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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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in Pamphylia im Schatten der taurischen Berge und schließlich in Seleukia und Tarsus, der Heimat des christlichen Missionars.
    Was als Vergnügungsreise geplant schien, erfüllte seinen eigentlichen politischen Zweck. Es festigte die Liebe des Volkes, der Kirche und der Senatoren zu dem jungen Kaiser und seiner wunderschönen Braut und trug die Kunde von der herrlichen Pracht am Kaiserhof weit über Konstantinopel hinaus.
    Nach etlichen Wochen kamen sie nach Antiochia, in «die dritte Stadt des Reiches». Ein verwirrender Schmelztiegel, in dem es nur so zu wimmeln schien von Kretern, Syrern, Juden, Griechen, Persern und Armeniern. Die Stadt wurde auch «Antiochia, die Schöne» genannt, ihre berühmten Marmorstraßen waren von Herodes dem Großen in Auftrag gegeben worden. Zudem war das auch der Ort, an dem erstmals die Bezeichnung «christianoi», Christen, gebraucht worden war. Athenais liebte die Stadt auf den ersten Blick. Sie besuchte das Heiligtum des Apollo, in dem Mark Antonius und Kleopatra geheiratet hatten – nun war es von ihrenübereifrigen Glaubensbrüdern halb zerstört worden. Und sie bestand darauf, einen Nachmittag lang die Hitze und den Staub der Stadt hinter sich zu lassen. Sie fuhr an den Barackensiedlungen entlang, die sich meilenweit über die Hügel erstreckten, und suchte den berüchtigten Hain der Daphne auf, wo Hunderte von Prostituierten noch immer ihren Dienst «zu Ehren der Göttin» verrichteten.
    Bei einem Abendessen hielt sie eine großartige, spontane Rede über die glanzvolle Vergangenheit Antiochias und zitierte aus der Odyssee: «ϑμετεϱηζ γενεηζ τε ϰαι αιματοζ εϑχoμαι ειναι.»
    «Ich beanspruche stolze Verwandtschaft mit deiner Rasse und deinem Blut.» Es macht sich immer gut, wenn man bei Fremden zu Gast ist und Anspruch auf eine gemeinsame Ahnenreihe erhebt.
    Am nächsten Tag ritten sie zu dem großartigen Tempel von Baalbek in Richtung Süden. Als sie aus der Stadt hinausgelangten, wandten sie sich auf Befehl der Kaiserin jedoch nach Osten und steuerten die Wüste an. Sie folgten den Menschen, die zu Hunderten über die Hügel strömten, um das Ergebnis einer Religion zu bestaunen, die sich sehr von derjenigen unterschied, welche Baalbek hervorgebracht hatte: den gefeierten Asketen Symeon Stylites auf seiner Säule draußen vor Telanessa. Dort, in der gleißenden syrischen Wüste, sahen Athenais und Aëtius und ihr Gefolge mit eigenen Augen den berühmten Heiligen, der in über zwanzig Metern Höhe auf seiner Säule hockte. Seit zehn Jahren tat er dies nun schon – weitere zwanzig würden es noch werden. Die Menge der Gläubigen saß zu Füßen der Säule, blickte staunend zu dem leibhaftigen Heiligen empor und sammelte die Läuse auf, die von dem verwahrlosten, ausgemergelten Körper zu Boden fielen. Sie steckten sie sich als kostbareReliquien unter das eigene Gewand und nannten sie «Perlen Gottes».
    Weder Athenais noch Aëtius sammelten Perlen.
    In den darauffolgenden Jahren fand Symeon viele Nachahmer. Die Nachricht von seinem großartigen Bußakt verbreitete sich, sein Selbsthass machte Schule, die Kunde von seiner Selbsterniedrigung dort in der Höhe reichte weit über das Tal hinaus. Selbst in den fernen Ardennen, im gallischen Wald, bemühte sich ein lombardischer Dekan, ihm nachzueifern, bis ihn sein Bischof einigermaßen nüchtern zurechtwies, er möge kein Narr sein.
    Neben Symeon saß ein weiterer Säulenheiliger, Daniel Stylites. Daniel hatte auf einer recht niedrigen Säule begonnen, doch ein reicher Wohltäter hatte ihm eine prächtige Doppelsäule errichtet. Über einen Steg aus Planken hatte er diese erreicht und somit seine Füße niemals vom Staub der Welt besudeln lassen müssen. Da saß er nun und betete, ließ seine Exkremente fallen und lobsang dem Herrn.
    ***
    Als sie zu dem herrlichen Tempel von Baalbek kamen, war es bereits Abend. Der verlassene heidnische Tempel stand herrlich im rosigen Abendschimmer der Wüste da. Sie bestaunten den von Zedern überwölbten Säulengang des Caracalla, die wundervollen Mosaiken in den Marmorböden und die Basreliefs des Jupiter Heliopolitanus. Atemberaubend aber war der Jupiter-Tempel, mit Säulen, die die größten der Welt waren – einige waren vierundzwanzig Meter hoch und hatten einen Durchmesser von über fünf Metern! Niemals wird man, so glaube ich, dieses Bauwerk übertreffen können. Schon das Wissen, wie man solche titanischen Blöckeschneidet und bewegt, ist im

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