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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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möchte das ausgeatmete Blut an seinem Hemd erklären. Daniel fragte sich auch, ob der Junge nicht die anderen Zeugen kopierte, die ihr Bedauern ausgedrückt hatten, an jenem Tag nichts getan zu haben – zum Beispiel Rankine.
    »Ich wusste ja nicht, dass ihm jemand wehtun würde. Wenn wir uns vertragen hätten und zusammen nach Hause gegangen wären, wäre er vielleicht noch okay.«
    Wieder blickte Sebastian direkt in die Kamera. Daniel hielt den Atem an. Das schwache Lächeln war verschwunden, und die grünen Augen schienen voller Tränen zu stehen.
    »Und wie spät war es, als du Ben auf dem Spielplatz zurückgelassen hast und nach Hause gegangen bist?«
    »Ich war ungefähr um drei Uhr zu Hause.«
    »Danke, Sebastian«, sagte Irene.
    Als sie ihren Platz einnahm, warf sie Mark, ihrem Referendar, der hinter ihr saß, einen beruhigenden Blick zu, dann sah sie Daniel mit hochgezogener Augenbraue an.
    Nach der Pause erhob sich Gordon Jones, um Sebastian zu befragen. Das schwache Lächeln des Jungen kehrte zurück. Daniel beugte sich wie erstarrt vor.
    »Sebastian, hast du die Mitschnitte der Polizei gehört, die zuvor hier vorgespielt worden sind – Aufnahmen von deinen Befragungen, als du im Polizeigewahrsam warst?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich lese jetzt aus deiner Aussage vor: Wir gingen zum Abenteuerspielplatz und kletterten zu den höchsten Stellen hoch, aber dann musste ich nach Hause. Ich dachte, ich müsste nach meiner Mum sehen, sehen, ob sie eine Kopfmassage brauchte. Erinnerst du dich, das der Polizei gesagt zu haben?«
    Auf dem großen Bildschirm sah man Sebastian unerschrocken nicken.
    »Sebastian?«, unterbrach Richter Baron erneut. »Ich weiß, es ist für dich vielleicht merkwürdig, im … Fernsehen zu sein, sozusagen … aber wenn du deine Antworten formulieren könntest, wäre es für uns eine große Hilfe. Damit meine ich …«
    »Ist okay, hab schon verstanden. Ich darf nicht nicken, sondern muss Ja sagen.«
    »Das ist korrekt«, sagte Baron. Der Richter setzte ein kleines, verknittertes, anerkennendes Lächeln auf, das er seinen Notizen schenkte.
    »Du erinnerst dich, diese Aussage vor der Polizei gemacht zu haben, Sebastian?«, half ihm Jones weiter.
    »Ja.«
    »Und erst später, als die Polizei dir mitteilte, dass man Ben Stokes’ Blut an deinen Kleidern und Schuhen gefunden hätte, und dir außerdem mitteilte, dass es ausgeatmetes Blut sei, da hast du deine Geschichte geändert, um den Sturz und das Nasenbluten einzubauen. Ist das korrekt?«
    »Ich hatte große Angst auf dem Polizeirevier«, sagte Sebastian. Seine Augen waren riesig, und Daniel schaute in sie hinein. »Sie haben mir alle meine Kleider weggenommen und mich in einen weißen Papieranzug gesteckt … Sie sagten, ich darf meine Mum nicht sehen – sie würden ihr nicht sagen, sie sollte wiederkommen –, bis ich nicht alle ihre Fragen beantwortet hätte. Ich kam völlig durcheinander. Ich hatte einfach richtig Angst.« Wieder schienen sich die vergrößerten Augen mit Tränen zu füllen.
    Daniel lächelte wieder in sich hinein. Er hatte großes Vertrauen, dass Sebastian über Gordon Jones siegen würde. Die Pfeile der Beschuldigungen würden ihn verwunden, sie würden ihn aber nicht zur Strecke bringen. Sebastian hatte sich an Daniels Zorn erinnert, als die Kriminalbeamten zögerten, seine Mutter in das Befragungszimmer zu bringen, und er benutzte ihn nun vor Gericht zu seinen Gunsten. Schaden war von Baird, dem Psychologen, angerichtet worden, den die Staatsanwaltschaft umgedreht hatte, aber Sebastian drehte nun seinen eigenen Fall um. Daniel hatte Erwachsene verteidigt, denen die Gewandtheit des Jungen abging.
    »Verängstigt oder nicht, aber du räumst doch ein, dass du der Polizei erst eine Geschichte erzählt hast, und als du bemerktest, dass sie nicht stichhaltig ist, hast du sie abgeändert … Du hast gelogen . Stimmt das nicht, Sebastian?«
    »Ich denke, ich habe nicht wirklich gelogen. Ich war einfach verängstigt und verwirrt und habe einiges ein bisschen durcheinander gebracht und einige Dinge vergessen. Ich wollte nur wieder zu meiner Mum.«
    »Sebastian«, fuhr Gordon Jones fort, »Benjamin Stokes’ Blut wurde an deinem T-Shirt, deinen Jeans und Turnschuhen gefunden; deine Haut fand man unter Ben Stokes’ Fingernägeln und Fasern von deiner Jeans am Bund von Bens Hose, als wenn du – und ich bin sicher, du hast gehört, dass der Pathologe genau das andeutete – rittlings auf ihm gesessen hättest. Ich frage dich, hast

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