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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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trägt die Verantwortung für das Schiff und das Leben der anderen zwölf. Er hat mehr als den halben Weg zurückgelegt.
    Die plötzliche Erinnerung an das, was er getan hat, überfällt ihn. Trotz seiner Angst, trotz seiner Alpträume, die die Einsamkeit verursacht, ist Ryan stolz. Er verläßt sein Zimmer und geht in die Kontrollkabine, um seine Pflichten zu erfüllen. Aber er wird das Gefühl nicht los, irgend etwas übersehen zu haben. Er arbeitet mit noch größerer Intensität und Aufmerksamkeit.
    Ihn schaudert.
    Irgend etwas hat er vergessen.
    Er überprüft alles und vergleicht alle Angaben mit denen des Computers. Er inspiziert jedes Instrument mehrmals, um sicher zu sein, daß seine Angaben exakt sind.
    Alles ist in Ordnung. Er hat nichts vergessen.
    Das Gefühl verliert sich.
     
     
     
Kapitel 7
     
    Nachdem Ryan seinen Bericht in das Mikrofon gelesen hat, öff net er das bereitliegende rote Logbuch. Er setzt sich an seinen Tisch und summt ein Lied, während er nachdenkt.
    Er hat jetzt fünfzehn Minuten frei. Er zieht eine Linie unter seinen förmlichen Bericht im roten Logbuch und schreibt dann: Allein in dem Fahrzeug erlebe ich alle Höhen und Tiefen menschlicher Empfindung, ohne daß mich meine mechanischen Tätigkeiten hier an Bord daran hindern würden, ohne daß ich durch die Anwesenheit anderer gestört werde.
    Er überliest den Absatz und fährt fort:
    Es bereitet großen Schmerz, eine Beute seiner eigenen Gefühle zu sein. Es ist aber auch eine große Freude. Vor einer Stunde starrte ich aus meinem Bullauge auf das großartige Panorama und erinnerte mich, was ich – was wir als Gruppe – getan haben, um uns zu retten. Was waren wir – was werden wir sein?
    Ryans Kugelschreiber zögert über der Seite. Er macht schreiben de Bewegungen, aber er kann seine Gedanken nicht formulieren. Er gibt auf, unterstreicht noch eine Zeile, schließt das Buch und legt es wieder weg. Plötzlich ändert er erneut seinen Entschluß, holt das Buch wieder hervor und schreibt:
    Die Welt war krank, und auch unsere Gruppe war angekränkelt. Auch wir waren nicht frei davon. Auch wir verrieten einige unserer Ideale. Der einzige Unterschied war, daß wir wußten, was wir taten. Wir gaben es auch zu und blieben vernünftig, als so ziemlich alles wahnsinnig wurde.
    Es ist auch wahr, daß uns die Schrecken um uns herum verhärteten, daß wir einiges guthießen, ja sogar einiges mitmachten. Aber wir hatten unsere Gründe – wir wußten, wofür … Das hielt uns aufrecht. Auch wir haben uns manchmal unsere Hände schmutzig gemacht. Ich leugne nicht, daß auch ich mich mitrei ßen ließ und Dinge tat, die ich nun bedauere. Aber vielleicht war es das wert. Immerhin, wir haben überlebt.
    Wir haben den Verstand behalten und sind auf dem Weg, einen neuen Planeten zu besiedeln. Wir werden eine neue Gesellschaft auf saubereren, anständigeren, vernünftigeren Grundlagen aufbauen.
    Zyniker halten das vielleicht für ein unerreichbares Ziel. Für sie nimmt alles immer denselben Weg. Vielleicht diesmal nicht. Vielleicht gelingt es uns, eine heile Welt zu gründen.
    Keiner ist vollkommen. Das gilt besonders für diese Mannschaft. Wir haben alle unsere Spleens und Qualitäten, die anderen vielleicht banal erscheinen, aber wir sind eine Familie; eine Familie kann miteinander sprechen, diskutieren, streiten und doch überleben.
    Das ist unsere Stärke.
    Ryan gähnt und schaut auf die Uhr. Er hat noch einige Minuten Zeit und so beginnt er erneut zu schreiben:
    Wenn ich an unsere Zeit auf der Erde denke, besonders an die letzte Zeit, dann merke ich erst, wie weit wir darin verwickelt waren. Die Routine des Schiffes hat mich beruhigt und mir erlaubt, mir klar zu werden, auf welchem Weg ich war. Vielleicht muß man ein Wolf werden, um Wölfe zu bekämpfen. Es soll nie wieder geschehen. Ich kann es nicht leugnen, es gab Zeiten, in denen auch ich meine Ideale verriet – . Einige der Ereignisse sind deutlich – einige sind fast völlig vergessen. Es ist kaum zu glauben, wie schnell eine ganze Gesellschaft zusammenbrechen konnte. Die Plötzlichkeit, mit der das Ganze hereinbrach, ist das Erschreckende. Es gab deutliche Zeichen der beginnenden Krise, und ich hätte diese Zeichen wohl mehr beachten müssen – aber dann war plötzlich die ganze Welt ein Chaos. Was wir, wie alle Leute leicht irritiert, an der sich ändernden Welt bejammerten, waren, wie ich heute weiß, ernstzunehmende Anzeichen sozialer Spannungen. Plötzliche

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