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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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die Schnauze halten und zuhören.
    »Aber genau hier beginnt unser Problem«, fuhr sie fort. »Die Zellen der Gallerte wirken auf den ersten Blick identisch. Es sind Amöben, wie man sie in der Tiefsee findet. Nicht mal sonderlich exotisch. Um ihre ganze DNA zu beschreiben, müssten wir diverse Computer zwei Jahre lang rechnen lassen, also beschränken wir uns auf Stichproben. Wir isolieren kleine Abschnitte der DNA und erhalten Teile desgenetischen Codes, technisch ausgedrückt sogenannte Amplicons. Jedes Amplicon zeigt uns eine Reihe von Basenpaaren, genetisches Vokabular. Analysieren wir Amplicons aus dem jeweils gleichen Abschnitt der DNA unterschiedlicher Individuen und vergleichen sie miteinander, erhalten wir interessante Informationen. Die Amplicons mehrerer Einzeller derselben Population etwa sollten folgendes Bild ergeben.«
    Sie hielt einen Ausdruck hoch, den sie für das Meeting vergrößert hatte.
     
    A1: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA
    A2: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA
    A3: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA
    A4: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA
     
    »Sie sehen, die analysierten Sequenzen sind auf ganzer Strecke identisch. Vier identische Einzeller.« Sie legte das Blatt zur Seite und zeigte ein zweites. »Stattdessen haben wir das hier erhalten.«
     
    A1: AATGCCACGATGCTACCTGAAATCGA
    A2: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA
    A3: AATGCCAGGAAATTACCCGAAATCGA
    A4: AATGCCATTTGGAACAAATAAATCGA
     
    »Das sind die Basenabfolgen der Amplicons von vier Exemplaren unserer Gallertspezies. Die DNA ist identisch – bis auf kleine, hypervariable Bereiche, in denen es drunter und drüber geht. Keinerlei Gemeinsamkeiten. Wir haben Dutzende der Zellen untersucht. Manche differieren innerhalb der hypervariablen Zonen nur leicht, andere sind völlig unterschiedlich. Durch natürliche Mutation ist so was nicht mehr zu erklären. Anders gesagt: Das kann kein Zufall sein.«
    »Vielleicht sind es doch unterschiedliche Arten«, sagte Anawak.
    »Nein. Es ist definitiv dieselbe Spezies. Und definitiv ist jedem Lebewesen zu Eigen, dass seine genetische Codierung zu Lebzeiten nicht verändert werden kann. Der Bauplan kommt immer als Erstes. Erst danach wird gebaut, und was fertig gebaut ist, kann nur diesem Plan entsprechen und keinem anderen.«
    Lange Zeit sagte niemand etwas.
    »Wenn diese Zellen trotzdem unterschiedlich sind«, sagte Anawak, »müssen sie also einen Weg gefunden haben, ihre DNA zu verändern, nachdem sie sich geteilt haben.«»Aber zu welchem Zweck?«, fragte Delaware.
    »Menschen«, sagte Vanderbilt.
    »Menschen?«
    »Sind denn hier alle blind? Die Natur macht so was nicht, sagt Dr. Oliviera, die es wissen muss, und von Dr. Johanson höre ich auch keinen Einspruch. Also wer hat Grips genug, sich so was auszudenken, he? Das Zeug ist eine Biowaffe. Nur Menschen bringen so was fertig.«
    »Einspruch«, sagte Johanson. Er fuhr sich durchs Haar. »Es ergibt keinen Sinn, Jack. Der Vorteil von Biowaffen ist, dass man nur ein Basisrezept braucht. Der Rest ist Reproduktion ...«
    »Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn Viren Mutationen durchlaufen, oder nicht? Das AIDS-Virus mutiert am laufenden Band. Jedes Mal, wenn man glaubt, ihm auf die Schliche gekommen zu sein, hat es sich schon wieder verändert.«
    »Das ist was anderes. Wir haben hier einen Superorganismus, keine virologische Infektion. Es muss einen anderen Grund haben, warum sie unterschiedlich sind. Irgendetwas geschieht mit ihrer DNA nach der Teilung. Sie werden anders codiert, unterschiedlich. Wen interessiert, wer dafür verantwortlich ist? Wir müssen rausfinden, welchen Sinn es hat.«
    »Es hat den Sinn, uns alle zu töten!«, sagte Vanderbilt gereizt. »Dieses Zeug ist dazu da, die freie Welt zu vernichten.«
    »Schön«, knurrte Johanson. »Dann erschießen Sie es doch. Sollen wir nachsehen, ob es muslime Zellen sind? Vielleicht ist Ihre DNA islamisch fundamentalistisch. Würde die Sache legitimieren.«
    Vanderbilt starrte ihn an.
    »Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?«
    »Auf der des Verstehens.«
    »Verstehen Sie auch, warum Sie gestern Nacht auf den Kopf gefallen sind?« Vanderbilt grinste süffisant. »Nach dem Genuss einer Flasche Bordeaux, wohlgemerkt. Wie geht es Ihnen, Doktor? Kopfschmerzen? Warum halten Sie nicht eine Weile Ihren Mund?«
    »Damit Sie nicht zu oft Gelegenheit haben, Ihren zu öffnen.«
    Vanderbilt atmete schwer. Er schwitzte. Li bedachte ihn mit einem spöttischen Blick aus den Augenwinkeln und beugte sich vor.
    »Sie sagen, es handelt sich

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