Clarke zuwandte. Daniel biss sich auf die Unterlippe, während er auf ihre Fragen wartete. Er sah, wie sie ihre Notizen zurate zog, bemerkte die Sehne, die sich an ihrem langen Hals abzeichnete.
    Jones wirkte mit sich zufrieden. Mit dem Versuch zu zeigen, dass der Tatort für einen Erwachsenen unzugänglich sei, war er der Behauptung der Verteidigung zuvorgekommen, dass die Ben zugefügten Verletzungen eine Kraft erforderten, die man einem Kind nur schwer zuschreiben konnte.
    Irene stützte sich mit beiden Händen auf das Pult und lächelte Mr. Cairns mit geschlossenen Lippen an. Daniel bewunderte ihre Gelassenheit.
    »Mr. Cairns, Sie beschreiben den Bau, unter dem das Opfer gefunden wurde, als ein Holzhaus. Könnten Sie uns bitte ein wenig mehr darüber erzählen?«
    »Ja, es ist eine kleine Hütte oder ein Häuschen, das auf Stelzen über dem Boden steht … Man könnte es vielleicht ein Baumhaus nennen … es steht jedoch nur ein paar Fuß über dem Erdboden. Aber es ist von Bäumen umgeben, und so vermittelt es den Kindern dieses Gefühl. Ich vermute, das ist die Idee.«
    »Ist dieser Teil des Spielplatzes bei Kindern zum Spielen beliebt?«
    »Na ja, manchmal spielen sie ja da, aber ich würde nicht sagen, der Teil ist beliebt, nein. Weil er so zugewachsen ist, ist er für manche Kinder ein bisschen zu wild. Ziemlich oft gibt es dort Insekten und Brennnesseln und so weiter …«
    »Meine Güte, das scheint mir ein schwierig zu erreichender Teil zu sein, selbst wenn man ein Kind wäre?«
    »In gewissem Grad. Man muss Äste zur Seite biegen, vielleicht sich ein bisschen schmutzig machen. Den meisten Kindern ist das aber egal.«
    »Sie würden also sagen, Sie brauchten, was … zehn Minuten, um zu dem Baumhaus und der Leiche des Opfers zu gelangen?«
    »Nein, weniger als eine Minute.«
    »Weniger als eine Minute? Für einen ausgewachsenen Mann, um sich durch all dieses Gestrüpp zu kämpfen?«
    »Ja, das würde ich sagen.«
    »Es ist also nicht so , dass dieser Teil des Parks nur Kindern zugänglich ist?«
    »Nein, das konnten wir nicht machen. Wir beaufsichtigen alle Spiele, deshalb müssen wir in alle Winkel gelangen können, falls Kinder in Schwierigkeiten sind.«
    »Könnte es sogar so sein, dass einige Kinder Schwierigkeiten hätten, zu dem Haus zu gelangen, wenn ihnen vielleicht die Kraft fehlte, die Äste zurückzubiegen?«
    »Hm, ja, das könnte der Fall sein, aber die meisten Kinder kriechen einfach unter den Bäumen durch. Ein Erwachsener müsste die Bäume zur Seite biegen.«
    »Danke, Mr. Cairns, keine weiteren Fragen.«
    Nach der Pause bemerkte Daniel, dass Kenneth Croll sich auf seinem Stuhl ganz nach hinten zurückgezogen hatte und Sebastian wütend anstarrte. Der Junge drehte sich von seinem Vater weg und blickte auf den Tisch, als schämte er sich. In einer der Zeitungen, die im Gemeinschaftsraum liegen geblieben waren, hatte Daniel ein Wort-Suchrätsel gefunden. Er legte es vor Sebastian hin, dann drehte er sich um und nickte Croll zu.
    Sebastian senkte den Kopf, nahm die Kappe von seinem Kugelschreiber und begann eifrig, die Wörter zu umkringeln. Daniel betrachtete den zarten Hals des Jungen: den Nacken mit seinen spitz zulaufenden Babyhaaren. Er hatte erwachsene Männer bei ihren Prozessen weinen sehen und fragte sich, welche Kraft es Sebastian erlaubte, diese Konzentration und Gelassenheit beizubehalten.
    Die Bildschirme wurden überprüft. Madeline Stokes war in Tränen aufgelöst. Ihr Gesicht war weiß und verzerrt, und Daniel musste wegschauen. Er hatte gesehen, dass ihr Familien-Vertrauensmann ihnen während der Pause etwas erklärt hatte. Mr. Stokes hatte mit finsterem Gesicht genickt. Daniel konnte sich denken, was ihnen gesagt wurde. Der Pathologe, Polizeizeugen und Kriminaltechniker waren die nächsten, die aufgerufen wurden. Der Anwalt hatte ihnen wahrscheinlich erklärt, dass die Fotos von der Leiche allesamt nötig wären und dass sie projiziert werden müssten, um Einzelheiten hervorzuheben, aber dass die Eltern nicht im Saal bleiben müssten. Wahrscheinlich hatte Mr. Stokes seinen Sohn identifiziert: mittels eines Muttermals an einer Schulter oder an der Form von Bens Füßen.
    Jetzt drehte er sich nicht herum,

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