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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Shatterhand nennt.«
    »Du wirst sie nicht fangen,« antwortete sein Enkel so gelassen wie vorher.
    »Nicht?« fuhr der Häuptling auf. »Warum?«
    »Weil sie fort sind.«
    »Schon fort? Natürlich müssen sie jetzt vom Firwood-Camp fort sein, denn sie wollten heut früh aufbrechen und am Abend hier ankommen.«
    »Du vergissest, daß ich schon gestern abend das Camp verlassen haben muß. Wenn ich sage, daß sie fort seien, meine ich also nicht heut früh, sondern gestern schon.«
    »Uff! Sie haben schon gestern das Camp verlassen?«
    »Ja.«
    »Aber nach uns erst!«
    »Ja.«
    »Uff, uff, so müssen wir uns darauf vorbereiten, denn sie können jeden Augenblick hier eintreffen!«
    »Sie treffen nicht ein; sie kommen gar nicht hierher.«
    »Nicht – hier – her?« dehnte der Häuptling betroffen. »Wohin wollen sie denn?«
    »Das weiß ich nicht, jedenfalls aber sehr weit fort von hier, denn sie sind mit dem Wagen des Feuerrosses gefahren. Das thun die weißen Jäger aber nur dann, wenn ihr Weg ein sehr, sehr langer ist, sonst reiten sie.«
    »Mit dem Feuerrosse? Weißt du das gewiß?«
    »Ja, denn ich habe es gesehen.«
    »Und dich nicht getäuscht?«
    »Nein. Ich sah sie in den Wagen steigen und sah darauf, daß das Feuerroß mit dem Wagen, in welchem sie sich befanden, in größter Eile davonrannte.«
    »Uff, uff, uff! Sie wollten doch hierher nach dem Alder-Spring! Was mag sie so plötzlich fortgetrieben haben?«
    »Die Angst.«
    »Schweig! Winnetou und Old Shatterhand sind mir verhaßt im höchsten Grade, aber Angst und Furcht, die kennen sie nicht.«
    »Ja, sie nicht, aber du mußt bedenken, daß zwei andre Blaßgesichter bei ihnen sind, die nicht so mutig sind wie sie; diesen zuliebe sind sie so schnell aufgebrochen.«
    »Du sprichst von Angst, vergissest aber zu sagen, wer es ist, vor dem sie sich so sehr gefürchtet haben.«
    »Du bist es, und unsre Krieger.«
    »Wir, wir sollen es sein? Sie wissen ja nichts von uns!«
    »Von euch nicht, oder nicht genau, aber daß das Camp von roten Kriegern überfallen werden soll, das wissen sie.«
    »Uff, uff! Wie sollen sie es erfahren haben? Wer hat es ihnen verraten? Solltest du selbst so unvorsichtig gewesen –«
    Da gab der Enkel zum erstenmal seinen Gleichmut auf und fiel ihm zornig in die Rede:
    »Sprich nicht von mir! Hast du mich jemals unvorsichtig gesehen? Deine eigene Unvorsichtigkeit war es, die alles verraten und uns um den großen Fang gebracht hat!«
    Da legte der Alte die Hand an das Messer in seinem Gürtel und rief:
    »Vergiß nicht, mit wem du redest, Knabe, sonst wird mein Messer dich die Ehrfurcht lehren, welche du dem Vater deiner Mutter und dem berühmtesten Kriegshäuptling der Komantschen schuldig bist! Wie darfst du dich unterstehen, mir, dem ›schwarzen Mustang‹, eine Unvorsichtigkeit vorzuwerfen!«
    »Weil du mich wegen eines Fehlers tadelst, den du selbst begangen hast!«
    »Beweise es!«
    »Sag, hätten wir Old Shatterhand und Winnetou heut abend gefangen, wenn sie hierher gekommen wären?«
    »Ja, so sicher, wie ich dich hier neben mir habe.«
    »Dann wäre alles, was ihnen gehörte, unsre Beute gewesen?«
    »Ja.«
    »Auch die Pferde?«
    »Auch die.«
    »Warum hast du da nicht gewartet bis heut abend? Warum hast du dich da schon gestern an diesen Pferden vergriffen?«
    »Ver–grif–fen,« wiederholte der Häuptling langsam das Wort, um sich den Vorwurf, den er hörte, zurechtzulegen. »Was weißt du davon?«
    »Ich weiß alles. Was ich nicht gleich wußte, das erfuhr ich später, als die Feinde glaubten, daß ich entflohen sei. Es war alles wohl und gut abgelaufen, und wenn ihr euch entfernt hättet, ohne nach dem Schuppen zu den Pferden zu gehen, so befänden sich die größten und berühmtesten Feinde unsres Stammes jetzt unterwegs, um uns geradezu in die Arme zu laufen. Welch ein Jubel wäre überall erklungen, so weit die Krieger der Komantschen streifen! Zwar hatte Kita Homascha, den du zu mir in den Shop schicktest, einen kleinen Verdacht erregt, aber es gelang mir schnell, das Mißtrauen zu zerstreuen, denn die Bleichgesichter konnten uns nichts beweisen. Da aber schnaubten plötzlich die Pferde Winnetous und Old Shatterhands draußen vor der Thür und erregten ein Aufsehen ohnegleichen. Zwar waren die Bleichgesichter klug genug, so zu thun, als ob sie glaubten, die Pferde hätten sich losgerissen, mich aber vermochten sie nicht zu täuschen, denn der Schuppen war verriegelt; die Zügel, mit denen man sie festgebunden hatte und

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