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Der schwarze Kanal

Der schwarze Kanal

Titel: Der schwarze Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Fleischhauer
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Vor-Ort-Initiativen und Arbeitsstellen gegen Rassismus und Diskriminierung, deren Aufklärungsarbeit nach Meinung vieler bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus mindestens so viel Bedeutung zukommt wie der Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz. Und in dieser Szene hat sich die Ministerin nachhaltig unbeliebt gemacht. Seit Schröder von jedem Verein eine sogenannte Demokratieerklärung verlangt, in der sich die Empfänger von Fördergeldern zum Grundgesetz bekennen müssen, lebt sie mit dem Vorwurf, sie könne Links- und Rechtsextremismus nicht auseinanderhalten. Das reicht schon, um in den Verdacht zu geraten, den braunen Terror zu verharmlosen. Oder zu «relativieren», wie es bei solcher Gelegenheit heißt.
    Es war absehbar, dass die Debatte über die Gefahr von rechts in eine über staatliche Zuwendungen abbiegen würde. Wo es ums Geld geht, erwächst Konkurrenz, auch wenn man das in diesem Fall so nicht sagen darf. Der einfachste Weg, den Furor der öffentlich finanzierten Teilzeit- und Dauer-Engagierten zu entfachen, ist, eine Diskussion über Interessenlagen zu beginnen. Weil alles aus dem vornehmsten Anlass geschieht, setzt sich jeder sofort ins Unrecht, der Zweifel anmeldet, und sei es nur, indem er wie die Familienministerin zuvor gerne sichergestellt hätte, dass sein Geld auch für die von ihm beabsichtigten Zwecke fließt.
    Der Glaube an die segensreiche Wirkung von Sozialarbeit ist grenzenlos. Von den zehn Vorschlägen, die die «taz» unter der Überschrift «Gegen Neonazis: Was jetzt zu tun ist» auf ihrer ersten Seite präsentierte, liefen alle irgendwie auf eine Stärkung des sogenannten zivilgesellschaftlichen Engagements hinaus. Der einzige Bereich der Gesellschaft, in dem sich das Böse völlig untherapierbar zu halten scheint, sind Vorstandsetagen. Spitzenmanager können tausendmal behaupten, dass sie eine schwere Kindheit hatten, es wird ihnen nichts nützen. Ansonsten gibt es keine Problemgruppe, bei der nicht gute Wort und viel Zuwendung Abhilfe schaffen können. Und wenn sich die Probleme trotz des Einsatzes wider Erwarten verfestigen, dann gab es eben nicht genug sozialtherapeutisches Personal, um die Dinge in den Griff zu bekommen.
    Es ist ein nahezu narrensicheres System, das längst auch abseits der Welt der Zahlen funktioniert. Die Wahrheit ist ja: Keine Bundesregierung hat jemals so viel Geld für die Bekämpfung des Rechtsextremismus ausgegeben wie die derzeit amtierende. 24 Millionen Euro gehen jedes Jahr in die entsprechenden Programme, das sind vier Millionen Euro mehr als unter Rot-Grün. Tatsächlich ist es so viel Geld, dass von den bereits bewilligten Mitteln Ende vergangenen Jahres noch 8,5 Millionen Euro übrig waren, weil die vom Staat geförderten Projekte noch nicht die Zeit gefunden hatten, alles abzurufen. Aber, wie gesagt, wenn es um die gute Sache geht, darf man nicht zu kleinlich sein. Sonst heißt es noch, man stehe auf der falschen Seite.

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Lichterkette für Guttenberg
    Machen wir einen kleinen Test zur aktuellen politischen Bußpraxis. Von wem stammt der folgende Satz: «Ich habe einen Riesenfehler gemacht. Und für Fehler muss der Mensch die Verantwortung übernehmen»? Wer hat die Tage nach seinem Rücktritt so beschrieben: «Das Erste ist eine Schocksituation, die zu bewältigen ist. Danach fangen die Trauer und das Abschiednehmen an. Und ich musste natürlich von einem Tag auf den anderen Abschied nehmen, von meinem Amt, von meiner Lebenssituation hier, wo ich wohne.»? Wer zieht bis heute Trost aus seiner ungebrochenen Popularität? «Was mich berührt hat, war die liebevolle Reaktion von sehr vielen Menschen. Wir haben für die Briefe extra verschiedene Kisten aufgestellt: Die Positivkisten wurden immer voller, und die Negativkisten blieben sehr leer.»
    Wenn Sie jetzt denken, dass die Antwort auf der Hand liegt, weil Sie genau diese Sätze in dem langen «Zeit»-Interview mit Karl-Theodor zu Guttenberg gelesen haben, dann wurden Sie leider auf dem falschen Fuß erwischt. Die Zitate sind nicht aus der «Zeit», sondern aus dem SPIEGEL , und sie stammen auch nicht von dem Freiherrn, wie man annehmen könnte, sondern aus einem Gespräch mit Margot Käßmann. Zugegeben, das war nicht ganz fair. Man konnte die zwei eine Zeitlang wirklich leicht verwechseln. Über Tage lief die Entschuldigungskampagne des ehemaligen Bundesverteidigungsministers, dann kam auch noch sein Buch in den Handel, und gemessen an Häufigkeit und Vehemenz der

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