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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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es fast vermasselt.«
    »Was vermasselt — deine Karriere als Kinderschänder?«
    »Wenn ich nicht gewesen wäre, würden wir jetzt da drinstehen und uns den Pimmel halten.«
    »Ich hab’ keinen Pimmel«, sagte ich.
    Er sagte: »Entschuldigung. Manchmal vergeß’ ich das.« Ich ließ ihm das letzte Wort. Ich schlucke alles einmal runter, inklusive meinen florettartigen Witz.
    Die Sonne stand noch immer hoch, und im Village trieben sich immer noch mehr Leute herum. Ein Tarotkartenleser mit einem Kartentisch versuchte mit allerlei Gesten, Passanten anzulocken. Zwei Männer knutschten auf der Haube eines Impala herum. Nachdem sich die Spannung wieder einigermaßen gelegt hatte, einigten wir uns darauf, direkt zu Herb zu gehen. Als wir zurück zur 4. Straße West gingen, war Alex ungewöhnlich ruhig. Er vermied jeden Blickkontakt mit mir. Ich bin nicht übel anzuschauen, aber ich kam natürlich nicht an Candie heran. Ich wünschte, ich hätte ihn nicht so angeschrien. Ich guckte auf meine Uhr; es war kurz vor vier.
    Ich war noch nie in Herbs Wohnung gewesen. Es gab keinen Pförtner in dem Haus. Aber da genau in dem Moment, als wir vor der Hautür ankamen, ein anderer Hausbewohner rauskam, brauchten wir nicht zu klingeln, um reinzukommen. Anhand der Namensschilder neben der Klingel sahen wir, daß Herb im ersten Stock wohnte. Wir klopften an seine Tür.
    Ein atemberaubend attraktiver Mann mit einem schlanken, braungebrannten Körper machte uns auf. Er trug eine violette Calvin-Klein-Unterhose und hatte ein grünes Kopftuch um den Kopf gewickelt. Wir stellten uns als Freunde von Herb vor. Er bat uns reinzukommen.
    Ich sagte: »Hübscher Frisbeehelm.«
    Er sagte: »Gefällt er Ihnen? Ist ein ganz neuer Look für mich.«
    Ich sagte: »Steht Ihnen gut. Sie haben die richtige Kopfform dafür.« Er fühlte sich vollkommen easy in seiner Unterhose; ein Mann so ganz nach meinem Geschmack.
    »Ich hab’ mir gerade einen neuen Haarschnitt verpassen lassen. Der gefällt mir überhaupt nicht.« Er nahm das Kopftuch ab und zeigte ihn uns. Ich fand nicht, daß es schlecht aussah — mit so einem Gesicht konnte man gar nichts falsch machen.
    Ich sagte: »Ich würd’ mir deswegen keine grauen Haare wachsen lassen.«
    »Ich hab’ mir den Schnitt für ein Vorsprechen machen lassen; ich bin Schauspieler. Natürlich hab’ ich die Rolle nicht gekriegt. Und jetzt muß ich die nächsten paar Wochen wie ein Westpoint-Kadett rumlaufen. Wartet hier, ich hol’ Herb.« Er ging raus, so daß wir Gelegenheit hatten, uns die Wohnung anzuschauen. Eine Wohnungsanzeige in der Times hätte sie etwa so beschrieben: »Helles, geräumiges Ein-Schlafraum-Apartment mit Parkettböden und hohen Decken.« Die Wände im Wohnzimmer waren pink gestrichen. Hübsche, einfache Ausstattung. Wenn ich mein eigenes Apartment neu entwerfen könnte, würde es so ähnlich aussehen wie das von Herb. Die fensterfreie Wand war mit Regalen bedeckt. Die Regale standen voll mit Pflanzen, hauptsächlich Philodendren, dazwischen ein paar Farne. Die Möbel waren alle aus Holz, das Design war geschmackvoll und konservativ. An der Decke hing eine Schiene mit Halo-Spots. An der Wand war ein gerahmtes Poster von einem Foto, das ich mit ziemlicher Sicherheit irgendwo schon einmal gesehen hatte; ich wußte bloß nicht mehr, wo. Zwei Männerköpfe im Profil.
    »Mapplethorpe«, sagte Alex.
    Herb, der Bär, kam herein, ganz in Valentino gekleidet. »Wanda, Alex, was für eine Überraschung«, sagte er langsam.
    Ich sagte: »Ich hoffe, eine angenehme.«
    Er sagte: »Larry habt ihr ja schon kennengelernt.«
    Ich sagte: »Er ist süß.«
    »Ja, das ist er. Wir leben zusammen.« Herb grinste.
    Ich kapierte.
    Ich sagte: »Wie kommt’s, daß du mir nie was davon erzählt hast?«
    Er sagte ernst: »Ich hielt das nicht für wichtig für unsere berufliche Beziehung.«
    »Aber wir sind doch auch Freunde.«
    »Wenn wir Freunde wären, würdest du dann nicht wissen, daß ich schwul bin?«
    Ich ließ das erst mal einen Moment einsinken.
    »Dann hat Belle wohl auch nichts davon gewußt?«
    »Natürlich wußte sie es. Belle und ich standen uns sehr nahe.«
    »Wieso hat sie dich dann immer angemacht?«
    »Das gehörte einfach mit zu unserer Freundschaft. Wir hatten beide Spaß am Flirten, und es war ungefährlich, weil wir wußten, daß eh nie was passieren würde.« Wie bei mir und Alex. Ich schaute zu ihm rüber, und er wich meinem Blick bewußt aus. Immer noch sauer, dachte ich.
    »Und was ist mit

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