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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Wasserlinse, eines aus unzähligen kleineren Wirbeln bestehenden Riesenwirbels, der im Uhrzeigersinn gegen Nordamerika drückte. Weil das Zentrum des Riesenwirbels nicht mitten im Atlantik lag, sondern nach Westen versetzt, wurde der Golfstrom gegen die amerikanische Küste gequetscht, dort aufgestaut und hochgewölbt. Starke Winde und seine Fließrichtung zum Pol beschleunigten ihn, während ihn die enorme Reibung der Küste zugleich wieder verlangsamte. So hatte sich der nordatlantische Wirbel in eine stabile Drehung gefunden, getreu dem Satz von der Erhaltung des Drehimpulses, der besagt, dass eine Kreisbewegung so lange konstant bleibt, bis sie durch äußere Einflüsse gestört wird.
    Es waren diese äußeren Einflüsse, die Bauer erkannt zu haben glaubte, aber er konnte nicht sicher sein. Das Verschwinden der Schlote, durch die das Wasser vor Grönland kaskadenartig in die Tiefe stürzte, bot Grund zur Beunruhigung, aber es bewies nichts. Beweisen ließen sich globale Veränderungen nur durch globale Darstellungen.
    1995, nach dem Ende des Kalten Krieges, hatte die amerikanische Armee nach und nach die Geosat-Kartierungen freigegeben. Das Geosat-System war abgelöst worden durch eine Reihe modernerer Satelliten. Von allen lagen Karen Weaver Daten vor, lückenlose Dokumentationen seit Mitte der Neunziger. Sie verbrachte Stunden damit, die Messungen in Beziehung zueinander zu setzen. Die Daten differierten in Details – es konnte geschehen, dass der Radar des einen Satelliten einen besonders dichten Sprühnebel irrtümlich für die Oberfläche einer Welle gehalten hatte, was der andere natürlich nicht bestätigte –, aber unterm Strich kam überall dasselbe heraus.
    Je tiefer sie Einblick nahm, desto mehr wich ihre anfängliche Begeisterung tiefer Beunruhigung.
    Schließlich wusste sie, dass Bauer Recht gehabt hatte.
    Seine Drifter hatten eine kurze Weile gesendet, ohne erkennen zu lassen, dass sie einer definierten Strömung folgten. Dann waren sie einer nach dem anderen ausgefallen. Von der Bauer-Expedition lagen damit so gut wie keine Daten vor. Sie fragte sich, ob dem unglücklichen Professor klar gewesen war, in welchem Ausmaß er Recht behalten sollte. Weaver spürte sein Vermächtnis auf ihr lasten. Er hatte ihr seingesamtes Wissen anvertraut, sodass sie nun zwischen den Zeilen zu lesen vermochte, was für andere keinen Sinn ergab. Es reichte, um die Katastrophe heraufdämmern zu sehen.
    Noch einmal rechnete sie alles durch. Sie stellte sicher, dass ihr kein Fehler unterlaufen war, wiederholte die Prozedur ein weiteres Mal und dann ein drittes Mal.
    Es war noch schlimmer, als sie befürchtet hatte.
     
     
    Online
    Johanson, Oliviera, Rubin und Roche duschten in ihren PVC-An-zügen minutenlang unter 1,5%iger Peressigsäure, deren Dämpfe jeden möglichen Erreger rückstandslos zersetzten, bevor die ätzende Flüssigkeit mit Wasser abgewaschen und mit Natronlauge neutralisiert wurde und sie das Schleusensystem endlich verlassen konnten.
     
    Shankar und sein Team arbeiteten unter Hochdruck an der Entschlüsselung nicht identifizierbarer Geräusche. Sie hatten Ford hinzugezogen und spielten Scratch und andere Spektrogramme rauf und runter.
     
    Anawak und Fenwick gingen spazieren und diskutierten die Möglichkeiten der Fremdbeeinflussung neuronaler Systeme.
     
    Frost war in Bohrmanns Suite aufgetaucht, massig und raumfüllend, die Baseballkappe über den Brillenrand gezogen, und hatte dröhnend verkündet:
    »Doc, wir müssen reden!«
    Danach hatte er Bohrmann erzählt, wie er über die Würmer dachte. Es war bemerkenswert. Die beiden verstanden sich auf Anhieb dermaßen gut, dass sie in Windeseile mehrere Humpen Bier leerten und den Fundus des Potenziellen mit ebenso beunruhigenden wie sinnfälligen Szenarien füllten. Soeben konferierten sie über Satellit mit Kiel. Nachdem die Internetverbindung wieder funktionierte, lieferte Kiel eine Simulation nach der anderen. Suess hatte versucht, die Vorgänge am norwegischen Kontinentalhang so detailliert wie möglich zu rekonstruieren, mit dem Resultat, dass es kaum zu einer derartigen Katastrophe hätte kommen können. Die Würmer und Bakterien hatten gewiss eine fatale Wirkung entfaltet, aber etwas im Puzzle fehlte, ein winziges Steinchen, ein zusätzlicher Auslöser.
    »Und solange wir den nicht kennen«, stellte Frost fest, »wird es uns die Ärsche wegschwemmen, Gott ist mein Zeuge! Und es wird nicht geschehen, weil vor Amerika oder Japan der Hang

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