Der Schwarm
randvoll mit Pfiesteria-Kulturen finden. Oder was noch Schlimmerem. Die Luft in diesem Labor ist jedenfalls verseucht.«
Johanson dachte an etwas, was Vanderbilt gesagt hatte.
Biologische Kampfstoffe.
Natürlich hatte Vanderbilt Recht. Vollkommen Recht. Nur völlig anders, als er dachte.
Weaver
Weaver war euphorisiert.
Sie brauchte nur ein Passwort einzugeben, schon hatte sie Zugriff auf jede nur erdenkliche Information. Was ihr hier geboten wurde, hätte unter anderen Umständen monatelange Recherche erforderlich gemacht – ohne die Zugriffsmöglichkeit auf militärische Satelliten. Aber das hier war phantastisch! Sie saß auf dem Balkon ihrer Suite, vernetzt mit der Datenbank der NASA, und vertiefte sich in amerikanische Radarkartographie.
In den achtziger Jahren hatte die amerikanische Marine mit der Untersuchung eines erstaunlichen Phänomens begonnen. Geosat, ein Radarsatellit, war in eine polnahe Umlaufbahn geschossen worden. Den Meeresboden sollte und konnte er nicht kartieren. Radar durchdrang kein Wasser. Die Aufgabe von Geosat bestand vielmehr darin, die Meeresoberfläche als Ganzes zu vermessen, und zwar auf wenige Zentimeter genau. Eine Abtastung großer Flächen, so hoffte man, würde aufzeigen, ob der Meeresspiegel – abgesehen von Ebbe- und Flutschwankungen – überall gleich hoch lag oder nicht.
Was Geosat enthüllte, übertraf alle Erwartungen.
Man hatte geahnt, dass die Ozeane selbst im Zustand absoluter Ruhe nicht völlig glatt seien. Jetzt aber offenbarten sie eine Struktur, die derErde das Aussehen einer riesigen, knolligen Kartoffel verlieh. Sie waren voller Dellen und Buckel, Aufragungen und Einmuldungen. Hatte man lange Zeit angenommen, dass die Wassermassen der Weltmeere gleichmäßig über den Erdball verteilt seien, vermittelte die Kartierung ein ganz anderes Bild. Südlich von Indien etwa lag der Meeresspiegel rund 170 Meter tiefer als vor Island. Nördlich von Australien wölbte sich das Meer zu einem Berg, der 85 Meter über dem Durchschnitt lag. Die Meere waren regelrechte Gebirgslandschaften, deren Topographie den Ausprägungen der Unterwasserlandschaft zu folgen schien. Große unterseeische Gebirgszüge und Tiefseegräben pausten sich mit einigen Metern Höhenunterschied auf der Wasseroberfläche durch.
Der Rückschluss war bestechend. Wer die Wasseroberfläche kannte, wusste im Groben, wie es darunter aussah.
Schuld waren Unregelmäßigkeiten in der Gravitation. Ein unterseeischer Berg fügte dem Meeresboden Masse hinzu, also wirkte die Schwerkraft dort höher als in einem Tiefseegraben. Sie zog das umliegende Wasser seitlich zu dem Tiefseeberg hin und schichtete einen Buckel auf. Über Gebirgen wölbte sich die Meeresoberfläche, über Gräben fiel sie ab. Eine Weile sorgten Ausnahmen für Verwirrung, etwa wenn sich Wasser über einer Tiefseeebene hochwölbte, bis man dahinter kam, dass manche der dortigen Bodengesteine von extremer Dichte und Schwere waren, und somit stimmte die Gravitationstopographie wieder.
Die Neigungen all dieser Dellen und Buckel waren so flach, dass man sie an Bord eines Schiffes nicht registrierte. Tatsächlich wäre man dem Phänomen ohne die Satellitenkartierung nie auf die Spur gekommen. Jetzt aber hatte man einen neuen Weg gefunden, nicht nur die Topographie der Meeresböden abzubilden, sondern die Gesamtdynamik der Ozeane zu verstehen, indem man aus dem Geschehen an der Oberfläche auf Vorgänge in der Tiefe schloss. Geosat enthüllte außerdem, dass in den Ozeanen gewaltige Strömungswirbel mit mehreren hundert Kilometern Durchmesser entstanden. Wie Kaffee, der in einem Becher umgerührt wurde, bildeten die rotierenden Massen im Zentrum eine Delle, während sie sich zum Rand hin hochwölbten. Es erwies sich, dass – außer den Schwerkraftschwankungen – auch derartige Wirbel, sogenannte Eddies, die Meeresoberfläche ausbeulten, und wiederum waren die Eddies Bestandteile weit größerer Wirbel. Aus dem erweiterten Blickwinkel der Satellitenkartographie wurde deutlich, dass die kompletten Ozeane in Rotation gerieten. Gigantische Ringsysteme kreisten oberhalb des Äquators im Uhrzeigersinn und südlich davonentgegengesetzt, und sie kreisten umso schneller, je näher sie den Polen kamen.
Damit hatte man ein weiteres Prinzip der Meeresdynamik verstanden: Die Erddrehung selber beeinflusste den Grad der Rotation.
Der Golfstrom war demnach gar kein richtiger Strom, sondern der westliche Rand einer riesigen, sich langsam drehenden
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