Der schwarze Atem Gottes
zum Eingangsportal zu kommen. Unbemerkt schlüpfte er hindurch und sah, dass Teuffel und Renata bereits vor dem Tor der ersten Verteidigungsmauer standen und sich unschlüssig umsahen. Als sie ihn bemerkten, winkte Renata ihm freudig zu. Er gesellte sich rasch zu ihnen, und zusammen passierten sie das Tor.
Als sie auch die zweite Ringmauer hinter sich gelassen hatten und auf dem steilen Weg hinab zu der Stelle waren, an welcher der Wagen wartete, berichtete Martin, dass er Hilarius gefunden hatte; von dessen seltsamer Reaktion auf seine bevorstehende Befreiung aber sagte er nichts.
Im Wagen wurde Kriegsrat gehalten. Auch hier schwieg Martin über das Verhalten des alten Paters. Die Schauspieler hatten es sich auf einigen zusammengerollten Kostümballen bequem gemacht, und Federlin, Maria und Martin saßen nebeneinander auf der harten Holzbank, die an der rechten Seite der Ladefläche entlanglief.
Federlin sagte: »Es muss während der Aufführung geschehen, denn dann wird das ganze Personal der Burg draußen sein und uns zuschauen. Irgendwie müssen wir an den Schlüsselbund des Grafen kommen, von dem du gesprochen hast, Martin, denn ich vermute, dass der Schlüssel zu Hilarius’ Gefängnis ebenfalls daran steckt.«
»Ich glaube nicht, dass es möglich sein wird, dem Grafen den Bund einfach zu stibitzen«, sagte Martin. »Dazu sind die Schlüssel zu eng mit dem Lederriemen verbunden.«
»Also müssen wir dafür sorgen, dass der Graf seinen Lederriemen ablegt«, warf Adam Desch ein.
»Genau«, pflichtete Federlin ihm bei. »Und wie können wir das erreichen?«
»Indem er sich auszieht«, meinte Renata lächelnd.
»Er schien großen Gefallen an Renata gefunden zu haben«, sagte Teuffel.
»Wie wäre es denn, wenn statt der drei Dämoninnen diesmal nur zwei auf die Bühne gehen und sich die dritte ihrer dämonischen Fähigkeiten in anderer Hinsicht bedient?«, schlug Federlin schmunzelnd vor.
»Kommt gar nicht infrage«, protestierte Walpurg Steinach. »Wir brauchen drei Dämoninnen. Das wäre ja noch schöner, wenn Renata sich einen aufregenden Abend im Gemach des Grafen macht, während wir im Schweiße unseres Angesichts schuften müssen.«
»Oh, ich glaube, auch ich werde im Schweiße meines Angesichts schuften müssen«, sagte Renata lachend. »Habt ihr denn eine bessere Idee?«
Das war nicht der Fall. Also entschied Federlin, der darin von Teuffel unterstützt wurde, dass Renata sich während der Vorstellung um den Grafen kümmern und ihn verführen sollte, während Martin irgendwie versuchen musste, an den Schlüssel zu kommen. »Wenn du Hilarius befreit hast«, fuhr er an Martin gewandt fort, »musst du mit ihm in den Park fliehen, der sich in östlicher Richtung an das Schloss anschließt. Der Park ist nur durch eine niedrige Mauer vom inneren Burghof getrennt, und vielleicht steht ja sogar das Tor offen. Die Mauer, die diesen Park im Osten umgibt, ist keine reine Verteidigungsmauer; der Graf hat dort die hässlichen Verteidigungsanlagen schleifen und den Burggraben zuschütten lassen , um diesen Park anlegen zu können. Er fürchtet keine Überfälle. Es sollte also ein Leichtes für dich und Hilarius sein, die Mauer zu überwinden. Es gibt überdies eine Stelle unmittelbar neben einem kleinen Türmchen – dem einzigen in der Mauer und daher auch im Dunkeln gut zu erkennen –, an der die Mauer schadhaft ist. Dort habt ihr die besten Chancen.«
Woher weiß er das alles?,
fragte sich Martin. Sicher, Federlin war ein Gaukler und ein fahrender Geselle, und bestimmt war er schon einmal auf dem Schloss gewesen, auch wenn er nicht darüber redete. Trotzdem hatte Martin ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache.
»Und was machen wir, wenn wir hinter der Mauer sind?«, wollte er wissen.
»Hinter der Mauer schließt sich ein dichter Wald an. Wenn ihr euch östlich haltet, gelangt ihr nach wenigen Klaftern bereits an eine Lichtung, auf der eine Hütte steht. Diese Hütte ist unbewohnt; dort könnt ihr euch verstecken, bis wir euch abholen.«
»Wird man denn nicht dort als Erstes nach uns suchen?«, fragte Martin besorgt.
»Es wird kaum auffallen, dass Hilarius nicht mehr da ist«, meinte Federlin leichthin. Dann wandte er sich an Renata: »Ich werde dir ein Pülverchen mitgeben, das du dem Grafen im Verlaufe deiner Zusammenkunft verabreichst. Dann wird er selig einen ganzen Tag lang schlafen. Gib es ihm so rasch wie möglich und
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