Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
Sommerpalastes verbracht. Sie liebte Hieron. Es liegt auf einem windgekühlten Vorgebirge, wo die Meerengen sich zum Schwarzmeer weiten, und ist besonders schön am Ende eines überlangen, reifen Sommers, wenn selbst die Stimmen der Zikaden trocken und heiser klingen.
    Und ich, Priscus, ein unbedeutender, unauffälliger Schreiber bei Hof, ich war dabei, als sich ihre gehetzten, verwirrten Blicke zum ersten Mal trafen. Es war im Triclinium der neunzehn Liegen. Aëtius und Athenais, beide umso vieles selbstsicherer, als es ihren Jahren entsprach, wenn auch in völlig unterschiedlicher Weise; ich war Zeuge, wie ihnen plötzlichdas Selbstvertrauen und die Selbstsicherheit gänzlich abhandenkamen.
    «Die Prinzessin Galla Placidia und General Aëtius von den westlichen Legionen», verkündete der Kammerherr.
    Sie betraten den Raum, zuerst Galla, dann Aëtius. Galla und Theodosius lächelten einander höflich zu, dann trat der Kaiser vor, und sie küssten sich.
    Aëtius wirkte wie vom Blitz getroffen.
    Athenais schien es ebenso zu ergehen.
    Auf einmal wusste sie, was wahre Liebe ist. Ihr ganzes Sein schien auf ihn zuzutaumeln, und sie dachte in jäh aufkommender Verzweiflung: Dies ist der Mann, den ich liebe und den ich immer lieben werde. Was habe ich nur getan!
    Ich merkte, wie die beiden sich den ganzen Winter über mieden. Wie es für jeden von ihnen die süßeste Pein bedeutete, den anderen auch nur zu sehen. Sie wechselten kaum ein Wort. Als eine diplomatische Mission an den Hof des Sassanidenreiches Persien aufbrach, schloss sich Aëtius ihr an, zur Überraschung etlicher. Er verbrachte den Winter im Osten.
    Für eine junge Braut schien Athenais zuweilen seltsam melancholisch, bei anderen Gelegenheiten wiederum legte sie eine übertriebene öffentliche Schwärmerei für ihren Mann, den Kaiser, an den Tag – was ziemlich peinlich war. Frauen, die ihren Gatten zu sehr rühmen, sind selten die treuesten. Doch in diesem Fall schrieben die Leute es ihrer warmherzigen, großzügigen Natur zu.
    ***
    Im Frühling wurde verkündet, dass die Kaiserin eine Pilgerreise nach Jerusalem unternehmen werde.
    «Obwohl die Route durch unser Kaiserreich vollkommen sicher ist», ließ der Kaiser wissen, «wird sie von der Ersten Kohorte der Kaiserlichen Garde unter dem Oberbefehl von General Aëtius begleitet.»
    Der Kaiser hielt große Stücke auf den jungen General und fand, dass diese Eliteeinheit gerade gut genug für den Schutz seiner geliebten Frau war.
    Es war zugleich das Beste und das Schlimmste, was passieren konnte. Zeit miteinander verbringen zu dürfen – auf Befehl ihres eigenen Mannes! Es konnte ihren Schmerz nur vertiefen. Und vielleicht sehnten sie sich heimlich nach dem Schmerz. Will das Herz des Menschen glücklich sein, oder kommt es ihm nicht vielleicht vor allem auf intensive Gefühle an? Egal, um welche Art von Gefühl es sich dabei handelt?
    Ich begleitete sie, sah alles und schrieb doch nichts auf. Nun aber, in meinen letzten Tagen, da ich als Einziger noch am Leben bin, nun soll die Wahrheit ans Licht kommen.
    Die Kaiserin und ihr Gefolge gingen an Bord des königlichen Prunkschiffes, das im ruhigen Hafen von Phospherion vor Anker lag. Sie überquerten den schmalen Bosporus und gingen am asiatischen Ufer an Land, begeistert empfangen von der Menge, die Oliven- und Myrthenzweige schwenkte. Sie speisten mit dem Gouverneur der goldenen Stadt Chrysopolis. Einige glaubten bereits festzustellen, dass die Kaiserin und der General einander verachteten, da sie einander kaum ansahen und auch kein normales Wort miteinander wechselten. Wenn sie gezwungen waren, in Gesellschaft zusammen zu sein, etwa beim Abendessen, senkten sie ihre Stimme und ihre Blicke, als würden sie sich unerklärlicherweise schämen.
    Sie fuhren weiter nach Osten und durchquerten die ProvinzBithynien in Richtung Nicomedia. Die Kaiserin fuhr in einer vierrädrigen Karosse. Aëtius und die Garde ritten weit voraus.
    Die Kaiserin reiste in die Nähe von Hierapolis, um ihre schönen Glieder in den heißen Schwefelquellen zu baden. Von dort aus unternahm sie einen Ausflug zum asiatischen Olymp und seinen Klöstern, wo sie sich in langen, gelehrten Gesprächen mit den Mönchen unterhielt. Diese waren überaus erstaunt, ja beschämt, und einige der jüngeren, hitzigeren Mönche steigerten sich regelrecht in ihre Verehrung hinein. Ebenso herzlich wurde sie in Smyrna, Sardis, Ephesus und allen großen Städten der ionischen Küste empfangen, auch im Süden

Weitere Kostenlose Bücher