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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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Schulen. Er lauschte auf die Hühner draußen im Hof und auf die Tauben, die in den Dachrinnen gurrten. Er hatte wieder von seiner Mutter geträumt. Sie lag in der alten Wohnung auf der Couch, und er bekam sie nicht wach. Er rief einen Krankenwagen, aber der war noch nicht da, und deshalb versuchte er selbst, sie wach zu machen, indem er sie von Mund zu Mund beatmete, wie er es im Fernsehen gesehen hatte.
    Der Traum ähnelte einem Erlebnis, das Daniel wirklich gehabt hatte. Gary, der Freund seiner Mum, hatte ihn und seine Mum verprügelt, war dann abgehauen und hatte fast das ganze Geld und eine Flasche Wodka mitgenommen. Daniels Mutter hatte das, was ihr von ihrem Stempelgeld geblieben war, für einen Schuss ausgegeben, weil sie sagte, sie wollte sich besser fühlen. Als Daniel mitten in der Nacht aufwachte, hing sie mit halb offenen Augen von der Couch herunter. Daniel hatte sie nicht wecken können und einen Krankenwagen gerufen. Im wirklichen Leben kam der Krankenwagen schnell, und seine Mutter wurde wiederbelebt. Daniel war fünf gewesen.
    Immer wieder träumte er von ihr. Jedes Mal konnte er sie nicht retten.
    Daniel lag auf der Seite und griff in die Nachttischschublade. Seine Hände schlossen sich um das Ei, das inzwischen kalt wie ein Stein war. Er wärmte es in seiner Hand. Wieder langte er in die Schublade und suchte nach der billigen Goldkette, die sie um den Hals getragen und ihm eines Tages geschenkt hatte, als sie lieb war. Als sie lieb war.
    Die Kette war weg.
    Daniel setzte sich auf und zog die Schublade heraus. Das Ei legte er auf sein Kopfkissen, dann durchsuchte er die Schublade nach der Halskette. Er drehte sie auf den Kopf und schüttelte den Socken und die Kinderbücher, die Kugelschreiber und die von Briefumschlägen abgerissenen alten Briefmarken heraus, die von ihren anderen Kindern in der Schublade zurückgelassen worden waren. Die Halskette war nicht da.
    »Ich kann nicht in die Schule«, sagte er. Er hatte die Sachen an, die sie für ihn herausgelegt hatte: weißes Unterhemd und Unterhose, lange graue Hose und ein weißes Oberhemd. Er hatte das Hemd in aller Eile angezogen, und die Knöpfe waren falsch zugeknöpft. Er stand mit finsterer Miene und zu Berge stehenden Haaren vor ihr.
    Minnie war gerade dabei, ihm Porridge aufzutun und für sich selbst ein Aspirin in ein Glas zu geben.
    »’türlich kannst du, Liebling. Ich habe dir ein Lunchpaket gemacht.« Sie schob ihm eine Tüte mit Butterbroten zu.
    Er stand zitternd vor ihr, das Ei in seiner rechten Hand. Seine sauberen Socken wurden von dem Küchenfußboden schmierig und dreckig.
    »Hast du meine Halskette geklaut?« Er konnte es nur flüstern.
    Minnie sah ihn erstaunt an.
    »Sie lag mit dem Ei in meiner Schublade, und jetzt ist sie weg. Gib sie zurück, sofort.«
    Daniel schleuderte das Ei auf den Küchenfußboden, und es zerbarst mit einem Platsch, der Blitz hastig in seinen Hundekorb springen ließ.
    Minnie bückte sich und steckte die Sandwiches in seine Schultasche. Er riss ihr die Tüte weg und schleuderte sie quer über den Boden dem Ei hinterher. Sie stand sehr aufrecht da und hielt die gefalteten Händen vor sich.
    »Du musst zur Schule gehen. Wenn du den Schmetterling zurücklegst, lege ich die Halskette zurück.«
    »Ich hau deinen Scheiß-Schmetterling kaputt, wenn du mir nicht meine Halskette wiedergibst, du diebische alte Kuh.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu. Er dachte, er könnte vielleicht das Messer aus der Hosentasche hervorholen, aber ein Messer hatte ihr schon mal keine Angst gemacht. Er drehte sich um und rannte nach oben. Er hatte den Schmetterling unter seiner Matratze versteckt.
    »Hier«, sagte er und legte ihn auf die Arbeitsfläche. »Hier ist dein blöder Schmetterling, jetzt gib mir die Kette wieder.«
    Sie hatte seine Kette um den Hals. Er glaubte es einfach nicht. Sie nahm sie ab und reichte sie Daniel, dann steckte sie den Schmetterling in ihre Tasche.
    »Also, was haben wir daraus gelernt, Danny?«, fragte sie, als er wieder zu Atem kam.
    »Dass du eine fette diebische Schlampe bist.«
    »Ich denke, wir haben gelernt, dass wir beide kostbare Dinge besitzen. Wenn du meine respektierst, werde ich deine respektieren. Weißt du noch, wie du zur Schule kommst?«
    »Verpiss dich!«
    Er schlüpfte in seine Schuhe, knallte die Tür zu und schleifte seine Schultasche hinter sich her. Unterwegs trat er gegen die Nesseln und Pusteblumen, die dort wuchsen. Im Gehen hob er Steine auf und warf sie nach den Kühen,

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