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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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die Copenhagen Street und die Barnsbury Road gerichtet, und nach sieben Uhr abends richteten sie ihre Objektive auf den Park. Daniel spulte rasch vorwärts auf Blitzlichtfotos des Parks, aber unbegleitete Kinder oder sonst jemand, der verdächtig erschien, waren nicht zu sehen.
    Es war nach ein Uhr morgens, als er aufhörte, sich Notizen zu Sebastians Verteidigung zu machen, und erst da klappte er den Deckel des Pappkartons auf, den ihm Minnie zurückgelassen hatte. Er enthielt, was er erwartet hatte: seine Schulfotos, Fotos von Picknicks am Strand in Tynemouth, Medaillen aus der Grundschule, Preise aus der Secondary School, Zeichnungen und Malereien, die er als Kind für sie gemacht hatte, und ein altes Adressenbüchlein von Minnie.
    Dann fand er das gerahmte Foto, das auf ihrem Kaminsims gestanden hatte und Minnie mit ihrer Tochter und ihrem Mann zeigte. Ihr Mann hielt das kleine Mädchen in den Ar men, und die Kleine machte Seifenblasen, die über Minnies Gesicht schwebten. Als Kind hatte Daniel dieses Foto wegen Minnies Jugend bestaunt. Es zeigte sie schlanker, mit kurzem dunk lem Haar und einem breiten weißen Lächeln. Er musste sich das Foto ganz genau ansehen, um ihre Gesichtszüge, wie er sie kannte, wiederzufinden.
    Auf dem Boden des Kartons stießen Daniels Finger auf etwas Kaltes, Hartes. Er trank sein Bier aus, während er den Gegenstand aus den Tiefen des Kartons hervorholte.
    Es war der Porzellanschmetterling, dessen Blau und Gelb leuchtender waren, als er sie in Erinnerung hatte. Er wirkte billig. Am Flügel war ein Stückchen abgeplatzt, aber sonst war er unbeschädigt. Daniel hielt ihn in seiner Hand.
    Er dachte darüber nach, wie sie diese Sachen eingesammelt und für ihn beiseitegelegt hatte, über ihre Krankheit und wie sie wohl in Erscheinung getreten war. Er stellte sich vor, wie sie die Krankenschwester bat, ihr zu helfen, sich in ihrem Krankenhausbett aufzusetzen, damit sie an ihn schreiben konnte. Er sah sie fast vor sich, wie sie bei der Anstrengung kleine Seufzer von sich gab, das Leuchten ihrer blauen Augen, während sie den Brief mit Mum unterschrieb. Damals hatte sie gewusst, dass sie sterben würde. Sie hatte gewusst, dass sie ihn nie wiedersehen würde.
    Er versuchte mühsam, sich an das letzte Mal zu erinnern, dass er mit ihr gesprochen hatte. In all diesen Jahren gab es nie einen Geburtstag oder ein Weihnachtsfest ohne ihre Karten und Anrufe. Letztes Weihnachten war er in Frankreich Ski laufen. Sie hatte zwei Nachrichten hinterlassen und eine Karte mit einem Zwanzigpfund-Scheck darin geschickt. Wie immer löschte er die Nachrichten, zerriss den Scheck und warf die Karte sofort in den Papierkorb. Jetzt fühlte er Gewissensbisse wegen der Aggressivität seiner Handlungen.
    Es konnte an seinem Geburtstag im April gewesen sein, dass er das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte. Er war in Eile gewesen; sonst hätte er hingeguckt und ihre Nummer gesehen, ehe er den Hörer abnahm. Er war spät von der Arbeit nach Hause gekommen und kam jetzt zu spät zum Abendessen.
    »Ich bin’s, Liebling«, hatte sie gesagt. Immer sprach sie mit derselben Vertraulichkeit, als hätten sie sich erst letzte Woche gesehen. »Ich wollte dir nur einen schönen Geburtstag wünschen.«
    »Danke«, hatte er gesagt, und der Muskel in seinem Kiefer zuckte. »Ich kann jetzt nicht reden, ich bin gerade im Weggehen.«
    »Natürlich. Irgendwohin, wo’s nett ist, hoffe ich.«
    »Nein, es geht um die Arbeit.«
    »Oh, ich verstehe. Und wie geht’s mit der Arbeit? Macht sie dir noch Spaß?«
    »Hör mal, wann willst du endlich damit aufhören?«, hatte er geschrien. Sie hatte nichts gesagt. »Ich will nicht mit dir reden.«
    Daniel erinnerte sich, dass er auf eine Reaktion gewartet hatte, ehe er auflegte. Da hatte sie möglicherweise schon von ihrem Krebs gewusst. Er hatte aufgelegt, aber dann den ganzen Rest der Nacht mit vor Zorn verkrampftem Magen über sie nachgedacht. Oder war es das schlechte Gewissen gewesen?
    Die Musik von der Trauerfeier klang noch immer in seinem Innern. Er erinnerte sich an Harriets vorwurfsvolle Worte, als wenn es sein Fehler gewesen wäre, als wenn Minnie schuldlos wäre. Daniel bezweifelte, dass sie Harriet von ihrer Tat erzählt hatte. Harriet hielt ihn für undankbar, aber er war derjenige, dem Unrecht geschehen war.
    Jetzt hielt Daniel den Schmetterling in die Höhe und sah ihn sich an. Er erinnerte sich, wie er das erste Mal in Minnies Küche gestanden und ihr ein Messer vors Gesicht

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