Der schwarze Magier
sondern auch dumm und hinterhältig. Denn er musste sich nicht vor einem Gegner zur Wehr setzen, sondern hat hinterhältig und hinterrücks gemeuchelt. Dafür verdient er den Strang, aufgeknüpft wie ein gemeiner Verbrecher.«
»Vater, er hat nur unsere Schwester verteidigt«, wandte Roger ein.
»Halt doch den Mund«, versuchte John ihn leise zum Schweigen zu bewegen.
»Es war zutiefst verantwortungslos, einfach mit Alice allein auszureiten. Er hat sie erst in diese Gefahr gebracht. Nein, es gibt kein Wort der Verteidigung für ihn. Und du bist mir zu schade, für diesen Nichtsnutz in die Fehde zu gehen. Aus dir soll ein mutiger Ritter werden, du wirst in deinem Leben noch genug Gelegenheit bekommen, Schwächere zu beschützen. Schwächere, die deinen Schutz verdienen, mein Sohn.« Guy de Cazeville stemmte seine Fäuste in die breiten Hüften. »Dieses eine Mal werde ich die Sache selbst in die Hand nehmen. Der alte Kynance ist zwar nicht mein Freund, aber ich werde ihn in die Schranken weisen. Und du«, wandte er sich wieder an Rupert, »wirst eine angemessene Strafe bekommen. Du gehst sofort in deine Kammer und verlässt sie erst, wenn ich dich rufen lasse. Auch ihr, meine Söhne, seid entlassen.«
»Meinst du nicht, dass du zu hart mit ihm warst«, wagte Lady Marjorie einzuwenden, als ihre Söhne den Saal verlassen hatten.
Guy de Cazeville lachte höhnisch auf. »Zu hart für diese Schande, die er mir bereitet hat? Es gibt überhaupt keine Strafe, die angemessen wäre, außer der Tod!«
»Du versündigst dich«, flüsterte Lady Marjorie und bekreuzigte sich.
»Ach? Warum ist denn der Bengel so ein Versager? Weil du ihn verzärtelst und ihn wie ein Mädchen erziehst! Wozu muss ein Mann Lesen und Schreiben können wie ein Klosterbruder? Ich kann es auch nicht, bin ich deshalb ein schlechterer Ritter? Ich setze meinen Willen mit dem Schwert durch, das ist das überzeugendste Argument. Ich habe Rupert beim Waffengang beobachtet. Es ist eine Schande!« Hektisch marschierte Guy de Cazeville auf und ab und raufte sich seine Haare.
»Dann lass ihn doch ins Kloster gehen«, bat Lady Marjorie. »Er hat eben ein anderes Wesen.«
»Ja, und ich frage mich wieso. Ist das überhaupt ein de Cazeville, ist das überhaupt mein Sohn?«
Marjorie errötete bis unter die Haarwurzeln und bemühte sich um Fassung. »Mein Gemahl, was unterstellst du mir?«, hauchte sie mit erstickter Stimme.
»Er sieht so anders aus. Alle Männer meiner Familie sind richtige Normannen, groß, kräftig, mit hellem Haar und blauen Augen. Dieser Nichtsnutz ist schwarzhaarig, hat Augen wie glühende Kohlen und eine braune Haut.«
»Wie ich, jawohl«, verteidigte sich Lady Marjorie. Sie war immer noch eine rassige Schönheit, wenngleich sie sie hinter dem dichten Schleier versteckte, der Haar und Hals verhüllte und nur das schmale Gesicht frei ließ. »Und wie Alice.«
»Aber er ist kein Mädchen!«, ereiferte sich Guy de Cazeville. »Wieso ist er dann anders?«
Lady Marjorie schwieg. Sie konnte ihrem Gatten nicht sagen, wie anders Rupert war. Hätte er von den Visionen des Jungen, von seiner seltenen Gabe des zweiten Gesichtes, von seinen seherischen Fähigkeiten erfahren, er hätte ihm wahrscheinlich sein Schwert ins Herz gebohrt wie einem lebensschwachen Stück Vieh.
»Er ist dazu ausersehen, einen anderen Weg zu gehen, mein Gemahl«, versuchte Lady Marjorie eine erneute Rettung. Mit warmer, demütiger Stimme bat sie: »Gott wollte, dass er den geistlichen Weg einschlägt. Lass ihn in ein Kloster gehen, wo er Gottes Wort leben, wo er die Schrift studieren kann. Es ist nichts Schlechtes daran, Gott zu dienen. Es ist seine Berufung.«
»Mein Sohn ein Pfaffe«, schnaubte Guy de Cazeville verächtlich. »Schon das allein ist eine Schande. Aber immerhin besser als ein unfähiger Ritter. Soll er gehen, ich will ihn nie wieder sehen!«
Lady Marjorie atmete heimlich auf und sandte ein Stoßgebet zu Gott. Ich danke dir für deine Güte, HERR, dass du meinen Gemahl zur Einsicht gebracht hast. Laut sagte sie: »Ich habe mich bereits erkundigt, wo sich ein geeignetes Kloster befindet.«
»Das ist mir egal, nur weit weg von hier. Am besten nach Wales.«
»Nach Wales?«, rief Lady Marjorie entsetzt. »Nein, nein, dort herrschen noch schreckliche Sitten, wo Geistliche heiraten dürfen. Ich dachte an Irland.«
Das Kloster auf der grünen Insel
Die Schwärze der Nacht hielt die alten Gemäuer des Klosters fest im Griff. Der runde Fluchtturm
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