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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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rollen die Tränen. Du möchtest dableiben. Und zugleich fragst du dich, ob du wirklich am schönsten Ort der Welt leben willst und ob es dann immer noch der schönste Ort der Welt ist. Wir sind es gewohnt, dass sich unser Leben ... Himmel, wie soll ich sagen? Entzaubert! Mit jedem Tag ein bisschen mehr. Also suchen wir nach etwas, das es eigentlich nicht gibt. Verstehst du?« Sie lächelte schüchtern. »Entschuldige, das klingt alles furchtbar kitschig und durcheinander. Ich bin nicht gut in so was.«
    »Nein. Wirklich nicht.«
    Johanson sah sie an. Er suchte nach Anzeichen von Ratlosigkeit. Stattdessen sah er jemanden, der sich schon entschieden hatte. Sie wusste es nur noch nicht.
    »Wenn du nicht bereit bist, an einem Ort zu leben, liebst du ihn auch nicht«, sagte er. »Wir hatten dasselbe Gespräch am See, erinnerst du dich? Damals ging's um Häuser. Im Grunde austauschbar. Vielleicht solltest du endlich zu Kare fahren und ihm sagen, dass du ihn liebst und steinalt mit ihm werden willst. Du tätest mir einen großen Gefallen damit, ich muss mich sonst alle paar Tage mit dir durch die Sumpfgebiete schwülstiger Allegorien schleppen.«
    »Und wenn es schief geht?«
    »Du bist doch sonst nicht so ein Angsthase.«
    »Doch«, sagte sie leise. »Genau das bin ich.«
    »Du misstraust dem Gefühl, glücklich zu sein. Das habe ich auch mal getan. Es ist für nichts gut.«
    »Und? Bist du heute glücklich?«
    »Ja.«
    »Ohne Abstriche?«
    Johanson hob in einer hilflosen Geste die Arme.
    »Wer ist schon ohne Abstriche glücklich, du Schaf? Ich mache mir und anderen nichts vor. Ich will meine Flirts, meinen Wein, meinenSpaß und bestimmen, wo's langgeht. Ich neige zur Verschwiegenheit, aber nicht zur Kompensation. Jeder Psychiater würde sich mit mir zu Tode langweilen, weil ich tatsächlich einfach nur meine Ruhe will. Unterm Strich geht's mir also prächtig. Aber ich bin ich. Mein Glück ist anders beschaffen als deines. Meinem Glück vertraue ich. Du musst das noch lernen. Und zwar bald. Kare ist kein Ort und kein Haus. Er wird nicht ewig warten.«
    Lund nickte. Wind kam auf und spielte mit ihrem Haar. Johanson stellte fest, wie gern er sie hatte. Er war froh, dass es am See nicht zu einer dieser Liaisons mit Verfallsdatum gekommen war, die sein Liebesleben bestimmten.
    »Wenn Stone hinaus zum Kontinentalhang führe«, sinnierte sie, »würde ich den Kopf in Stavanger hinhalten. Das ist okay. Die Thorvaldson liegt auf See bereit. Stone könnte gleich morgen oder übermorgen an Bord gehen. Stavanger, das dauert länger. Dafür werde ich einen ausführlichen Bericht schreiben müssen. Ich hätte also ein paar Tage Zeit, nach Sveggesundet zu fahren und ... dort zu arbeiten.«
    »Zu arbeiten«, grinste Johanson. »Warum nicht?«
    Sie kniff die Lippen zusammen.
    »Ich muss darüber nachdenken und mit Skaugen reden.«
    »Tu das«, sagte Johanson. »Und denk schnell.«
     
    Zurück am Schreibtisch checkte er die E-Mail-Eingänge. Kaum etwas davon brachte ihn weiter. Erst die letzte Nachricht erregte sein Interesse beim Blick auf den Absender:
    kweaverdeepbluesea.com
    Johanson öffnete sie.
    hallo, dr. johanson, danke für ihre mail. ich bin eben nach london zurückgekehrt und kann ihnen augenblicklich nur sagen, dass ich nicht die geringste ahnung habe, was mit lukas bauer und seinem schiff passiert ist. wir haben jeden kontakt verloren. wenn sie wollen, können wir uns kurzfristig treffen. möglich, dass wir uns gegenseitig weiterhelfen, mitte kommender woche bin ich in meinem londoner büro zu erreichen. – falls sie vorher lust auf ein treffen haben: ich bin derzeit zu besuch auf den shetland-inseln und könnte es einrichten, dass wir dort zusammentreffen, lassen sie mich wissen, wie es ihnen am besten passt. karen weaver.
    »Schau, schau«, murmelte Johanson. »So kooperativ kann die Presse sein.«
    Lukas Bauer war verschwunden?
    Vielleicht sollte er Skaugen noch einmal treffen. Mehr als lächerlich machen konnte er sich nicht, wenn er dem Mann seine Theorie der höheren Zusammenhänge darlegte. Aber war es überhaupt eine Theorie? Eigentlich hatte er wenig mehr vorzuweisen als das ungute Gefühl, dass die Welt in Schieflage geriet und das Meer daran schuld war.
    Wenn er den Gedanken ernsthaft fortentwickeln wollte, wurde es Zeit, ein Dossier anzulegen.
    Er überlegte. Er sollte Karen Weaver so schnell wie möglich treffen. Warum nicht auf den Shetland-Inseln? Es würde ein bisschen kompliziert werden mit den Flügen,

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