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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Ich stieß die Tür mit der Schulter auf und wirbelte breitbeinig herum. Otis kreischte wie ein geprügeltes Kind und schoß zwischen meinen Beinen durch nach draußen. Durch die Dunstschwaden sah ich die Umrisse eines Mannes. Der Dampf zog durch die offene Tür ab, und ich hatte bessere Sicht. Der Mann kniete vor der Badewanne. Ich zielte ihm zwischen die Augen. Der Machtrausch war köstlich, aber ich gab ihm nicht nach. Der Mann stürzte sich auf mich. Wir rangen um die Pistole. Er drückte mich gegen die Toilette. Er bog meinen Arm nach hinten, und ich kam mit dem Ellenbogen an den Spülhebel. Die Toilettenspülung ging los. Sein Mund war nur eine Handbreit vor meinem. Er lächelte und nahm mir die Waffe ab. Er ließ mich los. Ich ging aus dem Badezimmer.
    Ich ging nach vorn in die Küche und machte mir einen Drink. Das Wasser hörte auf zu rauschen. Mit einer Knarre auf jemanden zielen und dann nicht abdrücken ist so, als würde man die ganze Nacht vögeln und dann nicht kommen. Ich nahm einen langen, kräftigen Schluck von meinem Tequila mit Zitronensaft und schmatzte mit den Lippen. Er trat hinter mich und sagte: »Du hast mir vielleicht einen Schreck eingejagt.«
    Ich sagte: »Alex, was machst du hier?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Aufräumen. Was war mit Herb auf der Beerdigung los? Ich hab’ den Mirror gesehen.«
    Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm sagte, daß ich darüber nicht sprechen wollte.
    »Ich hab’ versucht, dich anzurufen.« Er warf die Haare auf eine Seite.
    Ich sagte: »Mußtest du mir vorhin den Arm so umdrehen?«
    »War ein guter Vorwand, um dich anzufassen«, erwiderte er sarkastisch.
    »Ich hätte dich erschießen können. Was zum Teufel hast du überhaupt da drin gemacht?«
    »Ich hab’ die Wanne saubergemacht. War ziemlich versifft.«
    Ich füllte mein Glas auf und schaute ihn an.
    Er sagte: »Santina hat mich reingelassen. Wir haben saubergemacht... mit was Scharfem.«
    »Das riech’ ich.« Ich nahm einen Schluck.
    »Ich bin den ganzen Tag allein in einer Dunkelkammer gewesen. Jetzt wollte ich herausfinden, was heute passiert ist. Du kamst mir so aufgeregt vor, als ich wegging — ich hab’ mir Sorgen gemacht.« Er fragte, ob ich ihm auch einen Drink machen könnte. Dann sagte er: »Wenn du willst, kann ich auch gehen.«
    Ich gab keine Antwort. Ich schenkte einen Drink ein und reichte ihn weiter. Ich schlenderte ins Wohnzimmer und legte mich bäuchlings auf die Couch. Er hatte sogar die Kissen aufgeschüttelt. »Fünf-Sekunden-Massage?« fragte ich. Alex stülpte seinen Drink runter und kam zu mir. Er schob meine Ann-Taylor-Bluse hoch und fing an, mich zu massieren.
    Alex ist der ultimative Fünf-Sekunden-Masseur. Wenn ich ihn ganz lieb bitte, macht er es auch schon mal zehn Minuten. Er murmelte ein paar Fragen zu dem, was im Mirror gestanden hatte. Es war offensichtlich, daß die Zeitung Herbs peinlichen Schnitzer total aufgebauscht hatte; ich würde Alex korrigieren müssen. Ich hatte nur eine Woche, um den Fall zu lösen, aber im Moment waren Alex’ Knöchel, die meine Wirbelsäule knacken ließen, das einzige, worauf ich mich konzentrieren konnte.
    Das Telefon schrillte, und ich bat Alex dranzugehen. Er nahm den Hörer ab und flötete mit ganz besonderem Charme: »Hallo?« Ich hoffte, daß es Skip war. Es würde ihm nicht schaden, wenn er hörte, wie ein Mann meinen Hörer abnahm. Alex sagte: »Ja, Santina. Sie ist zu Hause, aber ich hab’ sie schon ins Bett gesteckt... Ja, sie scheint wieder ruhiger zu sein... Nein, sie findet es ganz toll, daß wir bei ihr geputzt haben. Sie hat gesagt, sie würde morgen zu dir raufkommen und sich bedanken... Okay, Santina. Tschüs.« Er legte auf.
    »Sie hat gesagt, ich soll dir ausrichten, daß die Bewerbungen für die Unis in zwei Monaten abgegeben werden müssen.« Ohne mir eine Chance zu geben, etwas zu erwidern, fuhr er mit seiner Massage fort; er rieb und knetete und zerriß fast meine Rückenmuskeln, und ich fühlte mich großartig. Er sagte: »Falls du die Zeitung noch nicht gelesen hast, ich hab’ sie dir mitgebracht. Und ich hab’ deine Katze gefüttert.« Ich murmelte »Danke« und begann ins Schnüffler-Schlummerland hinüberzuschweben. Ich hatte einen Gedanken, bevor ich einschlief: Immer wenn ich allein sein wollte, schien jemand aufzukreuzen. Das war nicht immer schlecht. Ich nahm mir vor, bei Gelegenheit etwas Augen-Make-up zu kaufen. Ich glaubte zu spüren, wie Alex mit seinen Lippen über meine Wange strich, bevor

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