Der schwarze Krieger
der sie lagen.
Attila kroch rückwärts.
«Sitzt auf», befahl er. «Hier kommt unsere Opfergabe.»
In dem Augenblick, als der Krieger den Kamm der Anhöhe erreicht hatte, wurde er von beiden Seiten aus von Seilen umschlungen. Zwar bestand die Gefahr, dass die beiden Schlingen aufeinandertreffen und abprallen konnten, aber Attila und Orestes schleuderten sie jeweils mit knapper Verzögerung, sodass die zwei Schlingen sich kurz nacheinander über seinen Kopf und um seinen Hals legten, noch bevor er losschreien konnte. Sie trieben ihre Pferde auseinander, die Seile strafften sich um die hohen Knäufe ihrer Holzsättel, und der Hals des Kriegers wurde halb durchtrennt. In diesem Moment schoss Chanat dem Pferd einen Pfeil ins Herz, und es brach zusammen, das Maul geöffnet, doch bereits tot, ohne seinen Schmerz hinausschreien zu können. Es schlug ins Gras und rollte den Hang hinab, der kutrigurische Krieger wurde aus dem Sattel gerissen und baumelte frei. Seine Füße berührten kaum den Boden, denn noch immer hielten ihn die straffen Seile um seinen Hals. Yesukai ritt auf ihn zu und trieb ihm seine Speerspitze ins Herz, aber das war unnötig.
Während die Übrigen von ihnen die Schlingen vom Hals des toten Mannes entfernten und seinen kräftigen Körper auf eines ihrer Pferde luden, stieg Attila ab. Noch einmal robbteer durch das Gras auf die Anhöhe, um das Lager zu inspizieren.
Nichts rührte sich. Eine Weile hielt er noch Ausschau, doch es blieb alles ruhig.
Er schwang sich wieder auf Chagelghan, und sie ritten, den niedergestreckten Krieger quer über Orestes’ friedfertiges Pferd festgezurrt, davon. Die Augen noch offen, baumelte sein Kopf schwer herab; schwarzes, halb geronnenes Blut tropfte auf den Boden.
5.
Das Wolfsvolk
Es war eine dunkle und mondlose Nacht, nur die Sterne erhellten den Weg. Ihre vagen Umrisse glitten über das stille Gras, und unter dem Himmel war nichts als Dunkelheit und Schatten. Doch mit ihrer Rückkehr, tief in der Nacht, ging geschäftiges Treiben los. Die jetzt fröhlichen Dorfbewohner geleiteten sie mit Gesang und Fackellicht in die Siedlung. Die Kinder tanzten voller Freude und beugten sich vor, um auf den Wolfsmann zu spucken, sie streckten die kleinen, schmutzigen Hände aus, um seinen fühllosen Leichnam zu ohrfeigen und zu zwicken. Frauen warfen ihre Köpfe zurück und heulten improvisierte Lobgesänge auf die edlen Eroberer, und sogar die alte Priesterin führte einige Siegesschritte um ihren Stock im Staub herum auf.
«Ein bisschen vorzeitig», murmelte Chanat.
Sie luden den Leichnam ab, banden ihn an einem langen Pfahl fest und hüllten ihn in schwere Loden, damit die Ratten ihn nicht fressen würden. Sie hoben den Pfahl hoch und befestigten ihn der Länge nach zwischen den Dächern zweier Hütten, sodass die Dorfhunde nicht an ihn herankamen.
«Woher weißt du, dass nicht andere kommen und dann an uns herumzerren werden, während wir schlafen?», fragte Chanat.
Attila schüttelte den Kopf. «Wir wurden nicht verfolgt. Die Kutriguren werden uns genau dann angreifen, wann ich es will, und zwar in heillosem Chaos.»
Chanat sah seinen Herrn mit festem Blick an. Er wusste,dass dieser die Wahrheit sprach, obwohl er nicht wusste, wie es dazu kommen sollte.
Dann legten sie sich schlafen.
Tags darauf bereiteten die Dorfbewohner ihnen einen Festschmaus. Es war der kläglichste Festschmaus, den sie je erlebt hatten. Sie kauten und schluckten langsam, tauschten Blicke aus, und ihr Gesichtsausdruck spiegelte Ergriffenheit. Sie aßen Streifen von namenlosem Fleisch, das so trocken war, dass sie befürchteten, ihre Zähne könnten abbrechen, saures
arak
und Häppchen von
aarul -Käse
, den sie selbst mitgebracht hatten. Doch sie erklärten es von ganzem Herzen zum besten Mahl, das sie je gegessen hatten. Die Dorfleute strahlten vor Stolz.
Später nahm die alte Frau, die Priesterin, einen einfältigen, halbwüchsigen Jungen an die Hand und führte ihn dreimal um das Lagerfeuer, während sie unhörbare Beschwörungen murmelte. Bei jeder Umrundung des Feuers warf sie eine Handvoll Korn in die Flammen, der Klang ihrer Stimme schwoll etwas an und verebbte wieder.
Als sie am Abend an der Feuerstelle saßen, fragte Attila sie, welchem Zweck die Zeremonie gedient hatte. «Damit er eine Ehefrau bekommt?»
«Eine Ehefrau? Ist eine Frau so ein großes Glück?» Sie warf den Kopf nach hinten und gackerte. «Vielleicht. Vielleicht, um ihm eine Frau zu verschaffen, um ihm Glück zu
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