Der schwarze Engel
Personen, und so teilte
sie sich die Arbeit mit Joe. Sie mussten die Person finden, von dem die beiden
Opfer die Ketten erhalten hatten.
Nervös schlug Sharon ihren
Kugelschreiber auf und ab, den sie zwischen zwei Fingern hielt. Sie blickte
auf, als eine Mitarbeiterin aus dem Recherche-Team ihr einige Daten vor die
Nase legte. Sharon bedankte sich und überflog die Namen und Adressen, die zu
den Gesichtern auf Lenanes Fotos gehörten, während sie mit schnellen Schritten
zu Joe ging, um ihm das zweite Blatt zu geben.
Nach langem Umherkurven hatte
Sharon eine Parklücke vor den Häusern gefunden und klingelte an einem der
vielen Reihenhäuser. Als sie kurz davor war, sich auf den Weg zur nächsten
Adresse zu machen, wurde die Tür geöffnet und eine Frau Ende dreißig mit
zerzausten, schlecht blondierten Haaren und einem schlampig übergezogenen
Morgenmantel blickte Sharon durch dringlich an. Ihre Augen waren gerötet und
geschwollen. Sie schien eine leichte Fahne zu haben. Sharon zeigte der Frau
ihren Ausweis, während sie nach Ashley fragte.
Die Mutter gab ein genervtes
Stöhnen von sich und rief, während sie schon wieder auf dem Weg ins
Schlafzimmer war: „ Ashley, beweg deinen Arsch hier runter, hier ist das FBI
für dich!“
Kurz darauf kam ein jung wirkendes
Mädchen die Treppe hinunter gelaufen. In ihrem durchschnittlichen Gesicht
zeigte sich ein überraschter, verunsicherter Ausdruck. Glatte, dunkelblonde,
schulterlange Haare fielen ihr vor die Augen.
Sharon lächelte und reichte ihr
die Hand: „Hallo, Ashley. Ich bin hier, um den Mord an Lenane aufzuklären und
möchte dir routinemäßig gerne ein paar Fragen stellen.“
Das Mädchen nickte und versuchte,
das Lächeln zu erwidern: „Entschuldigen Sie, für meine Mutter. Seitdem mein
Vater uns verlassen hat, ist sie nicht mehr dieselbe.“
Sharon nickte und folgte Ashley in
die Küche, um ihre Befragung ungestört durchzuführen. Der tragische Tod ihrer
Freundin hatte die junge Frau sichtlich mitgenommen. Mit leiser, tief
betroffener Stimme erzählte sie: „Es ist so schrecklich. Warum Lenane? Wer tut
so etwas? Sie hatte keine Feinde und war überall beliebt. Wir haben uns oft
getroffen und mit anderen Freunden etwas unternommen, sind ins Kino gegangen
oder Pizzaessen, oder haben uns bei ihr zu Hause getroffen. Sie war meine beste
Freundin!“ Verzweifelt zog sie die Stirn in Falten und blickte Sharon Hilfe
suchend an.
„Es tut mir sehr leid. Ich kann
mir vorstellen, dass es ein wirklich harter Schlag für dich ist, was mit deiner
Freundin geschehen ist! Ashley, Lenane trug eine Silberkette mit einem roten
Anhänger in Form eines Engels.“
Ashley nickte.
„Weißt du, von wem sie diese Kette
hatte?“
Sie schüttelte den Kopf: „Nein,
das weiß ich nicht. Sie hatte diese Kette noch nicht sehr lange. Ich habe sie
darauf angesprochen, aber sie meinte, es sei ein Geheimnis. Das hat mich etwas
verletzt, wissen Sie. Schließlich war sie meine beste Freundin. Beste
Freundinnen sollten keine Geheimnisse voreinander haben.“
Ashley wirkte durch die schwere
Trauerlast wie ein kleines Mädchen, das um Jahre jünger geworden war. So
schnell gab Sharon nicht auf: „Hast du eine Ahnung oder eine Idee, von wem sie
sie gehabt haben könnte? Welche Personen standen ihr, abgesehen von dir, am
nächsten? Gibt es irgendwelche Orte, die sie oft besucht hat?“
Ashley dachte über alles nach,
schwieg einen Moment lang und begann schließlich, laut zu denken: „Ich kann es
mir nicht vorstellen. Wahrscheinlich von einer anderen Freundin. Ich glaube
nicht, dass ihre Eltern oder Verwandten ihr so eine Kette geschenkt hätten.
Vielleicht hatte sie einen heimlichen Verehrer oder Freund, aber so richtig
vorstellen kann ich mir das auch nicht. Ich bin mir sicher, davon hätte sie mir
erzählt. Die wichtigsten Personen in ihrem Leben waren ihre Eltern und ihre
Freunde. Und wie ich am Anfang schon erzählt habe, sind wir höchstens mal ins
Kino oder was Essen gegangen. Ganz selten nur mal in einen Klub in der Nähe der
Uni. Discos oder so etwas war nicht unser Ding. Wir haben es uns oft zu Hause
gemütlich gemacht, Videos geschaut und so etwas, was man halt so macht.“
„Hatte Lenane vielleicht Neider?“
„Nein, nicht wirklich. Sie war
sehr beliebt. Es gab natürlich ein paar Ziegen, die sie nicht leiden konnten,
weil sie eifersüchtig auf sie waren. Aber Lenane hat nicht viel darum gegeben.
Delicia hat ihr beigebracht, solche Leute zu ignorieren. Ich denke
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