Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
endlich lieferten. Ihr kennt ja die Büroservice-Leute.«
    »Und was passierte dann?«
    »Sie knallte die Tür zu und schloß sich in ihrem Büro ein.« Belles Büro ist das einzige, das eine Tür zum Zuknallen hat. Und das einzige mit drei Fenstern.
    Um wieviel Uhr war das?« fragte Alex.
    »Kurz nach drei«, sagte Herb. »Ich weiß das deshalb noch so genau, weil wir für drei Uhr eine Redaktionskonferenz anberaumt hatten und Belle zu spät kam. Sie sagte die Konferenz ab. Die Redakteure waren alle ziemlich sauer. Das war schon das dritte Mal hintereinander, daß sie eine Redaktionskonferenz abgesagt hatte.«
    Ich fragte: »Hat sie irgendwas zu dir gesagt? Hat sie irgendwelche Anrufe entgegengenommen?«
    Herb sagte: »Sie hat mich bloß angeknurrt, als sie an mir vorbeiging. Ihre Anrufe wurden zu Yolanda am Empfang durchgestellt, aber ich glaube nicht, daß dir das weiterhelfen wird. Sie wimmelt die Leute immer ab und vergißt dann alles.«
    Ich sagte: »Dieses Gedicht, das du bei der Beerdigung vorgelesen hast...«
    »Ich habe dieses Gedicht nicht geschrieben«, sagte er. »Und ich habe keine Ahnung, wer es sonst geschrieben haben könnte. Das habe ich auch der Polizei gesagt, und das gleiche sage ich jetzt auch dir.«
    Herb hielt inne. Ich musterte ihn einen Moment lang. Er war gerade mal zwei Jahre älter als ich. Modisch kurz geschnittene braune Haare, weißes Hemd, Weste. Bügelfalte in der Hose. Er zeigte nicht den geringsten Anschein von Trauer oder Betroffenheit. Cheryl im übrigen auch nicht. Herb machte zögernd den Mund auf und schloß ihn wieder. Nervös fuhr er mit dem Finger über eine Gurkenplastik auf seinem Schreibtisch.
    Ich sagte: »Komm schon, Herb. Spuck’s aus.«
    »Nun ja, eine winzige kleine Sache ist doch passiert«, gestand er. »Ein Paket kam per Fahrradboten. Belle schickte mich zum Empfang, um es zu holen. Ich war wütend, daß sie mich Botengänge machen ließ, aber ihre Assistentin war krank, und ich sitze ihrer Tür am nächsten. Oder besser, saß ihr am nächsten.«
    »Was war in dem Paket?«
    »Ich hab’ der Polizei gegenüber davon nichts erwähnt, Wanda. Es schien kein Grund dafür zu bestehen. Ich nahm an, es war eine Schnapsidee von irgendeinem ihrer Liebhaber oder von einem besonders begeisterten Fan. Aber ich denke, du solltest es wissen. Ich will dir helfen, wo immer ich kann.«
    Ich sagte: »Vielen Dank.«
    Er sagte: »Das Paket war ziemlich groß. Ein viereckiger Karton, eingewickelt in braunes Packpapier.« Er zeigte mit den Händen, wie groß es gewesen war. »Es stand kein Absender drauf, und es hatte auch sonst keine auffälligen Merkmale. Ich weiß das deshalb noch so genau, weil das einzige, was drauf stand, die Worte: >Belle Beatrice c/o Midnight-Magazin < waren. Ich fand das merkwürdig und guckte mir das Paket noch einmal genau an, konnte aber nichts finden. Das Paket war ziemlich leicht. Ich glaubte nicht, daß irgendwas drin war, als ich es in Belles Büro trug. Ich stellte es auf ihren Schreibtisch, und sie fing an, es aufzumachen. Sie sah nicht sehr glücklich aus. Ich wußte zu dem Zeitpunkt noch nicht, daß sie mit dir essen gewesen war, Wanda. Ich wußte zu dem Zeitpunkt auch nicht, daß sie überhaupt Kontakt mit dir hatte. Ihre Augen waren ganz geschwollen, so als ob sie geweint hätte. Sie war ziemlich niedergeschlagen, aber doch nicht niedergeschlagen genug, um nicht einen halbherzigen Versöhnungsversuch zu starten.«
    »Was hat sie gesagt?« fragte Alex.
    »Irgendwas wie >Danke, daß du mir das Paket geholt hast. Irgendwie muß ich es dir ja heimzahlen.< Ihr wißt schon, die typischen Belle-Sprüche, aber ohne die übliche Begeisterung.«
    »Sie hat nie lockergelassen, nicht?« bemerkte ich.
    »Glaub’ nicht, daß ich meine Entscheidung jetzt nicht bereue«, sagte Herb.
    Alex sagte: »Und was war nun in dem Paket?«
    Herb fuhr fort: »Ich stellte das Paket also auf Belles Schreibtisch. Sie schnitt die Verpackung mit ihrem Brieföffner auf. Es war sehr sorgfältig verpackt. Mehrere Schichten braunes Packpapier. Als sie es endlich ab hatte, kam eine große weiße Schachtel zum Vorschein. Sie sah mich an und schüttelte die Schachtel. Aber es war nichts zu hören. Belle wurde munter. Sie liebte Überraschungen.« Ich war in dem Punkt zwar anderer Meinung, aber ich ließ ihn weiterreden. »Sie machte die Schachtel mit den Händen auf. Als sie den Deckel abnahm, stieg ein Heliumballon aus der Schachtel.«
    »Ein Ballon?« fragte Alex.
    Herb sagte: »Ein

Weitere Kostenlose Bücher