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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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wäre, in einem alten Bauernhaus Puppen zu schnitzen, hätte er nicht den Zwanzigtausendpfund-Job bei Ryan gehabt. Er war verstört über Ryans entmutigende Bemerkung.
    »Vielleicht können wir sie unter zwanzig Pfund anbieten, wie wäre das?«
    »Nicht schlecht.« Ryan gab Powell keinerlei Ermutigung. Powell war ein Mann, der für ein Lächeln hart arbeiten konnte und sofort aufhörte zu arbeiten, wenn man lächelte, dachte Ryan. Deshalb war es besser, selten in seine Richtung zu lächeln.
    »Das eilt jetzt auch nicht, es ist genug Zeit, bis Weihnachten einige Testmodelle auf den Markt zu bringen und die Serienproduktion im Frühjahr für das nächste Fest anlaufen zu lassen«, sagte Ryan.
    Powell nickte.
    »Jetzt möchte ich Sie bitten, zwei Dinge für mich zu erledigen.
    Erstens, setzen Sie sich mit der Fabrik in Verbindung und sagen Sie Arnes, er solle den Ausstoß der Puppenkönigin erhöhen. Zweitens, rufen Sie Davis an und sagen Sie ihm, wir stellen die Lieferungen ein, wenn er nicht zahlt.«
    »Dann macht er’s nicht mehr lange«, entgegnete Powell. »Wenn wir nicht mehr liefern, muß er seinen Laden dichtmachen, und wir kriegen einen Bruchteil dessen, was er uns schuldet.«
    »Das ist mir egal.« Ryan machte eine abschließende Geste. »Es hat doch keinen Sinn, Davis noch einmal Waren im Werte von 10000 Pfund zu liefern, damit er uns, wenn wir Glück haben, unsere alten Schulden bezahlt. Auf dieser Ebene mache ich keine Geschäfte.«
    »Wird erledigt«, sagte Powell.
    »Das wär’s«, meinte Ryan und unterbrach die Verbindung.
    Er holte aus seinem Schreibtisch eine Flasche mit grünen Pillen. Er goß etwas Wasser aus einer altmodischen Karaffe in ein Glas, spülte die Pillen hinunter und setzte das Glas ab. Er lehnte sich zurück und dachte nach. Er mußte eine Entscheidung treffen.
    Powell war ein guter Manager.
    Vielleicht manchmal etwas zu salopp und vergeßlich, aber insgesamt sehr tüchtig. Nicht so streitsüchtig wie der ehrgeizige Conroy oder so zurückgezogen wie Powells Vorgänger Evers. Was er anfänglich für Bescheidenheit und Achtung vor der Privatsphäre anderer gehalten hatte, war bei Evers ins Extreme umgeschlagen. Wenn sich ein Manager weigerte, mit dem Firmenchef über den Bürokommunikator zu sprechen – oder sofort unterbrach –, so war das für das Geschäft untragbar.
    Ryan konnte seine Gefühle verstehen, ja sogar mit ihnen sympathisieren, wie das jeder Mensch mit einigem Selbstrespekt getan hätte. Aber Tatsache blieb, man konnte keinen Betrieb führen, ohne mit anderen Leuten zu sprechen. Sie mochten Fremde sein, sie mochten unsympathisch sein, aber wenn man keine kurze Unterhaltung durch den Kommunikator ertragen konnte, war man für eine Firma untragbar.
    Ryan überlegte, daß es ihm selbst immer schwerer fiel, sich mit seinen leitenden Angestellten zu unterhalten. Aber da er wußte, es zu lassen hieße Pleitemachen, zwang er sich dazu.
    Powell war gewiß ein guter Manager. Erfindungsreich und tüchtig.
    Andererseits begann Ryan, ihn zu hassen. Er war – kindisch. Es gab kein anderes Wort dafür. Diese offene Miene, dieses Lächeln, ein Lächeln, das besagte »Bist du gut zu mir – bin ich gut zu dir«. Es war etwas Hündisches an ihm. Man brauchte ihn nur zu streicheln, und er würde mit dem Schwanz wedeln, an einem hochspringen und das Gesicht lecken. Zum Krankwerden. Powell kannte keinerlei Zurückhaltung, keine Vorsicht. Ein Mann durfte einfach nicht so freundlich sein.
    Und natürlich, dachte Ryan, kam es auch daher, daß Powell ein Waliser war. Der typische Welshman – offen und freundlich, solange sie mit einem sprechen, und gegen einen mit ihrem ganzen Klan, sobald man ihnen den Rücken kehrte. Die Gangs der Waliser waren die Schlimmsten in der Stadt. Ryan erinnerte sich, daß er noch immer nicht die Maschinenpistole gekauft und seiner Frau und seinem ältesten Sohn gezeigt hat, wie man sie benutzte – für alle Fälle. So waren die Waliser. Sie schüttelten Hände und lächelten einen an, wenn man sie traf; währenddessen steinigten ihre Söhne drei Straßen entfernt deine Angehörigen.
     
    Ryan biß die Zähne zusammen. Der alte Saunders von Happy-voice hatte ihn etwas erschreckt, als er anrief, um ihn wegen Powell zu warnen.
    »Es könnte ja schon helfen«, hatte er gesagt, »wenn dein Mana ger Powell seinen Namen ändert. Du kannst nicht abstreiten, der Name klingt welsch, und mit denen gab es in letzter Zeit eine Menge Ärger. Ganz unter uns, einer deiner

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