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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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ich das Bewußtsein verlor, aber es war wahrscheinlich Wunschdenken.
    Das nächste, woran ich mich erinnere, war, daß ich um halb sieben morgens aufwachte. Otis kam vom Kleiderschrank im Sturzflug auf meinen Bauch gehechtet — ihre feinfühlige Art, mir zu zeigen, daß sie Hunger hat. Ich strampelte die Decke zur Seite. Alex mußte mich ä la Tarzan in mein Schlafzimmer getragen haben. Die meisten Mädchen hätten sich dadurch wahrscheinlich mächtig geschmeichelt gefühlt, aber mir gefiel das nicht. Ich konnte auch ganz gut allein zurechtkommen. Ich schlurfte in die Küche. Mein Rücken tat weh. Ich war schon immer ein Morgenmuffel gewesen. Otis weckt mich meistens im frühen Morgengrauen. Ich bin halb daran gewöhnt.
    Alex, der Morgenmensch, lag in Boxershorts auf der Couch und schlief, mit dem Gesicht nach unten. Er hat wirklich einen hinreißenden Body. Lange dünne Beine. Ich mag lange Beine und schmale Hüften — kommt meiner Vorliebe fürs Reiten sehr entgegen. Ich stellte mir vor, wie es mit Alex sein würde, bremste mich aber schnell wieder. Meine Phantasien haben so eine Art, manchmal mit mir durchzugehen, und ich rief mir in Erinnerung, daß Alex dafür nicht verfügbar war. Ich fütterte die Katze und begann, eine Kanne Kaffee zu brauen. Ja, Kaffee. Auf die brutale Art in die Gänge zu kommen, war jetzt vielleicht nicht das Schlechteste. Alex stand von der Couch auf, klaubte sittsam seine Hose vom Boden auf und hielt sie sich vor den Bauch. Ich sagte: »Glaubst du, ich hätte noch nie Boxershorts gesehen?«
    Er lachte und ließ seine Hose auf den Boden fallen. Ich sah, daß es nicht die Boxershorts waren, die er verbergen wollte. Aber wachen denn nicht alle Männer mit einer Morgenlatte auf? Oder kriegen sie die nur wenn, sie bei mir schlafen? Ich wandte mich wieder der Kaffeemaschine zu, um meinen Kompagnon nicht in Verlegenheit zu bringen. Ich sagte: »Wir haben heute eine Menge vor. Laß uns als erstes ermitteln, was in den letzten Stunden vor Belles Tod passiert ist. Sie hat sich um drei Uhr nachmittags von mir getrennt, und nach Schätzung der Polizei ist der Tod vor Mitternacht eingetreten. Macht also neun Stunden, die ungeklärt sind.«
    Alex rieb sich die Augen und sagte: »Wir untersuchen den Mord? Wie spät ist es?«
    Ich sagte: »Sechseinhalb Stunden seit Beginn des ersten Ermittlungstages.« Oder des zweiten. Daß mußte ich noch abklären. Adrenalin rauschte durch meine Adern. Morgen hin, Morgen her, es ging um 500 000 Schleifen. Otis schnurrte wild, nachdem sie ihren Hauptgang vertilgt hatte — Leber/Nieren-Püree. Es ist so leicht, sie zufriedenzustellen.
    Beim Kaffee informierte ich Alex über alles, was passiert war, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten — wobei ich den Teil mit Sexgott Skip so weit aussparte wie möglich. Alex erklärte sich bereit, die Arbeit an seiner Mappe für den Rest der Woche zu stornieren und mir bei den Nachforschungen zu helfen. Ich machte Toast. Wir aßen. Danach sagte ich: »Ist das nicht mal wieder typisch Belle, mich mit einer Deadline zu nageln? Eine Woche. Das ist so, als wollte man einen Waldbrand auspissen.«
    Alex sagte: »Wenigstens kriegst du allmählich deinen Humor wieder. Ich wette, das kommt daher, daß du hin- und hergerissen bist zwischen deiner Trauer und deinem Ärger über Belle.«
    Ich sagte: »Wollen wir jetzt meine Psyche erforschen oder einen Killer finden?«
    Wir machten uns einen Plan. Wir würden als erstes zum Midnight gehen und Cheryl und Herb auflauern. Wir wollten mit ihnen sprechen, weil Belle wahrscheinlich nach ihrem Lunch mit mir zurück ins Büro gegangen war. Aber wie sollten wir mit dem Schweden verfahren? Und wie würden wir an Martha rankommen? (Wenn sie mich bei BG & B erkannte hatte, dann hatte sie es sich jedenfalls nicht anmerken lassen. Johann mußte sie gewarnt haben.) Wir beschlossen, uns mit dieser Frage später zu befassen und uns erst mal die Midnight -Crew vorzunehmen. Die Sonne schien in mein Vorderfenster. Auf der Straße klapperte jemand mit Mülltonnen. Es sah so aus, als würde es wieder ein Supertag werden.

    »Ich weigere mich, mich mit dir in irgendeinem Zusammenhang, irgendeiner Sprache oder über irgendein Thema zu unterhalten.« Cheryl Stingon hatte wie üblich einen Besenstiel im Arsch stecken. Da sie keine Bürotür hatte, die sie hätte zuknallen können, mußte sie die leise Schmach über sich ergehen lassen, sich von uns hinterhergaffen zu lassen, als sie zurück hinter ihren

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