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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Familienangehörigen und Freunden, über Ihre Arbeit in diesem Stab sprechen dürfen. Jeder von Ihnen wird im Anschluss eine entsprechende Erklärung unterschreiben, deren Einhaltung wir überaus ernst nehmen. – Ich würde es begrüßen, wenn Sie etwaige Bedenken vor der Präsentation äußern. Denn natürlich ist jedem freigestellt, die Unterzeichnung einer solchen Erklärung abzulehnen. Niemandem erwächst daraus ein Nachteil. Aber dann sollte er jetzt den Raum verlassen und sich unverzüglich nach Hause fliegen lassen.«
    Innerlich schloss sie eine Wette mit sich ab. Niemand würde aufstehen und gehen. Aber eine Frage würde gestellt werden.
    Sie wartete.
    Jemand hob die Hand.
    Der Mann hieß Mick Rubin. Er stammte aus Manchester und war Biologe, ein Spezialist für Weichtiere.
    »Heißt das, wir können das Chateau nicht verlassen?«
    »Das Chateau ist kein Gefängnis«, sagte Li. »Sie können jederzeit gehen, wohin Sie wollen. Nur über Ihre Arbeit dürfen Sie nicht reden.«
    »Und wenn ...« Rubin druckste herum.
    »Wenn Sie es doch tun?« Li setzte eine besorgte Miene auf. »Ich verstehe, dass Sie die Frage stellen müssen. Nun, wir würden jede Ihrer Äußerungen dementieren und sicherstellen, dass Sie die Erklärung kein weiteres Mal verletzen können.«
    »Und das ..ähm ... liegt in Ihrer Macht? Ich meine, Sie sind ...«
    »Befugt? Den meisten von Ihnen dürfte bekannt sein, dass Deutschland vor drei Tagen eine Initiative ins Leben gerufen hat, um dieaktuellen Vorfälle im Rahmen der Europäischen Union gemeinschaftlich zu untersuchen. Man hat sich darauf geeinigt, dem deutschen Innenminister den Vorsitz zu übertragen. Zugleich hat die NATO vorsorglich den Bündnisfall proklamiert. In Norwegen, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Dänemark und auf den Färöern herrscht der Ausnahmezustand, teils national, teils in einzelnen Regionen. Auch Kanada und die USA kooperieren unter der Federführung der Vereinigten Staaten. Andere Länder würden sich gerne einbringen. Je nach Entwicklung der Weltlage ist nicht auszuschließen, dass die Vereinten Nationen demnächst eine Art Gesamtverantwortung übernehmen. Überall werden bestehende Regeln außer Kraft gesetzt und Kompetenzen neu verteilt. Angesichts der besonderen Situation – ja, wir sind befugt.«
    Rubin zupfte an seiner Unterlippe und nickte. Es kamen keine weiteren Fragen mehr.
    »Gut«, sagte Li. »Dann wollen wir beginnen. Major Peak, bitte.«
     
    Peak trat vor die Gruppe. Das Licht der Deckenbeleuchtung schimmerte auf seiner ebenholzfarbenen, wie poliert wirkenden Haut. Er drückte kurz den Sensor der Fernbedienung, und eine Satellitenaufnahme erschien auf dem Großbildschirm. Sie zeigte eine von Ortschaften gesäumte Küste aus beträchtlicher Höhe.
    »Vielleicht hat es woanders angefangen«, sagte er, »vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt. Aber wir sagen heute, es hat hier begonnen, in Peru. Der etwas größere Ort in der Mitte heißt Huanchaco.« Er leuchtete mit einem Laserpointer auf verschiedene Stellen im Meer. »Der Ort hat im Verlauf weniger Tage 22 Fischer verloren, und zwar bei ausnehmend schönem Wetter. Einige der Boote fand man später auf dem Meer treibend. Kurze Zeit später verschwanden auch Sportboote, Motoryachten und kleine Segelschiffe. Man stieß auf ein paar Trümmer. Wenn überhaupt.«
    Peak rief ein neues Bild auf.
    »Die Meere unterliegen ständiger Beobachtung«, fuhr er fort, »sie stecken voller Treibsonden und Roboter, die endlose Datenmengen funken über Strömungseigenschaften, Salzgehalt, Temperatur, Kohlendioxidgehalt und alles Mögliche sonst. Messstationen am Meeresgrund registrieren Wasser- und Stoffaustausch mit dem Sediment. Eine Flotte von Forschungsschiffen ist weltweit unterwegs, und wir haben Hunderte militärischer und ziviler Satelliten im All. Man sollte meinen, die Aufklärung von Schiffsverlusten stelle kein Problem dar, aber ganz soeinfach ist es nicht. Unsere Weltraumspäher leiden nämlich wie alles, was Augen hat, unter dem berühmten blinden Fleck.«
    Die grafische Darstellung zeigte einen Teil der Erdoberfläche. Darüber hingen wie überdimensionale Insekten Satelliten unterschiedlicher Größe und Flughöhe.
    »Versuchen Sie gar nicht erst, im Gewirr der künstlichen Himmelskörper den Überblick zu behalten«, sagte Peak. »Es sind dreieinhalbtausend, exorbitale Raumsonden wie Magellan oder Hubble nicht mit eingerechnet. Das meiste von dem, was da oben kreist, ist Schrott.

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