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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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die Universität in Vancouver waren zu Lieferanten degradiert worden, denen nichts mitgeteilt wurde, außer dass sie forschen und ihre Erkenntnisse, Vermutungen und Ratlosigkeit in Berichten abfassen sollten. Weder John Ford oder Leon Anawak noch Rod Palm, Sue Oliviera oder Ray Fenwick erfuhren etwas über die Auswertung des Inputs. Sie erfuhren nicht einmal, was der Krisenstab davon hielt. Das wichtigste Instrumentarium ihrer Forschung, der Abgleich mit den Erkenntnissen anderer staatlicher und militärischer Forschergruppen, blieb ihnen vorenthalten.
    »Und das alles«, schimpfte Ford, »seit diese Judith Li das Ruder übernommen hat. Leiterin der Krisenstäbe. Keine Ahnung, was die leitet. Mir kommt es eher so vor, als ob sie uns alle in den Arsch tritt.«
    Oliviera rief Anawak an. »Es wäre wirklich hilfreich, wenn wir noch einige dieser Muscheln bekommen könnten.«
    »Ich erreiche aber niemanden bei Inglewood«, sagte Anawak. »Sie reden nicht mit mir, und Li spricht offiziell von einem Fehler beim Andockmanöver. Die Muscheln werden mit keinem Wort erwähnt.«
    »Aber du warst doch unten. Wir brauchen mehr von dem Zeug. Und von dieser ominösen organischen Substanz. Wieso blockieren die uns? Ich dachte, wir sollen helfen!«
    »Warum nimmst du nicht selber Kontakt zum Krisenstab auf?«
    »Läuft alles über Ford. Ich verstehe das nicht, Leon. Wozu sind diese Stäbe eigentlich gut?«
    Wozu waren sie gut? Wozu war es gut, wenn die Vereinigten Staaten und Kanada einen gemeinsamen Stab bildeten, den General Commander Li dann vertrat? Der Grund lag auf der Hand: Beide hatten die gleichen Probleme zu lösen, beide waren auf einen übergeordneten Austausch von Erkenntnissen angewiesen, und beide hatten den Schleier der Geheimhaltung über alles geworfen. Vielleicht musste es so sein. Vielleicht war es der Natur von Untersuchungskommissionen und Krisenstäben immanent, im Verborgenen zu arbeiten. Wann hatte eine Untersuchungskommission je vergleichbare Aufgaben zu lösen gehabt? Die ständigen Mitglieder solcher Stäbe mussten sich mit Terrorismus herumzuschlagen, mit Flugzeugkatastrophen und Geiselnahmen, mit politischen und militärischen Krisen, mit Umstürzen. – Geheimsache, was sonst! Ein Krisenstab trat außerdem in Aktion, wenn es Probleme in einem Atomkraftwerk gab oder mit einem Staudamm, wenn die Wälder brannten oder die Gewässer über die Ufer traten, wenn die Erde bebte und Vulkane ausbrachen und Hungersnöte herrschten. Auch Geheimsache? Vielleicht, aber wozu?
    »Die Ursachen von Vulkanausbrüchen und Erdbeben sind bekannt«, sagte Shoemaker, als Leon seinem Ärger an diesem Morgen Luft machte. »Du kannst die Erde fürchten, aber du brauchst ihr nicht zu misstrauen. Sie heckt keine Schweinereien aus und versucht dich nicht zu bescheißen. Das tut nur der Mensch.«
    Sie frühstückten zu dritt auf Leons Schiff. Die Sonne lugte zwischen weißer Hochbewölkung hervor, und es war angenehm mild. Von den Bergen blies ein leichter Wind küstenwärts. Es hätte ein schöner Tag sein können, nur dass keiner mehr einen Sinn für schöne Tage hatte. Lediglich Delaware entwickelte ungeachtet aller Misslichkeiten einen gesunden Appetit und schaufelte Unmengen Rührei in sich hinein.
    »Habt ihr von dem Gastanker gehört?«
    »Der vor Japan in die Luft geflogen ist?« Shoemaker schlürfte seinen Kaffee. »Schnee von gestern. Kam in den Nachrichten.«
    Delaware schüttelte den Kopf. »Den meine ich nicht. Gestern ist wieder einer abgesoffen. Abgefackelt im Hafen von Bangkok.«
    »Kennt man den Grund?«
    »Nein. Komisch, was?«
    »Vielleicht war's einfach technisches Versagen«, meinte Anawak. »Man muss nicht überall Gespenster sehen.«
    »Du hörst dich schon an wie Judith Li.« Shoemaker stellte mit einemKnall den Becher ab. »Hattest übrigens Recht. Über die Barrier Queen ist tatsächlich kaum berichtet worden. Im Wesentlichen haben sie über den gesunkenen Schlepper geschrieben.«
    Anawak hatte nichts anderes erwartet. Der Krisenstab ließ sie am ausgestreckten Arm verhungern. Vielleicht gehörte das zum Spiel. Such dir dein Fressen selber. Aber wenn es so war, würden sie eben suchen. Nach dem Flugzeugabsturz hatte Delaware begonnen, das Internet zu durchforsten. Wenn schon die Mitarbeiter des landeseigenen Krisenstabs kurz gehalten wurden, was würde dann aus anderen Ländern an die Öffentlichkeit dringen? Wo hatte es sonst noch in der Welt Angriffe durch Wale gegeben? Falls überhaupt. Oder, wie George

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