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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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preschen gesehen. Hab schon geglaubt, es wär die Wilde Jagd. Verwegene Burschen, das kann ich dir sagen. Und ein Mägdlein war auch dabei; zart wie der erste Mondstrahl und feurig wie die Sonne im gekelterten Wein. Und so ein fetter Mönch, dem der Bauch im Sattel wabbelte. Wo doch sein Gesicht ganz asketisch war, wie ihr es so liebt. Seltsame Gestalt. Ja, die hab ich gesehen.«
     
    »Und?«, fragte Martin atemlos.
     
    »Was: und?«, fragte der fahrende Geselle scheinheilig, beugte sich hinüber zu seinem prallen Ranzen und zog etwas daraus hervor. Martin blinzelte. Es war ein Kartenspiel. Federlin hielt es ihm entgegen. »Zieh eine Karte.«
     
    Martin wandte sich ab. »Kartenspiele sind des Teufels«, sagte er verächtlich.
     
    »Zieh eine Karte!« In der Stimme dieses seltsamen Gesellen lag nun etwas, das keine Widerrede duldete. Martin kam der Aufforderung nach. »Zeig sie mir nicht, Mönchlein. Ich will dir sagen, was es für eine Karte ist. Es ist der Tod, und er trägt die Kutte und das Antlitz eines deinesgleichen. Und nun schau nach.«
     
    Martin drehte die Karte herum. Er musste die Augen nahe an die kolorierte Kupferstichabbildung heranbringen, denn der Mond war inzwischen fast ganz hinter den Bäumen verschwunden. Doch endlich konnte Martin die Darstellung erkennen.
     
    Er sprang einen Schritt zurück und warf die Karte zu Boden. Federlin hüpfte mit einer Leichtigkeit hoch, die seinem Namen alle Ehre machte, hob die Karte auf, strich sie glatt und steckte sie zu den anderen.
     
    Martin hatte eine lebensgetreue Abbildung des Paters Hilarius gesehen! Den dicken Bauch, das dünne, ausgemergelte Gesicht, die schwarze Kutte der Benediktiner, die dunklen, wilden Augen … Oder hatte ihm das ungewisse Licht einen Streich gespielt? »Kann ich die Karte noch einmal sehen?«, krächzte er heiser.
     
    »Nein«, sagte Federlin, der jetzt dem Mönch gegenüberstand. »Du hast genug gesehen, und du hast richtig gesehen. Willst du wirklich diesem Pater helfen? Warum?«
     
    »Weil er mein geistiger Lehrer ist und weil er im Ruche der Heiligkeit steht. Wer weiß, was die Mordgesellen ihm angetan haben oder noch antun werden?«
     
    »Schlechte Gründe«, sagte Federlin. »Kennst du keine besseren?«
     
    Nun fiel Martin wieder die Aussage des Zauberers in Volkach ein. Das Ende der Welt … Doch hatte Hilarius sich nicht geweigert, diese Aussage ernst zu nehmen? Hatte er nicht nach Eberberg zurückkehren wollen? Nein, das war ein noch schlechterer Grund …
     
    »Bist du sicher?«, fragte Federlin, als habe er die Gedanken des Mönchs gelesen. Martin wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Stattdessen fragte er: »Wo hast du die Räuberbande gesehen?«
     
    »Was nützt es dir schon, wenn ich es dir sage? Du findest sie ja doch nie.«
     
    »Ich kann es aber versuchen.«
     
    »Du kämst nicht weit.«
     
    »Warum nicht?«
     
    »Hast du eben nicht selbst gesagt, dass es hier von Wölfen wimmelt?«
     
    »Und du hast gesagt, es gäbe hier keine …« Jetzt war der Gaukler dem Mönch vollends unheimlich geworden. Pater Hilarius hätte gewusst, ob Federlin vielleicht auch dieser Hexensekte angehörte … »Nun sage mir schon, in welche Richtung sie geflohen sind!«
     
    »Wie wäre es, wenn ich dich zu ihrem Versteck führe?«, meine Federlin leichthin.
     
    »Zu ihrem Versteck?«, wiederholte Martin ungläubig. »Du kennst es?«
     
    »Ich kenne alles in diesen Wäldern. Aber es müsste sich für mich schon lohnen, und ich sehe nichts, womit du mich entgelten könntest.«
     
    »Der Dank und die Liebe unseres Herrn Jesus Christus werden dir gewiss sein, mein Bruder.«
     
    »Sehr schön, aber mit diesem Dank und dieser Liebe kann ich meinen stets fordernden Körper nicht zufriedenstellen, Mönchlein. Da muss schon etwas Handfesteres her.«
     
    »Ich habe aber nichts«, sagte Martin schnippisch.
     
    »Du vielleicht nicht, dein Kloster aber schon. Wie wäre es, wenn du mir einige Goldmünzen und etwas Schmuck versprächest – aus der Schatulle deines Abtes, der mit irdischen Gütern reicher gesegnet ist als du.« Es machte den Eindruck, als kicherte Federlin bei diesen Worten in sich hinein.
     
    »Das kann ich nicht«, sagte Martin und kratzte sich am Kinn. Er spürte, dass die Bartstoppeln immer länger wurden.
     
    »Dann kannst du auch nicht deinen Ersatzgott retten – diesen Pater, der so schrecklich dick und dürr zugleich ist.« Federlin bückte sich, steckte das Kartenspiel zurück in den Ranzen,

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