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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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kam, und sich endlich neue Hütten bauen. Dann würden sie trinken und feiern und ihre Götter und die Mutter Naga wie nie zuvor preisen. Eine einzige Gestalt stand inmitten der allgemeinen Aufregung unbeweglich da. Die alte Priesterin beugte sich über ihren knotigen Stock und starrte über die Hochebene nach Osten. Ihre dünnen Lippen bewegten sich wie im Gebet.
    ***
    Viele der Schwarzen und der Kutrigurischen Hunnen blickten später auf diesen Ritt mitten im Winter zurück, als wäre es ein verschwommener Traum. Unbeugsam und einsam ritt die in ein schwarzes Bärenfell gehüllte Gestalt voraus, mit gesenktem Kopf trotzte sie dem Schnee und den schwertgleichen Eis- und Schneestürmen.
    Wie viele von ihnen auf jener Reise durch Eis und Schnee starben, ist schwer zu sagen. Etliche Männer bestatteten ihre Frauen am Wegesrand, etliche Frauen ihre Kinder unter Hügeln aus Eis – es wären genug gewesen, um eine Rebellion anzuzetteln. Doch es gab keine. Der gelbäugige Bandit hatte gesprochen, und es war, als hätte eine weit höhere Autorität gesprochen, eine Autorität, der niemand zu widersprechen wagte.
    Sie ritten über gefrorene Flächen aus Fels und Stein und durch die schreckenerregende Dsungarische Pforte, einenfünfzig Meilen langen Korridor mit einem brutalen Wind. Buran, wie er genannt wurde, blies zwischen dem heiligen Altai-Gebirge und dem hoch aufragenden Tien Shan, den Bergen des Himmels. Während sie vorüberzogen, machte Attila eine Geste heiligen Respekts zum Hohen Altai, als habe er dort sein zweites Zuhause. Er habe tatsächlich lange Zeit dort verbracht, hieß es. Doch welche Götter, welche Schamanen, welche geheimen Riten er in jenen abgelegenen Bergen gesehen oder kennengelernt hatte, vermochte niemand zu sagen.
    Im Sommer waren diese Bergregionen grün und fruchtbar. Krokusse sprossen dann, wenn die Tage wärmer wurden, und Pistazien- und Walnusswälder wuchsen an den Südhängen. Doch sie zogen auf der Nordseite vorbei, und im Winter war weder an Wärme noch an Rast zu denken.
    Nur gelegentlich konnten sie jagen, und das Wild war mager. Manchmal fingen sie eine Großtrappe in dem Grasland, und die Berge ringsumher schienen dabei wie kalte und gleichgültige himmlische Zuschauer auf die unendliche, baumlose Ebene herabzusehen. Zuweilen machten ihre Späher Steinböcke, Steppenfüchse, ja selbst den äußerst seltenen Schneeleoparden aus, der langsam und schweigend über die Triften oberhalb der niedrigeren Abhänge schnürte. Sie lagerten an zugefrorenen Flüssen, an denen sie erst ein Loch ins Eis schlagen mussten, um an Wasser zu gelangen. Bei Einbruch der Nacht versammelten sich hier vorsichtig alle möglichen Tiere: Wildhunde, brummende Braunbären, die letzten scheuen asiatischen Geparden.
    Am kalten, bleigrauen Himmel zogen wachsam Mönchsgeier und Kaiseradler vorüber und beobachteten sie. Sie begruben ihre Toten sehr tief.

11.
Die Kolonne der Nördlichen Wei-Dynastie
    Sieben Tage waren sie über die weite, von jenen hohen Bergen umstandene Ebene gezogen. Mit ihren Gespannen und Ochsen und den beschwerlichen Flussüberquerungen schafften sie gerade einmal zehn Meilen pro Tag, manchmal auch ein wenig mehr. Es war ein kalter, klarer Tag. Unter ihren Füßen spürten sie Pulverschnee, die Luft war frisch, am kalten blauen Himmel stand eine schmale Mondsichel.
    An der Spitze der großen Karawane, die sich langsam dahinschleppte, ritt Geukchu. Auf einmal bremste er sein Pferd, sodass es beinahe stehen blieb, und starrte mit seinen Habichtaugen in die Ferne. Attila hob die Hand, und die ganze Karawane kam zum Stehen.
    Sie warteten. Da war nichts. Geukchu starrte weiterhin nach Osten. Der ungeduldige junge Aladar kam herangeritten.
    «Meine Augen sind halb so alt wie deine, Geukchu», rief er. «Aber ich sehe nichts.»
    Geukchu achtete nicht auf ihn. Die Zeit verging. Chagelghan wieherte und schüttelte seinen großen, hässlichen Kopf. Attila riss ihn zurück.
    Endlich rief Geukchu: «Da! Wie eine Rauchsäule am Horizont. Eine feindliche Kolonne kommt auf uns zu.»
    Auch Attila starrte nun in die Richtung. Nichts. «Das ist der Wind», sagte er, «der den Schnee aufwirbelt.»
    Geukchu schüttelte den Kopf. «Kein Wind bläst so regelmäßig. Das ist eine Kolonne!»
    Dann hörten sie Orestes etwas sagen, obwohl niemand bemerkt hatte, dass er sich genähert hatte. Sogar sein Pferd schien auf Zehenspitzen zu gehen. «Es ist eine Kolonne.»
    Nach einer Weile sagte Attila: «Es ist eine

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