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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Satellitensender an Bord.«
    »Mit zwölf Knoten brauchst du zwei Tage und zwei Nächte bis Grönland oder Svalbard«, sagte Johanson. »Dafür reicht nicht mal der Sprit.«
    »Wird schon schief gehen.«
    Sie fühlte ihr Herz schwer werden. Schnell drückte sie Johanson an sich. Sie dachte daran, wie sie gemeinsam dem Tsunami auf den Shetlands entgangen waren.
    Sie würden sich wieder sehen!
    »Tapferes Mädchen«, sagte Johanson.
    Dann nahm sie Anawaks Gesicht in beide Hände und gab ihm einen langen, festen Kuss auf den Mund. Am liebsten hätte sie ihn nie wieder losgelassen. Sie hatten so wenig miteinander gesprochen, so wenig von dem getan, was das Beste für sie beide war ...
    Jetzt bloß nicht sentimental werden.
    »Mach's gut«, sagte Anawak leise. »Spätestens in ein paar Tagen sind wir wieder zusammen.«
    Mit einem Sprung war sie in der Pilotenröhre. Das Deepflight schwankte leicht. Sie legte sich auf den Bauch, kroch in die richtige Position und betätigte die Verriegelung. Langsam sanken die beiden Kuppeln herab und schlossen sich. Sie überflog die Instrumente. Alles sah intakt aus.
    Weaver reckte den Daumen.
     
     
    Die Welt der Lebenden
    Johanson trat ans Kontrollpult, öffnete die Schleuse und setzte das Boot in Bewegung. Sie sahen zu, wie das Deepflight absank und die Stahlschotts auseinander fuhren. Dunkle See erschien. Nichts bahnte sich seinen Weg ins Innere. Weaver entriegelte von innen die Arretierung, um das Boot freizugeben. Es klatschte auf und versank. Eingeschlossene Luft schimmerte in den Glaskuppeln. Nacheinander verblassten die Farben, begannen die Umrisse zu verschwimmen, bis das Boot nur noch ein Schatten war.
    Dann verschwand es.
    Anawak fühlte einen Stich.
    Die Heldenrollen in dieser Geschichte sind bereits verteilt, und es sind Rollen für Tote. Du gehörst in die Welt der Lebenden.
    Greywolf!
    Vielleicht brauchst du einen Mittler, der dir verrät, was der Vogelgeist sieht.
    Greywolf war der Mittler gewesen, von dem Akesuk gesprochen hatte. Greywolf hatte ihm seinen Traum erklärt, und er hatte ihn richtig gedeutet. Der Eisberg war geschmolzen, aber Anawaks Weg führte nicht in die Tiefe, sondern ans Licht.
    Er führte in die Welt der Lebenden.
    Zu Crowe.
    Anawak schrak zusammen. Natürlich! Wie hatte er so beschäftigt sein können mit seiner heldenhaften Aufopferung, dass ihm entgangen war, welche Aufgabe an Bord der Independence auf ihn wartete?
    »Und jetzt?«, fragte Johanson.
    »Plan B.«
    »Soll heißen?«
    »Ich muss nochmal nach oben.«
    »Bist du verrückt? Wozu?«
    »Ich will Sam finden. Und Murray.«
    »Da ist niemand mehr«, sagte Johanson. »Das Schiff dürfte vollständig evakuiert sein. Sie waren beide im CIC, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Wahrscheinlich sind sie gleich als Erste rausgeflogen worden.«
    »Nein.« Anawak schüttelte den Kopf. »Zumindest nicht Sam. Ich habe sie um Hilfe rufen hören.«
    »Was? Wann?«
    »Bevor ich zu euch runterkam. – Sigur, ich will dir nicht mit meinen Problemen auf die Nerven gehen, aber ich habe ein paar Mal zu oft weggesehen im Leben. Es hat sich einiges geändert. So bin ich nicht mehr. Verstehst du? Ich kann das nicht ignorieren.«
    Johanson lächelte.
    »Nein. Das kannst du nicht.«
    »Pass auf! Ich unternehme einen einzigen Versuch. In der Zeit lässt du Deepflight 3 herunter und machst es startklar. Sofern ich Sam nicht innerhalb der nächsten paar Minuten finde, komme ich zurück, und wir hauen hier ab.«
    »Und falls du sie findest?«
    »Haben wir immer noch Deepflight 4, um uns alle rauszubringen.«
    »In Ordnung.«
    »Wirklich in Ordnung?«
    »Natürlich.« Johanson breitet die Hände aus. »Worauf wartest du noch?«
    Anawak zögerte. Er biss sich auf die Lippen. »Und wenn ich in fünf Minuten nicht hier bin, verschwindest du ohne mich. Klar?«
    »Ich werde warten.«
    »Nein. Du wartest fünf Minuten. Maximal.«
    Sie umarmten sich. Anawak lief den Pier hinab. Wo der Tunnel zum Labortrakt begann, war alles überflutet, aber noch schien sich die Independence in einigermaßen stabiler Lage zu halten. Das Schiff hatte sich während der letzten Minuten nicht weiter nach vorn geneigt.
    Wie lange noch, dachte Anawak.
    Wasser schwappte gegen seine Knöchel. Er ging tiefer hinein, kraulte ein Stück, bekam Boden unter die Füße und watete ein paar Meter, bevor es wieder abschüssig wurde. Näher zur Hangarrampe neigte sich die Decke dem Wasserspiegel zu, aber es blieben immer noch einige Meter Luft. Anawak

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