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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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zögerte, in den wolkig blauen Nachmittag hinauszutreten, und warf Teuffel einen flehenden Blick zu. Dieser begriff sofort, was der Mönch damit sagen wollte. »Habt Dank«, sagte er zu dem Mohren. »Wir finden uns nun allein zurecht.«
     
    Der Mohr machte eine Verbeugung und ließ die drei allein bei der geöffneten Tür. Teuffel und Renata gingen nach draußen. Dort verwickelten sie einen zufällig vorbeikommenden Knappen in ein Gespräch über die Schönheit der Burg und der sie umgebenden Landschaft. Martin jedoch huschte, nachdem er rasch einen Blick zurück geworfen hatte, zu einer offen stehenden, links aus der Halle führenden niedrigen Tür. Er hoffte, dass er Hilarius gefunden haben würde, bevor Teuffel und Renata den ersten Burghof verließen, denn wenn er als Nachzügler allein am Tor erschiene, würde er natürlich Verdacht erregen.
     
    Das Gelass, in dem er sich nun befand, war vollkommen leer. Eine weitere Tür zweigte von ihm ab. Martin eilte hindurch – und gelangte in die Küche. Sie war riesig, und in ihr ging es zu wie in einem Taubenschlag. Köche, Mägde und Diener liefen umher und brüllten sich gegenseitig Anweisungen zu. Niemand achtete auf Martin. In einem riesigen Kamin drehte sich ein gewaltiger Spieß mit einem ganzen Schwein daran. Fässer wurden angeschlagen und wieder verschlossen. Kannen fingen roten Wein auf, der wie Blut wirkte.
     
    Martin fragte eine Magd, wo denn die Kellergewölbe seien; er müsse einen besonderen Wein hochholen. Sie schaute ihn nur kurz an, murmelte: »Du bist der Neue, nicht wahr?«, und Martin nickte heftig. »Da hinten durch die Tür, und dann die erste Tür links. Sie ist nicht verschlossen. Aber beeil dich; du weißt, was geschieht, wenn der Graf warten muss.«
     
    Wie der Blitz eilte er durch die Tür, fand die Kellertür, stieß sie auf und lief die steile, feuchte Treppe hinab. Bald stand er in dichter Dunkelheit. Verzweifelt sah er sich um. Oben von der Tür her stahl sich ein wenig Licht hinunter, doch das kleine Gewölbe, in dem er sich nun befand, besaß kein Fenster und verlor sich schon nach wenigen Ellen in der Dunkelheit.
     
    Da bemerkte er, dass Pechfackeln an den Wänden hingen. Und er sah einen Tisch, auf dem Schwefelspäne lagen. Rasch zündete er einen an und hielt ihn gegen die nächste Pechfackel. Dann nahm er sie aus der Halterung und beschritt die Kellergewölbe.
     
    Sie erschienen ihm so ausgedehnt wie das unmögliche Labyrinth unter dem Haus des Zauberers. Nirgendwo regte sich etwas; nirgendwo hielt sich jemand auf. Es war unheimlich still hier unten; nur manchmal hörte er das unregelmäßige Plätschern von Wassertropfen. Er rüttelte an allen Türen, die er sah. Manche waren verschlossen, doch hinter ihnen drang kein Laut heraus. Die offenen führten in Lagerräume und Weinkeller, in denen große Fässer vor sich hin träumten. Je tiefer Martin in dieses Labyrinth eindrang, desto unruhiger wurde er. Wenn er Hilarius nicht bald fand, war er verloren. Oder war Hilarius schon gar nicht mehr auf der Burg? War alles umsonst? Hektisch stieß Martin Türen auf, leuchtete mit seiner Fackel hinein, donnerte gegen verschlossene Türen, rief den Namen des Paters, doch alles blieb still. Unheimlich still. Schließlich musste er die Suche aufgeben. Er rannte ziellos durch die Gänge und Kammern, bis er sich hoffnungslos verlaufen hatte.
     
    Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Nur hinaus! Hinaus an Licht und Luft und Sonne! Er hatte den Eindruck, dass die Atmosphäre in diesen ausgedehnten Gewölben immer stickiger, dumpfer und bedrohlicher wurde. Die Angst drückte seine Eingeweide mit kalter Hand. Etwas lag in der Luft, etwas Unbeschreibliches … Hörte er nun nicht ein Summen – wie ein Chor von Dämonen tief in der Erde? Er lief schneller. Das Klappern seiner Sandalen hallte wie knallende Peitschenschläge auf den Steinplatten wider.
     
    Die tanzenden Schatten an den feuchten Steinquadern, aus denen die Wände gefügt waren, gaukelten ihm allerlei Bilder vor. Manchmal schien es ihm, als seien in den Wänden kämpfende Tiere gefangen, und manchmal malten sich menschliche Gesichter darauf ab – Gesichter, die in unendlicher Qual verzerrt waren.
     
    Er erkannte keine der Kammern wieder, die er durchhastete; er schien keine von ihnen auf seinem Hinweg durchschritten zu haben. Aber das war völlig unmöglich! So groß konnte das Kellergeschoss doch gar nicht sein! Verzweifelt blieb er stehen und lauschte.
     
    Nichts. Nicht das

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