Der Schutzengel
beleuchtet wurde. Ein Sonderkommando war ihm bereits auf der Blitzstraße gefolgt, um ihn zu erledigen, bevor er Laura warnen konnte.
Er sah sich nach den Bäumen um, unter denen er hervorgekommen war. Unter dem stroboskopisch aufleuchtenden Himmel schienen die Nadelbäume auf ihn zuzuspringen, dann wieder zurückzuweichen, sich wieder nach vorn zu bewegen. Dort waren keine Verfolger zu erkennen.
Als das Unwetter nachließ, taumelte Stefan weiter auf das Haus zu. Er stürzte zweimal, raffte sich wieder auf und torkelte weiter, obwohl er fürchtete, beim nächsten Sturz nicht wieder aufstehen oder laut genug rufen zu können, um gehört zu werden.
Laura starrte den Bildschirm an, versuchte an Sir Keith Kröterich zu denken, statt dessen fielen ihr die Blitze ein: die Blitze genau an dem Tag, an dem ihr Vater ihr erstmals von Sir Keith erzählt hatte, der Junkie ins Geschäft gekommen war und sie ihren Beschützer zum ersten Mal gesehen hatte – an jenem
Sommertag in ihrem achten Lebensjahr.
Sie setzte sich ruckartig im Sessel auf.
Ihr Herz begann wie rasend zu schlagen.
Blitze dieser unnatürlichen Intensität bedeuteten Unannehmlichkeiten einer ganz bestimmten Art: Unannehmlichkeiten für sie . Während der Bestattung ihres Vaters oder an dem Tag, als Danny starb, hatte es keine Blitze gegeben. Mit einer Gewißheit, die sie nicht hätte erklären können, wußte sie jedoch, daß die Blitze heute abend für sie Schlimmes bedeuteten.
Sie griff nach der Uzi, machte einen Rundgang durch den ersten Stock, kontrollierte die Fenster, sah nach Chris und überzeugte sich davon, daß alles in Ordnung war. Dann hastete sie die Treppe hinunter, um die Räume im Erdgeschoß zu inspizieren.
Als Laura die Küche betrat, schlug etwas gegen die Tür zum Garten. Sie warf sich mit einem ängstlich-verblüfften Aufschrei herum, riß die Uzi hoch und hätte beinahe das Feuer eröffnet.
Aber dies war nicht das entschiedene Geräusch, das jemand machte, der sich gegen die Tür warf, um sie einzudrücken. Es klang nicht so bedrohlich, war kaum lauter als ein Klopfen und wiederholte sich zweimal. Darüber hinaus glaubte sie eine schwache Stimme zu hören, die ihren Namen rief.
Stille.
Laura schlich zur Tür und horchte etwa eine halbe Minute lang nach draußen.
Nichts.
Die Tür war ein Hochsicherheitsmodell mit einer Stahlplatte, die zwischen die zwei je fünf Zentimeter starken Eichenpaneele eingesetzt war, so daß Laura nicht zu befürchten brauchte, sie könnte durch die Tür hindurch erschossen werden. Trotzdem schreckte sie davor zurück, ganz an die Tür heranzutreten und einen Blick durch den Spion zu werfen, weil sie fürchtete, ein von außen gegen die Linse gepreßtes Auge zu sehen, das sie zu beobachten versuchte. Als sie endlich den Mut dazu aufbrachte, zeigte der Spion ihr ein Weitwinkelbild der Veranda, und sie sah einen Mann mit ausgebreiteten Armen auf den Fliesen liegen, als wäre er nach hinten umgefallen, nachdem er an die Tür geklopft hatte.
Falle! dachte sie. Falle, Trick.
Laura schaltete die Außenbeleuchtung ein und trat an das mit Stahlläden gesicherte Fenster neben der Tür. Indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte sie durch die schrägen Lamellen hinaussehen. Der Mann auf der Veranda war ihr Beschützer. Seine Schuhe und Hosenbeine waren schneeverkrustet. Er trug etwas, das wie ein weißer Laborkittel aussah, dessen Vorderseite dunkle Blutflecken aufwies.
Soviel sie erkennen konnte, lauerte niemand auf der Veranda oder auf dem Rasen dahinter, aber sie mußte mit der Möglichkeit rechnen, daß jemand ihn hingelegt hatte, um sie aus dem Haus zu locken. Unter diesen Umständen war es tödlicher Leichtsinn, nachts die Tür zu öffnen.
Trotzdem konnte sie ihn nicht draußen liegen lassen. Nicht ihren Beschützer. Nicht, wenn er verletzt war und vielleicht im Sterben lag.
Sie betätigte den Überbrückungsschalter der Alarmanlage neben der Tür, sperrte die Sicherheitsschlösser auf und trat mit schußbereiter Uzi widerstrebend in die Winternacht hinaus. Niemand schoß auf sie. Auf der nur schwach erhellten Rasenfläche bis zum Waldrand hin war keine Bewegung zu erkennen.
Laura erreichte ihren Beschützer, kniete neben ihm nieder und fühlte seinen Puls. Er lebte. Sie schob eines seiner Lider zurück. Er war bewußtlos. Die Wunde unter seinem linken Schlüsselbein sah schlimm aus, obwohl sie im Augenblick nicht zu bluten schien.
Durch ihre Ausbildung bei Henry Takahami und durch
Weitere Kostenlose Bücher