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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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gekriegt und dann ein paar mit der Waschschüssel über den
    Schädel! Was ist da Tigerisches dran?»
      «Das überlaß nur mir!» Bambuss gießt einen Kümmel durch seinen zerfransten Schnurrbart. «Jetzt kommt die Macht der Phantasie! Ich blühe bereits von Versen wie ein Rosenbusch. Was heißt Rosenbusch? Wie eine Orchidee im Dschungel!»
      «Du glaubst, du hättest schon Erfahrung genug?»
      Otto schießt einen Blick voll Lust und Grausen zum Eisernen Pferd hinüber. «Das weiß ich nicht. Für ein kleines kartoniertes Bändchen aber sicher schon.»
      «Sprich dich aus! Es sind drei Millionen für dich angelegt. Wenn du sie nicht brauchst, versaufen wir sie lieber.»
      «Versaufen wir sie lieber.»
      Bambuss schüttet wieder einen Kümmel in sich hinein. Es ist das erstemal, daß wir ihn so sehen. Er hat Alkohol vorher wie die Pest gemieden, vor allem Schnaps. Seine Lyrik gedieh bei Kaffee und Johannisbeerwein.
      «Was sagst du zu Otto?» frage ich Hungermann. «Es waren die Schläge auf den Kopf mit der Blechschüssel.»
      «Es war gar nichts», erwidert Otto johlend. Er hat einen weiteren Doppelkümmel hinter sich und kneif das Eisere Pferd, das gerade vorübergeht, in den Hintern. Das Pferd bleibt wie vom Blitz getroffen stehen. Dann dreht es sich langsam um und besichtigt Otto wie ein seltenes Insekt. Wir strecken unsere Arme vor, um den Schlag abzuschwächen, den wir erwarten. Für Damen mit hohen Stiefeln ist ein Kniff dieser Art eine obszöne Beleidigung. Otto steht torkelnd auf, lächelt abwesend aus seinen kurzsichtigen Augen, geht um das Roß herum und knallt ihr unversehens noch einen safigen Schlag auf die schwarze Reizwäsche.
      Es wird still. Jeder erwartet Mord. Aber Otto setzt sich unbekümmert wieder hin, legt den Kopf auf die Arme und schläf augenblicklich ein. «Töte nie einen Schlafenden», beschwört
    Hungermann das Roß. «Das elfe Gebot Gottes!»
      Das Eiserne Pferd öffnet seinen mächtigen Mund zu einem lautlosen Grinsen. Alle seine Goldplomben schimmern. Dann streicht es über Ottos dünnes, weiches Haar.
      «Menschenkinder», sagt es, «noch einmal so jung und so dämlich sein können!»

    Wir brechen auf. Hungermann und Bambuss werden von Eduard zur Stadt zurückgefahren. Die Pappeln rauschen. Die Doggen bellen. Das Eiserne Pferd steht im ersten Stock am Fenster und winkt mit der Kosakenmütze. Hinter dem Puff steht bleich der Mond. Matthias Grund, der Dichter des Buches vom Tode, arbeitet sich plötzlich vor uns aus einem Graben hervor. Er hatte geglaubt, er könne ihn überqueren wie Christus den See Genezareth. Es war ein Irrtum. Willy geht neben mir her. «Was für ein Leben!» sagt er träumerisch. «Und zu denken, daß man tatsächlich sein Geld im Schlafe verdient! Morgen ist der Dollar wieder weiter rauf, und die Aktien klettern wie muntere Affen hinterher!»
      «Verdirb uns den Abend nicht. Wo ist dein Auto? Kriegt es auch Junge wie deine Aktien?»
      «Renée hat es. Macht sich gut vor der Roten Mühle. Zwischen den Vorstellungen fährt sie Kollegen darin spazieren. Platzen vor Neid.»
      «Heiratet ihr?»
      «Wir sind verlobt», erklärt Willy. «Wenn du weißt, was das heißt.»
      «Ich kann es mir denken.»
      «Komisch!» sagt Willy. «Sie erinnert mich jetzt of auch stark an unsern Oberleutnant Helle, diesen verdammten Menschenschinder, der uns das Leben so schwer gemacht hat, bevor wir zum Heldentod zugelassen wurden. Genauso, im Dunkeln. Ein schauriger Hochgenuß, Helle am Genick zu haben und ihn zu schänden. Habe nie gewußt, daß mir das Spaß machen würde, das kannst du mir glauben!»
      «Ich glaube es dir.»
      Wir gehen durch die dunklen, blühenden Gärten. Geruch von unbekannten Blumen weht herüber. «Wie süß das Mondlicht auf den Hügeln schläf», sagt jemand und hebt sich wie ein Gespenst vom Boden auf.
      Es ist Hungermann. Er ist naß wie Matthias Grund. «Was ist los?» frage ich. «Bei uns hat es nicht geregnet.»
      «Eduard hat uns ausgesetzt. Wir sangen ihm zu laut. Der respektable Hotelwirt! Als ich Otto dann etwas erfrischen wollte, sind wir beide in den Bach gefallen.»
      «Ihr auch? Wo ist Otto? Sucht er nach Matthias Grund?»
      «Er fischt.» – «Was?»
      «Verdammt!» sagt Hungermann. «Hoffentlich ist er nicht umgefallen. Er kann nicht schwimmen.»
      «Unsinn. Der Bach ist doch nur einen Meter tief.»
      «Otto könnte auch in einer Pfütze ertrinken. Er liebt seine

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