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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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eine Rolle?«
    »Sie werden entschuldigen, aber Sie sehen aus, als hätten Sie gerade die Uni hinter sich.«
    »Ich bin Partner in meiner Kanzlei. Seit fast fünfzehn Jahren befasse ich mich mit Strafrecht.«
    Croll blinzelte ihm zu, um zu zeigen, dass er verstanden habe. Wieder tippte er mit der Karte auf den Tisch.
    »Wir erwarten die Papiere der Staatsanwaltschaft in den nächsten paar Tagen. Nach allem, was wir bisher wissen, stützt sich die Anklage auf das Blut, das an Sebastians Kleidung gefunden wurde, sowie auf den Zeugen, der angeblich die Jungen sich hat prügeln sehen, und zwar vor und nach dem Zeitpunkt, zu dem nach Charlottes Aussage Seb zu Hause war. Wir wissen, es werden auch Nachbarn und Lehrer als Zeugen aufgeboten … Aber die sind weniger wichtig. Wir haben auch mit der Tatsache zu tun, dass die Leiche auf dem Spielplatz gefunden wurde, auf dem Sebastian zugegebenermaßen am Tag des Mordes zusammen mit Ben war.«
    »Er ist elf Jahre alt«, dröhnte Croll. »Wo sollte er denn sonst hingehen als auf einen verdammten Spielplatz? Das ist doch ein Witz.«
    »Ich denke, es müssen überzeugende Argumente für die Verteidigung zusammengetragen werden. Der Großteil der Beweise beruht nur auf Indizien. Sie stützen sich auf die gerichtsmedizinischen Befunde, aber Sebastian hat eine stichhaltige Erklärung dafür, dass das Blut des Opfers an seiner Kleidung ist. Wir werden mehr wissen, wenn wir mit den Pathologen und Gerichtsmedizinern gesprochen haben, aber im Moment sieht es so aus, als hätten die Jungs sich geprügelt, und das Opfer bekam davon Nasenbluten, wovon Blut auf Sebastians Kleidung gekommen ist. Sebastian hat ein Alibi – Sie, Charlotte – ab drei an jenem Nachmittag, und dass die Jungen später gesehen wurden, ist zweifelhaft. Die Polizei hat von der Videoüberwachung keine Fotos, die ihre Argumente gegen ihn stützen. Es war ein blutiger Mord, aber Sebastian ist nicht blutverschmiert nach Hause gekommen. Er war nicht der Täter.«
    »Es ist alles nur ein Versehen, oder?«, brachte Charlotte mit brüchiger Stimme vor. »Sogar bei gerichtsmedizinischen Dingen macht die Polizei oft Fehler.«
    »Was weißt du denn schon?«, sagte Croll flüsternd. »Man dreht dem Land zwei Wochen den Rücken, und du lässt zu, dass er verhaftet wird. Ich denke, du hältst dich besser aus der Sache raus, nicht?«
    Charlotte stieß plötzlich ihren Atem aus und hob ihre zarten Schultern fast bis zu den Ohren. Auf Crolls Kritik hin errötete sie unter ihrem braunen Make-up. Daniel fing ihren Blick auf.
    »Daniel«, sagte Croll. Seine Stimme war so laut, dass Daniel sie geradezu auf dem Tisch vibrieren fühlte, auf den sie sich lehnten. »Sie haben gute Arbeit geleistet, und wir danken Ihnen, dass Sie sich so für die Sache eingesetzt haben. Danke für Ihre Hilfe auf dem Polizeirevier und dafür, dass Sie sich der Dinge so weit angenommen haben, aber ich habe selbst einige gute Kontakte. Ich denke, wir werden den Fall einem anderen Verteidigungsteam übertragen. Wir wollen keine Risiken eingehen. Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich bin der Meinung, wir müssen hier reinen Tisch machen. Ich glaube nicht, dass Sie die Erfahrung haben, die wir brauchen … Verstehen Sie?«
    Daniel öffnete den Mund, um zu sprechen. Er überlegte, ob er sagen sollte, dass Harvey, Hunter und Steele eine der führenden Londoner Anwaltskanzleien sei. Aber er sagte nichts. Er stand auf. »Es ist Ihre Entscheidung«, erwiderte er ruhig und versuchte zu lächeln. »Es ist allein Ihre Angelegenheit. Es ist Ihr Recht, sich das Ihnen passendste Verteidigungsteam auszusuchen. Viel Glück. Sie wissen, wo ich bin, falls Sie etwas benötigen.«
    Draußen auf der Straße zog Daniel sein Jackett aus, krempelte die Hemdärmel hoch und blinzelte in die Sonne. Seit Jahren war er nicht mehr gefeuert worden, und er versuchte, sich zu erinnern, ob das jemals so schnell geschehen war. Er fühlte sich durch Kenneth Crolls Entlassung gekränkt, aber er wusste nicht, ob es sein Stolz war oder die entgangene Chance, den Jungen zu verteidigen, was ihn schmerzte. Daniel stand auf der Straße und blickte zum Parklands House auf. Es war ein grausamer Name für ein Gefängnis.
    Er machte sich zum Bahnhof auf den Weg und sagte sich, dass der Fall schwierig gewesen wäre, vor allem wegen der Medienaufmerksamkeit, die er ohne Zweifel hervorrufen musste, aber in seinem Kopf schwirrte es. Es war schwer, einfach so davonzulaufen. Der Tag war still und

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