Der Schuss nebenan Kommissar Morry
Schweigen!"
Hoogan schien gar nicht zu hören. Er starrte Kingsley ins Gesicht, aber sein Blick war seltsam leer, als nähme er nichts in sich auf.
Kingsley ließ sich nicht davon beeindrucken. „Hunderttausend!" wiederholte er.
„Du weißt nicht alles", sagte Hoogan plötzlich leise. „Ich habe auch Mabel auf dem Gewissen. "
In dem Raum war es ganz still. Sekunden verstrichen, dann fuhr Hoogan fort: „Ich glaube, daß es keine andere Möglichkeit gab. Ich habe mich bemüht, die Dinge so zu arrangieren, daß man Bramsey verdächtigen muß, aber ich bin nicht sicher, ob mein Coup gelingt." Er befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. „Ich sage dir das nur, um dir klarzumachen, daß ein Mensch, der soweit gegangen ist wie ich, keine Lust hat, vor einem so schäbigen Subjekt wie du es bist, zu kapitulieren. Wenn du klug bist, siehst du das ein."
„Hunderttausend!" wiederholte Kingsley mit leiser, aber unerbittlicher Stimme.
„Du machst es mir schwer."
„Ich habe nicht zuviel verlangt, denn auch du weißt nicht alles", sagte Kingsley mit zuckenden Lippen. „Als du Rodrigez überwältigtest, war ich im Zimmer nebenan.“
„Das ist nicht wahr!"
„Doch. Ich habe die Polizei bemogelt. Mir lag nichts daran, dich zu vernichten."
„Klar!" höhnte Hoogan. „Was hättest du denn auch von meiner Verhaftung gehabt? Nur eine Menge Scherereien! So aber konntest du mich erpressen."
„Stimmt genau", meinte Kingsley, der sehr blaß aussah. „Ich hörte den Schuß nebenan. In mir siehst du den einzigen Tatzeugen. Ich wußte, was das bedeutet. Ich ahnte, daß du es mir nicht leicht machen würdest, das Schweigegeld einzutreiben. Ich rechnete sogar mit dem Schlimmsten. Um mich dagegen abzusichern, hinterlegte ich gestern bei einem Notar ein Testament. Wenn mir etwas zustoßen sollte, geht es an die Polizei. Du wirst dir denken können, was darin steht."
Jetzt war es Hoogan, der blaß aussah. Auf seiner Stirn standen winzige Schweißperlen.
„Wir haben uns verkracht", sagte er. „Mir sind die Nerven durchgegangen. Das mußt du doch verstehen! Und nun kommst du daher und ich muß erkennen, daß meine Position keineswegs so sicher ist, wie ich glaubte. Wie hättest du wohl an meiner Stelle gehandelt?"
„Die Redereien führen zu nichts", meinte Kingsley und stieß sich von der Wand ab. „Ich gebe dir Zeit bis heute Abend; wenn ich bis dahin die Hunderttausend nicht habe, sehe ich mich gezwungen, die Polizei zu informieren!"
Hoogan zuckte zusammen. „Du willst mir bloß Angst einjagen."
„Ich meine, was ich sage!"
„Was hättest du davon, wenn ich verhaftet werde?"
Kingsley lächelte spöttisch und grausam. „Na, rate mal! Was denn wohl? Genugtuung!"
„Dafür bist du bereit, ein Vermögen zu opfern?"
„Ich habe auch ohne dein Geld einiges auf die hohe Kante zu legen vermocht."
„Mensch, Kingsley, das ist doch Wahnsinn. Wir kommen bestimmt zu einer Einigung."
„Ich finde, die Einigung ist schon erreicht. Du zahlst mir bis heute Abend den geforderten Betrag. Sagen wir bis neun Uhr. Falls ich das Geld nicht bekomme, werde ich mir erlauben* die Polizei nach hier zu bitten."
„Du würdest dich selbst in Schwierigkeiten bringen!"
„Sie sind nichts im Vergleich zu dem, was dich erwartet."
Hoogan schluckte. „Du sollst das Geld haben, Kingsley, ich schwöre dir, daß du es bekommst, aber du mußt mir ein paar Tage Zeit geben, es aufzutreiben. Wofür hältst du mich? Für einen zweiten Rockefeller? Ich bin nicht so reich, wie du denkst. Aber ich bin bereit, dir zu beweisen, daß ich deine Forderungen anerkenne. Ich zahle dir binnen zwei Stunden zunächst einmal zwanzigtausend."
Kingsley legte die Hand auf die Türklinke. „Hunderttausend bis heute Abend, und bar auf den Tisch. Keine Anzahlungen, keine Schecks, keine Versprechungen, klar?"
„Woher soll ich das Geld denn auftreiben?"
„Du wirst schon einen Weg finden. Sprich mit Janet, oder hol es meinetwegen von Bramsey. Es heißt doch, daß er millionenschwer ist!“
Hoogans Augen begannen zu glitzern. „Bramsey!" murmelte er leise. „Das ist die Lösung!"
*
Bramsey nahm den Hörer ab, als das Telefon klingelte.
„Ein Anruf für Sie, Mylord."
„Vielen Dank."
Es knackte in der Leitung, dann meldete sich Hoogan. „Kann ich Sie sprechen, Sir? Es ist enorm wichtig."
„Worum geht es?"
„Um einen zweiten Mord. Mabel Reley ist heute Nacht erschossen worden!"
„In der Tat?"
„Ich... ich habe im Zusammenhang mit diesem
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