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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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jetzt Detailkram ... ah, hier steht's. Sie haben die Kiefer untersucht. Sehr kräftig und eindeutig zum Bohren und Graben gedacht.«
    »So weit waren wir doch schon«, rief Lund ungeduldig.
    »Warte. Sie haben noch mehr mit ihm angestellt. Untersuchung der stabilen Isotopenzusammensetzung, und da ist auch die Analyse aus dem Massenspektrometer. – Oha! Unser Wurm ist minus 90 Promille leicht.«
    »Kannst du dich verständlich ausdrücken?«
    »Er ist tatsächlich methanotroph. Er lebt in Symbiose mit Bakterien, die Methan abbauen. Augenblick, wie soll ich's dir erklären? Also, Isotope ... du weißt, was Isotope sind?«
    »Atome eines chemischen Elements mit gleicher Kernladung, aber unterschiedlichem Gewicht.«
    »Sehr gut, setzen. Kohlenstoff zum Beispiel gibt es in unterschiedlicher Schwere. Es gibt Kohlenstoff 12 und Kohlenstoff 13. Wenn du was frisst, worin vorwiegend leichter Kohlenstoff ist, also ein leichteres Isotop, wirst du auch leichter. Klar?«
    »Wenn ich was fresse. Ja. Logisch.«
    »Und in Methan ist sehr leichter Kohlenstoff. Wenn der Wurm in Symbiose mit Bakterien lebt, die dieses Methan fressen, dann werden dadurch erst mal die Bakterien leicht, und wenn der Wurm dann die Bakterien frisst, wird er auch leicht. Und unserer ist sehr leicht.«
    »Ihr Biologen seid komische Leute. Wie kriegt ihr so was raus?«
    »Wir tun schreckliche Dinge. Wir trocknen den Wurm und zermahlen ihn zu Wurmpulver, und das kommt dann in die Messmaschine. So, schauen wir weiter. Rasterelektronenmikroskopie ... sie haben die DNA angefärbt... sehr gründliche Vorgehensweise ....«
    »Reiß dich los!« Lund kam zu ihm herüber und zupfte an dem Papier. »Ich will keine akademische Abhandlung, ich will begreifen, ob wir da unten bohren können.«
    »Ihr könnt....« Johanson zog das Blatt aus ihren Fingern und las die letzten Zeilen. »Na, wunderbar!«
    »Was?«
    Er hob den Kopf. »Die Biester stecken randvoll mit Bakterien. Innen und außen. Endosymbionten und Exosymbionten. Deine Würmer scheinen die reinsten Omnibusse für Bakterien zu sein.«
    Lund sah unsicher zurück. »Und was heißt das?«
    »Es ist widersinnig. Dein Wurm lebt ganz eindeutig im Methanhydrat. Er platzt fast vor Bakterien. Er geht nicht auf Beute und bohrt keine Löcher. Stattdessen liegt er faul und fett im Eis. Trotzdem hat er Riesenkiefer zum Bohren, und die Horden am Hang kamen mir alles andere als fett und faul vor. Ich fand sie ausgesprochen agil.«
    Wieder schwiegen sie eine Weile. Schließlich sagte Lund:
    »Was tun sie da unten, Sigur? Was sind das für Tiere?«
    Johanson zuckte die Achseln.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht sind sie tatsächlich geradewegs aus dem Kambrium zu uns heraufgekrochen. Keine Ahnung, was sie da machen.« Er zögerte. »Ich habe ebenso wenig eine Ahnung, ob es eine Rolle spielt. Was sollen sie schon groß tun? Sie wälzen sich durch die Gegend, aber sie werden kaum Pipelines anknabbern.«
    »Was knabbern sie dann an?«
    Johanson starrte auf die Zusammenfassung des Berichts.
    »Es gibt noch eine Adresse, die uns darüber Auskunft geben könnte«, sagte er. »Wenn die es nicht rausfinden, werden wir wohl warten müssen, bis wir von selber drauf kommen.«
    »Darauf würde ich ungerne warten.«
    »Gut. Ich schicke ein paar Exemplare hin.« Johanson reckte die Glieder und gähnte. »Vielleicht haben wir ja Glück, und sie kommen mit dem Forschungsschiff, um selber einen Blick darauf zu werfen. So oder so wirst du dich gedulden müssen. Einstweilen können wir nichts tun. Darum, wenn du gestattest, würde ich jetzt gerne frühstücken und Kare Sverdrup gute Ratschläge zuteil werden lassen.«
    Lund lächelte. Besonders zufrieden sah sie nicht aus.

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     5. April
    Vancouver Island und Vancouver, Kanada
    Das Geschäft kam wieder in Schwung.
    Unter anderen Umständen hätte Anawak Shoemakers Freude vorbehaltlos geteilt. Die Wale kehrten zurück. Der Geschäftsführer sprach von nichts anderem mehr. Und tatsächlich fanden sie sich der Reihe nach wieder ein, Grauwale und Buckelwale, Orcas und sogar einige Minkwale. Natürlich war auch Anawak glücklich über den Umstand ihrer Wiederkehr. Nichts hatte er mehr herbeigesehnt. Nur hätte er es vorgezogen, ihre Rückkehr mit ein paar Antworten verbunden zu wissen, etwa auf die Frage, wo sie sich die ganze Zeit über rumgetrieben hatten, dass kein Satellit und keine Messsonde sie hatten aufspüren können. Zudem ging ihm seine denkwürdige Begegnung nicht mehr aus dem Kopf.

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