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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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diesem Brief?« fragte ich und zeigte ihm den Brief, den ich in Belles Handtasche gefunden hatte.
    Er warf einen kurzen Blick darauf und sagte: »Was soll denn damit sein? Ich hatte ein Angebot von einer anderen Zeitschrift bekommen, und die Idee eines Tapetenwechsels erschien mir nicht ohne Reiz. Belle bot mir mehr Gehalt an, aber keinen neuen Titel. Ich wollte Bedenkzeit. Mehr steht in dem Brief nicht drin. Was hast du denn gedacht — daß wir eine heimliche Liebesaffäre hatten?«
    Ich sagte: »Und wieso dann der Spruch: >Ich hatte schon härtere Jobs als den, dich zu lieben    Er sagte: »Hast du sie nicht auch geliebt?«
    Ich kam mir plötzlich unheimlich bescheuert vor, noch bescheuerter als gewöhnlich. »Wir sind dir gefolgt«, sagte ich.
    Herb warf den Kopf zurück und lachte. Er sagte: »Dann bin ich jetzt also ein schlimmer Junge? Wow, das gefällt mir.« Er rief in das andere Zimmer hinüber: »Larry! Ich bin ein schlimmer Junge.«
    Ich sagte: »Wir haben gesehen, wie du mucho dinero in die Goldfischtüte gesteckt hast und sie Rudberg gegeben hast. Kannst du uns das erklären?«
    »Das hatte nichts mit Belles Tod zu tun.«
    »Aber was ist mit Belles Geld?« fragte Alex.
    Larry kam aus dem Schlafzimmer. Er sah umwerfend aus in seinem braunen Armani-Anzug. Er legte die Hand auf Herbs Schulter und sagte: »Klar bist du ein schlimmer Junge. Fertig? Max wartet wahrscheinlich schon im Club.«
    Herb faßte Larrys Hand und sagte: »Einen Moment noch.« Er wandte sich zu uns. »Wir gehen zu einer ACT-UP-Party in meinem Männerclub auf der Cornelia Street. Max Rudberg ist dort auch Mitglied. Die Goldfischtüte ist der Türpreis. Es ist ein Gag. Der Gewinner kriegt sie und denkt, »Scheiße, das war ja wohl nichts.« Dann macht er sie auf und sieht die Scheine. Und es ist wohl kaum mucho dinero, Wanda. Es sind ganze fünfzig Schleifen.«
    Larry sagte: »Eine Schnapsidee. Ich find’ sie überhaupt nicht gut.«
    Herb nickte. »Max’ Idee«, sagte er. »Ich wäre euch übrigens sehr verbunden, wenn ihr ihn da raushalten könntet. Er ist nicht scharf darauf, geoutet zu werden. Das gilt übrigens für viele Mitglieder des Clubs. Wenn ihr Lust habt, als meine Gäste mitzukommen, seid ihr herzlich eingeladen. Es ist für einen guten Zweck.«
    »Ein andermal«, sagte ich. Wir bedankten uns bei Herb und gingen. Ich nahm mir vor, das alles zu überprüfen, aber Herbs Story erklärte doch sehr plausibel, warum Belle ihn und Max nie rumgekriegt hatte. Ich steckte mir eine Zigarette an, als wir draußen waren. Sie schmeckte hervorragend.
    Als Alex und ich am Nachmittag zu Do It Right zurückkehrten, hörte ich als erstes den Anrufbeantworter ab. Aber es waren keine neuen obszönen Anrufe eingegangen. Alex legte seine Brieftasche und seine Schlüssel auf meinen Schreibtisch, bevor er den Flur hinunter zur Toilette ging. In einer spontanen Blitzaktion filzte ich seine Brieftasche durch und fand die Serviette mit Candies Telefonnummer drauf. Ich zerriß sie und aß sie auf. Ich konnte nicht zulassen, daß er sich ins Unglück stürzte. Er würde es mir später danken.
    Als er zurückkam, drückte ich ihm die eine Hälfte der Liebesgedichte in die Hand, die wir inzwischen gesammelt hatten. Wir suchten nach irgendeinem Anhaltspunkt — einer wiederkehrenden Sprachfigur, einem klemmenden Buchstaben — irgend etwas. Ich zündete mir eine Zigarette an. Ich hatte zuletzt viel geraucht. Alex hustete. Er sagte: »Könntest du den Qualm bitte aus dem Fenster blasen?« Candie war wahrscheinlich Nichtraucherin. Can-die schnitt sich wahrscheinlich nicht ins eigene Fleisch.
    Ich sagte: »Kein Problem«, aber ein paar Züge später vergaß ich’s wieder. Alex hustete demonstrativ, nahm seinen Packen Briefe und schleppte seinen Stuhl auf die andere Seite des Raums.
    Er sah, wie ich ihm dabei zuschaute. Er sagte: »Was ist los?«
    »Nichts ist los«, sagte ich.
    Ich konzentrierte mich auf die Gedichte und fragte mich, ob sie Belle wohl angemacht hatten. Ich erinnerte mich, daß Belle einmal zu mir gesagt hatte: »Das einzige, was mich überhaupt noch erregt, sind mehrere Orgasmen hintereinander und Ehrenpreise.« Ich blickte zu Alex rüber. Er hatte fast nichts geredet, seit wir bei Herb weggegangen waren.
    Ich sagte: »Ich kann einfach nicht glauben, daß Herb ernsthaft erwogen haben soll, vom Midnight wegzugehen. Belle muß einen Anfall gekriegt haben.«
    Alex schaute nicht auf. Er sagte: »Veränderung ist gut. Du siehst doch, wie sich

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