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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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du Ben Stokes auf dem Spielplatz mit einem Backstein ins Gesicht geschlagen?«
    »Nein, Sir.«
    »Hast du ihn ins Gesicht geschlagen, sodass seine Augenhöhle brach, und ihm eine schwere Kopfverletzung beigebracht, die zu seinem Tode führte?«
    »Nein, Sir.« Sebastians Stimme war jetzt lauter, eindringlich. Seine Augen waren weit geöffnet und rund.
    »Ich denke, du bist ein Lügner . Gibst du zu, dass du die Polizei belogen hast?«
    »Ich war durcheinander. Ich habe nicht gelogen.«
    »Und du belügst uns jetzt, nicht wahr?«
    »Nein, Sir, nein «, sagte Sebastian. Sein Kopf senkte sich. Eine winzige Hand bedeckte sein Gesicht. Er schob sich den Knöchel seines Zeigefingers ins Auge, als wollte er eine Träne aufhalten.
    Das Gericht lauschte einige Augenblicke dem Schniefen des Jungen, bis der Richter sich an die Sozialarbeiterin wandte, die neben Sebastian saß, und fragte, ob eine Pause nötig sei.
    Daniel sah, wie die Sozialarbeiterin sich zu Sebastian hinüberbeugte, ihr Gesicht dicht an seinem. Sebastian schüttelte den Kopf und rückte von ihr weg.
    Jones machte weiter. Er blätterte in seinem Ordner, und Daniel überlegte, ob er wohl noch mehr Polizeiprotokolle beibringen würde.
    Er machte eine Pause, die länger als nötig erschien. Jones war ein Schauspieler: selbstsicher hielt er den Moment so lange wie möglich im Scheinwerferlicht, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    »Bist du ein kluger Junge, Sebastian?«
    »Ich glaube.«
    »Glauben das viele Leute?«
    »Vielleicht.«
    »Sind deine Lehrer dieser Meinung.«
    »Ich nehme es an.«
    »Deine Eltern?«
    »Ja.«
    »Ich glaube auch, dass du klug bist, Sebastian. Ich denke, du bist ein sehr kluger kleiner Junge …«
    Auf das Lob hin lächelte Sebastian mit geschlossenem Mund.
    »Du verstehst sehr gut, was heute hier vor Gericht geschieht, nicht wahr?« Jones’ Stimme war unheilvoll. »Du verstehst den Doktor, der über Benjamin Stokes’ Verletzungen und über das Blut und die DNA spricht, die an deinen Kleidern gefunden wurde, nicht wahr?«
    Sebastian nickte vorsichtig, dann sagte er: »Ja.«
    »Guckst du fern, Sebastian?«
    »Ja.«
    »Jeden Tag?«
    »Fast jeden Tag, ja.«
    »Wie viele Stunden guckst du jeden Tag fern?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht zwei oder drei.«
    »Welche Sendungen siehst du denn gern?«
    »Die meisten.«
    »Siehst du gern Polizeidramen?«
    »Manchmal.«
    »Krimis, wo man versucht, den Mörder zu finden?«
    »Manchmal.«
    »Ich verstehe. Bist du an Morden interessiert, Sebastian?«
    »Alle Leute sind an Morden interessiert«, sagte Sebastian.
    Daniel hielt den Atem an.
    »Ich meine, es gibt eine Menge Fernsehsendungen darüber. Es gäbe nicht so viele, wenn die Leute daran nicht interessiert wären.«
    Daniel atmete aus.
    »Hast du neulich den Doktor gehört, der gesagt hat, du hättest ein ungesundes Interesse … ja, eine morbide Neugier … hinsichtlich Blut, Tod und Verletzungen?«
    Jones sprach jedes dieser Wörter langsam aus, mit Freude an dem Drama, als ihre Vokale wie Knüppel auf den Saal niederfuhren.
    »Ja, das habe ich gehört, aber ich denke, er weiß nichts über mich. Er hat sich nur zweimal mit mir getroffen. Er hat keine Ahnung, woran ich interessiert bin oder was ich mag oder nicht mag oder so.«
    »Ich verstehe«, sagte Jones fast zu sich selbst. »Der Sachverständige hat keine Ahnung … aber er äußerte sich zu der früheren Diagnose, dass du das Asperger-Syndrom hast. Hast du Asperger, Sebastian?«
    »Nein!« Ein mürrischer Ausdruck erschien auf dem Gesicht des kleinen Jungen. Die grünen Augen verfinsterten sich, und die Augenbrauen zogen sich zusammen.
    »Weißt du denn, was Asperger ist?«
    Sebastian saß stumm da und blickte finster drein, als Irene aufsprang. »Euer Ehren, mit Ihrer Erlaubnis, der Sachverständige hat ausgesagt, dass Sebastian nicht das Asperger-Syndrom hat, wie früher diagnostiziert.«
    Baron zuckte die Achseln und zog die Mundwinkel nach unten. »Ja, Mr. Jones, wenn Sie umformulieren könnten.«
    »Dann frage ich dich, Sebastian, ist es wahr, dass du keine Freunde hast?«
    »Aber ich habe Freunde.«
    »Ich verstehe. Nicht nach Meinung deiner Lehrer. Wer sind denn deine Freunde … Ben Stokes?«
    »Ich habe Freunde.«
    »Ich verstehe. Wir haben hier deine Schulakten. Darin steht, dass du ein Rowdy bist; dass niemand dein Freund sein will, weil du gemein zu ihnen bist.«
    »Das ist nicht wahr .«
    Sebastian spie leise, aber entschiedene Wut in die Worte.
    Leise murmelte

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