Der schwarze Dom
Hosentasche und einem ganzen Bündel übernatürlicher Kräfte besaß Davey außerdem noch eine Rolle Klebeband.
Damit hatte er sie fürs erste zum Schweigen gebracht. Tracie hätte sich von ihm gerne noch Wachs in die Ohren gewünscht, während er zugange war. Der arme Mann – Davey ließ sich Zeit damit, ihn ins Jenseits zu befördern.
Tom war während des Mords draußen. Er suchte Carl hinter der Kirche. Davey hatte ihn losgeschickt, obwohl er zweifelsohne ganz genau wußte, wo Carl sich wirklich aufhielt. Tracie fiel auf, daß Davey Tom nicht bei sich haben wollte, wenn er tötete. Als sie den Tunnel wieder zurückgegangen waren, waren sie Tom auf halber Höhe begegnet, und als Tom nach Rick fragte, hatte Davey erwidert, sie müßten später noch einmal zu ihm zurück, wenn sie nicht mehr so in Eile waren. Natürlich war das Mundwerk von Tracie und Paula zu diesem Zeitpunkt schon lange stillgelegt, und sie hatten keine Möglichkeit mehr, die Lüge aufzudecken.
Rick. So ein heller Kopf. So ein gutes Herz. Er durfte einfach nicht weg sein. Bis jetzt machte Paula keine Anstalten, den Verlust hinzunehmen. Sie würde nicht eher trauern, bis Davey zerstört wäre. Und sie würde ihn zerstören, das schwor sie sich. Er würde verbrennen.
Tracie erinnerte sich noch genau an den Tagebucheintrag von Mark Sanders.
Ich glaube nicht, daß Feuer ihnen besonders zusagt.
Außerdem hatte Cessy Paula geradezu angsterfüllt davon abgehalten, sich eine Zigarette anzuzünden. Sie mußten Feuer gegenüber empfindlich sein. Doch weggenommen hatte Cessy Paula das Feuerzeug nicht, und jetzt hatte Tracie es. Sie hatte es sich aus Paulas Hemdtasche geangelt, als sie Carl durch die Wüste verfolgt hatten. Sie mußte ihren Schachzug vorbereiten. Daveys und Cessys übersteigertes Selbstvertrauen in ihre überlegene Stärke und Geschwindigkeit war in Wirklichkeit eine Schwäche. Sie hatten ihnen den Mund verbunden, aber nicht die Hände.
Tracie suchte die Kirche gerade auf etwas Entzündbares ab, als Davey von seinem Vergnügen mit dem Priester auftauchte. In seiner blutverschmierten Hand hielt er eine Flasche Tequila.
Hier unten im Süden hatte er wahrscheinlich an die sechzig Prozent Alkohol.
Sie fragte sich, ob sie Davey wohl um ein Schlückchen von dem Gesöff anhauen konnte, bevor er ihr die Kehle aufschlitzte. Das könnte vielleicht seinen perversen Sinn für Humor ansprechen. Dann könnte sie ihm damit eins überbraten, ihm die Klamotten mit Alkohol einweichen und ihn dann abfackeln.
Na ja, jedenfalls dann, wenn er um das Zehnfache langsamer wurde.
Cessy räusperte sich. Tracie schaute diese Hexe über die Schultern an. Ihre Blicke begegneten sich. Dumm, daß keiner von ihnen in der Schule bemerkt hatte, daß diese zwei gar nicht dorthin gehörten. Sie blinzelten nie. Außerdem waren ihre Pupillen ständig erweitert. Andererseits lag etwas Magnetisches in diesen Augen. Tracie wollte sich abwenden, zögerte dann jedoch. Sie hatte den Eindruck, als wollte Cessy ihr etwas sagen. Deshalb hatte Cessy sich geräuspert, sie wollte sie auf sich aufmerksam machen.
Obwohl es Tracie war, als hörte sie eine Frage von Cessy, hätte sie schwören können, daß Cessys Lippen sich dabei auch nicht um den Bruchteil eines Millimeters bewegt hatten. Trotzdem gewann Tracie den klaren Eindruck, daß Cessy ihr etwas über die Flasche Tequila mitteilen wollte.
Die Flasche Wasser, Tracie. Wasser.
Tja, das stimmte, dachte Tracie.
Wo war denn die Flasche noch?
Davey hat die Flasche Wasser. Wasser. Tracie.
Tracie wollte Cessy bitten, die Situation klarzustellen. Es gab bloß eine Flasche, und Cessy sprach von zweien. Natürlich, es mußte zwei geben, weil in einer Wasser war, und die andere – tja, in der mußte auch Wasser sein. Wo auch immer sie war. Jedenfalls, so überlegte Tracie, mit dem Band über ihrem Mund würde sie Cessy überhaupt nichts fragen.
Das Verlangen, Cessy zu fragen, ging so schnell vorüber, wie es gekommen war, und Tracie war nicht klar, wie es überhaupt erst entstanden war. Um die Flasche Wasser, die Davey in der Hand hielt, konnte Cessy sich doch keine Sorgen machen.
Tracie wurde es mit einemmal schwindelig. Aber auch das ging rasch vorüber.
Davey schlug gegen die Beichtstuhltüre.
»Carl. Zeit zum Rauskommen. Die Zeremonie fängt gleich an.«
Carl folgte der Aufforderung. Er war ausgezehrt und bleich, aber nicht verstört wie Paula, die nur noch schwach den Anschein erweckte, zu den Lebenden zu gehören. Sie
Weitere Kostenlose Bücher