Der schwarze Fürst der Liebe
beschweren.
Engellin stöhnte innerlich. Dieses dumme Gör!
»Elisabetha hat für dich eine Salbe hergestellt. Aber ihre Finger sind voller Gicht und nicht mehr so gewandt. Also bat sie mich dir das Medikament gegen deine schlimmen Schmerzen aufzutragen«, entgegnete sie freundlich.
Lena stutzte. Eine eigens angefertigte Medizin war ihrer würdig. Geschicktere Hände auch. »Na meinetwegen«, grunzte sie und rauschte in ihrem blutroten, bestickten Kleid zu einem gedrechselten Sessel. Sie quetschte ihren fülligen Leib in das viel zu kleine, knarrende Möbelstück.
Engellin wechselte mit Elsa verstohlen einen amüsierten Blick und trat in Lenas überladenes Zimmer, während die Haushälterin im Inneren des Hauses verschwand.
Das monströse, verschnörkelte Bett mit flammend-rotem Baldachin erdrückte den Raum, dessen Wände mit dicken Teppichen behängt waren. Den verbliebenen Platz teilten sich Spielzeuge aus Lenas Kindheit, achtlos in die Ecken hingeworfen und ein ebenfalls roter Schminktisch mit dem armen, nun durch Lenas dicken Hintern gequälten, Sesselchen davor. Schwere, geblümte Vorhänge verbargen die Fenster. Obwohl es draußen noch warm war, brannte ein Feuer. Das Zimmer war ein Alptraum!
Engellin hatte das Gefühl zu ersticken und holte tief Luft. Wenn das hier Reichtum war, konnte sie mit Leichtigkeit darauf verzichten. Sie brachte ein Lächeln zustande, schob Lenas Schminktiegel auf dem Tischchen zur Seite und baute ihr Arsenal an Ölen, Kräutern und Kissen auf.
»Oh!« Lena seufzte bei dem Anblick. »Das riecht gut!«
Mit flinken Händen strich Engellin duftende Öle auf Lenas Stirn und massierte ihren speckigen, rosigen Nacken, bis das Mädchen grunzte.
»Mehr! Mehr!«, forderte sie wie ein Kind.
Engellin tat, als hätte sie es nicht gehört. »Die Behandlung wirkt nur, wenn Ihr Euch hinterher ganz ruhig hinlegt und alles einziehen lasst. Ich denke, Eure Kopfschmerzen werden nach einem kleinen Schönheits-Schläfchen verschwunden sein.«
Lena nickte ergeben, wand sich aus dem Sessel und ließ sich von ihr zum Bett geleiten. Engellin drapierte noch einen Kirschkernbeutel auf dem weißen Leinenkissen und erklärte ihr, dass dies zu der Behandlung gehöre und sie möge es im Nacken lassen.
Erleichtert machte sie sich daran alle Medikamente und Utensilien wieder in ihren Korb zu räumen. »Könnt Ihr mir bitte noch meine Vergütung auszahlen? Ich bekomme fünf Pfennig!«
»Geh zu meinem Vater«, murmelte Lena, schon fast eingeschlafen.
Verdammt! Eigentlich hätte ihr klar sein müssen, dass das dumme Gör kein Geld besaß! Jetzt musste sie auch noch zu Warrenhausen wegen ihrer Bezahlung. Zu einem Kerl, der als Wüstling und Halsabschneider verschrien war.
Sie nahm ihren Korb, schloss lautlos die Tür zu Lenas Zimmer und spähte in den dämmrigen Flur. Wohin nun? Sie schnupperte. Es roch nach Braten. Die Küche!
Sie huschte durch die Gänge des Anwesens, immer dem Essensduft nach, bis sie auf Elsa stieß, die gerade ein Tablett mit Speisen aus einer pendelnden Tür balancierte.
»Elsa!« Das Haus war ihr unheimlich und sie war froh, die nette Frau zu sehen. »Ich muss zu Warrenhausen wegen meiner Bezahlung.«
»Na dann viel Spaß«, entgegnete Elsa mit einem grimmigen Lächeln, »mir nach.«
»Herr, die Heilerin ist hier, denn sie möchte entlohnt werden«, hörte Engellin sie in dem Zimmer sagen, an dessen Türschwelle sie wohlerzogen wartete.
»Was?«, polterte eine laute Stimme: »Die Alte schuldet mir noch die Pacht von letztem Monat! Jetzt will sie Geld?«
Die Tür wurde aufgerissen. Vor Engellin stand ein schwer atmender, dicker Mann mit purpurrotem Gesicht. Seine kostbare Weste und die kniekurze Brokathose lagen stramm an seinem feisten Leib. Das wertvolle Hemd aus feinstem Leinen engte seine Gurgel ein. Er sah aus als würde er jeden Moment aus seinen Kleidern platzen. Engellin blickte angewidert auf seine spärlichen weißblonden Haare und den mit einem blonden, gedrehten Schnurrbart verzierten Mund, der sich schon zum Gebrüll öffnen wollte. Jedoch blieb ihm das Wort bei ihrem Anblick im Hals stecken. Mit offenem Maul musterte er sie von oben bis unten. Sie hasste Männer aus tiefstem Herzen, die einer Frau das Gefühl gaben, nackt da zu stehen.
Das war nun gleichgültig. Sie setzte ihr honigsüßestes Lächeln auf, knickste und sagte brav: »Ich bin die Schülerin von Elisabetha und heiße Engellin, mein Herr. Wenn ihr so gütig sein würdet mich für die Behandlung eurer
Weitere Kostenlose Bücher